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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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durch, um zu sehen, ob er etwas vergessen hatte. Dann suchte er sich die Nummer des Coolidge heraus und rief dort an.
    Er erklärte der Telefonistin, daß er Sergeant Abner Boone sprechen müsse, der sich im Hotel aufhalte und den Mord im 14. Stock untersuche. Er bat sie, Boone zu finden, und gab ihr seinen Namen und seine Nummer, damit Boone zurückrufen könnte.
    Ungefähr fünfzehn Minuten später klingelte das Telefon.
    »Chief, hier spricht Boone. Sie haben mich angerufen?«
    »Der Tote hatte Narben auf den Handrücken«, sagte Delaney.
    »Ich weiß, ich habe sie gesehen, Chief. Der Leichenbeschauer sagte, sie wirkten wie Brandwunden. Vielleicht einen Monat alt. Hat das was zu bedeuten?«
    »Wahrscheinlich nicht, aber man kann nie wissen. War er verheiratet?«
    »Ja. Keine Kinder.«
    »Seine Frau müßte wissen, woher er diese Narben hat. Kannst du das herausfinden?«
    »Wird gemacht.«
    Nachdem Boone aufgehängt hatte, nahm Edward Delaney sich ein neues Blatt Papier und schrieb alles auf, was ihn störte, was nicht zusammenpaßte.
    1. Ein Messer mit kurzer Klinge, wahrscheinlich ein Klappmesser.
    2. Keine Anzeichen für einen Kampf.
    3. Zwei Opfer nackt im Bett gefunden, obwohl sie nicht in dem Ruf standen, homosexuell zu sein.
    4. Haare von einer Perücke.
    5. Geschätzte Größe: 1,65 bis 1,67.
    6. Telefonischer Hinweis, der sowohl von einem Mann als auch von einer Frau stammen konnte.
    Er las die Liste immer wieder durch und zermarterte sich das Gehirn. Er dachte, daß er sich vielleicht irrte. Er hoffte, daß er sich irrte. Er rief Thomas Handry bei der Times an.
    »Edward X. Delaney hier.«
    »Der Killer hat schon wieder zugeschlagen, Chief.«
    »Das habe ich auch gehört. Als ich vor einigen Tagen mit Ihnen gesprochen habe, sagten Sie, Sie wären daran interessiert, ein paar Recherchen für mich zu machen. Gilt das noch?«
    Handry schwieg einen Moment. Dann fragte er: »Hat es irgend etwas mit dem Hotel-Ripper zu tun?«
    »Könnte man sagen«, meinte Delaney.
    »Okay«, antwortete Handry. »Ich bin Ihr Mann.«

5
    Nachdem Zoe Kohler von ihrem Abenteuer mit Jerry heimgekehrt war, ließ sie sich dankbar in ein heißes Bad gleiten und legte den Kopf zurück. Sie glaubte, fühlen zu können, wie ihre Eingeweide sich entkrampften, wie sie warm, weich und biegsam wurden.
    Als das Wasser sich abkühlte, setzte sie sich auf und griff nach ihrer importierten Seife, um sich zu waschen. Entsetzt stellte sie fest, daß sich das Wasser in Höhe ihrer Fesseln und Knie leicht verfärbt hatte. Rosafarbene Wolken zerfaserten vor ihren Augen. Sie dachte, ihre Periode hätte begonnen, berührte sich vorsichtig zwischen den Beinen und untersuchte anschließend ihre Finger. Sie waren sauber.
    Sie zog den rechten Fuß bis in Höhe ihres linken Knies herauf und beugte sich vor, um ihn genau zu inspizieren. Zwischen ihren Zehen stellte sie kleine Blutgerinnsel fest, die sich jetzt langsam auflösten. Auch unter den Zehen des anderen Fußes fanden sich Blutflecken.
    Sie saß bewegungslos in der Badewanne und versuchte nachzudenken. Sie hatte sich weder die Füße verwundet noch die Knöchel aufgeschlagen. Dann begriff sie. Es war Jerrys Blut. Sie war hineingetreten, nachdem er — nachdem er fortgegangen war. Das Blut zwischen ihren Zehen war sein Stigma — die Spuren ihrer Schuld.
    Wie rasend schrubbte sie sich die Füße mit Bürste und Waschlappen. Dann duschte sie sich sorgfältig ab, immer wieder, bis sie sicher sein konnte, daß kein Makel auf ihrer Haut zurückgeblieben war. Anschließend setzte sie sich auf den Toilettendeckel und sprühte sich Kölnisch Wasser auf Füße, Knöchel und zwischen die Zehen.
    Ihr ganzes Leben, so lange sie sich erinnern konnte, hatte der Gedanke an Blut sie erschreckt. Als Kind, wenn sie sich in den Finger geschnitten oder das Knie aufgeschlagen hatte, war ihr der Gedanke kaum faßbar gewesen, daß ihr Körper ein Beutel war, ein Sack, gefüllt mit einer roten, klebrigen Flüssigkeit, die heraussickerte, -floß oder -schoß, wenn der Sack ein Loch hatte.
    Später, bei jener grauenhaften Geburtstagsparty, auf der ihre Menstruation begann, war sie überzeugt, nun sterben zu müssen.
    »Unsinn«, hatte ihre Mutter gereizt erklärt. »Es bedeutet lediglich, daß du kein Mädchen mehr bist; du bist jetzt eine Frau. Und du mußt dieses Kreuz tragen.«
    »Das Kreuz!« Das rief Erinnerungen an den gekreuzigten Christus herbei, der aus Händen und Füßen blutete. Für IHN bedeutete der Verlust von

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