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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Bekanntschaft mit Fremden zu schließen, egal ob männlich oder weiblich.
    Die Suche nach dem Ripper hatte eine neue Dringlichkeit bekommen. Der Sommer und damit der große Touristenzustrom waren näher gerückt, die Zahl der stornierten Tagungen und Besichtigungen war gestiegen. Zeitungskommentatoren rechneten der Öffentlichkeit vor, welchen immensen Verlust die Stadt machen würde, wenn der Killer nicht bald gestellt wurde.
    Aber trotz des neu erwachten Interesses der Medien an dem Hotel-Ripper konnte Zoe keinen Hinweis darauf finden, daß die Polizei über irgendwelche besonderen Informationen bezüglich der Identität des Killers verfügte. Sie war überzeugt, daß sie der Lösung des Falls nicht näher war als nach ihrem ersten Abenteuer.
    Deswegen traf sie das, was ihr am Nachmittag des 28. Mai widerfuhr, mit der lähmenden Wucht eine? Hammerschlags.
    Mr. Pinckney hatte ihr die Dose Mace seinerzeit als Schutz gegen Einbrecher und Vergewaltiger besorgt. Sie wollte es nicht riskieren, ihm etwas vorzulügen, um eine neue Dose zu ergattern, denn unweigerlich hätte er nach den Umständen gefragt, unter denen sie es gebraucht hatte. Also sagte sie ihm nichts. Das Mace war nicht unerläßlich; das Messer dagegen schon.
    Sie hatte das Schweizer Armeetaschenmesser in einem Schneidewarengeschäft an der Grand Central Station gekauft. Diesmal war sie entschlossen, ein stabileres Messer in einem anderen Geschäft derselben Firma zu kaufen. Während ihrer Mittagspause ging sie in den Laden Ecke Fifth Avenue und 46th Street.
    Das Angebot war riesig: Taschenmesser, Springmesser, Jagdmesser. Zoe wartete geduldig an der Theke, bis der Kunde vor ihr sich entschieden hatte. Sie war verwirrt, als er ebenfalls ein Schweizer Armeetaschenmesser wählte.
    Während der Verkäufer die Rechnung ausstellte, sagte er: »Könnte ich Ihren Namen und Ihre Adresse haben, Sir? Wir möchten Ihnen gern unseren Mail-Order-Katalog zuschicken. Natürlich vollkommen gratis.«
    Der Kunde gab ihm Namen und Adresse. Dann war Zoe an der Reihe.
    »Ich hätte gern ein Taschenmesser als Geschenk für meinen Neffen«, erklärte sie dem Verkäufer. »Nichts zu Großes oder zu Schweres.«
    Er legte ihr mehrere Messer vor. Sie entschied sich für ein hübsches Exemplar mit vier Klingen, einem Horngriff und einer Metallöse an einem Ende, damit man es an einen Gürtel oder Haken hängen konnte.
    Sie bezahlte bar, denn wenn der Verkäufer sie nach Namen und Adresse fragte, wollte sie ihm falsche Angaben machen. Aber er fragte nicht.
    »Ich habe gehört, daß Sie dem Herrn eben angeboten haben, ihm Ihren Mail-Order-Katalog zuzuschicken«, sagte sie, während der Verkäufer das Messer in Geschenkpapier verpackte.
    »Ach, wir haben gar keinen Katalog«, sagte er. Er blickte sich vorsichtig um, ehe er sich zu ihr beugte und flüsterte: »Wir arbeiten mit der Polizei zusammen. Sie wollen, daß wir versuchen, von jedem, der ein Schweizer Armeetaschenmesser bei uns kauft, Namen und Adresse herauszukriegen. Und wenn sie uns den Namen nicht sagen, dann sollen wir uns wenigstens das Aussehen merken.«
    Zoe Kohler war stolz auf ihre Ruhe. »Warum denn?« fragte sie.
    Der Verkäufer schien sich plötzlich unwohl zu fühlen. »Ich glaube, es hat etwas mit dem Hotel-Ripper zu tun. Genaueres haben sie uns auch nicht gesagt.«
    Auf dem Rückweg zum Granger, das neue Messer in ihrer Handtasche, überlegte Zoe sich, daß die Polizei die Tatwaffe wohl anhand der im Cameron Arms abgebrochenen Klinge identifiziert hatte.
    Aber in den Zeitungen hatte nichts darüber gestanden. Offenbar hielt die Polizei ihre Erkenntnis geheim. Das ließ die Vermutung zu, daß sie womöglich auch noch andere Dinge unter Verschluß hielt. Zoes Fingerabdrücke, zum Beispiel, oder etwas, das ihr am Tatort heruntergefallen war, oder irgendeinen anderen Hinweis, der die Polizei unweigerlich zu ihr führen mußte.
    Eigentlich hätte sie jetzt Angst oder Entsetzen verspüren sollen, aber das Gegenteil war der Fall. Wenn überhaupt, so war sie von einer Art verstärkter Erregung erfüllt. Die Faszination ihrer Abenteuer wurde durch das neue Risiko vertieft und intensiviert.
    Sie stellte sich die Polizei als ein einziges, bösartiges Wesen vor, das nur ein Ziel hatte: sie zu ruinieren. Um dieses Ziel zu erreichen, würde sie lügen und betrügen, würde auf geheime, möglicherweise illegale Weise vorgehen und alle Mittel einsetzen, die ihr zur Verfügung standen, einschließlich physischer Kraft und

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