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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Gewalt.
    Die Polizei schien ihr der passende Vertreter einer Welt, die sie betrogen und entwurzelt und die ihre Träume zerstört hatte, indem sie sich weigerte, ihren Wert als Frau und menschliches Wesen anzuerkennen.
    Der Abend des 4. Juni…
    Zoe Kohler betritt wachsam und mit erhobenem Kopf die belebte Lobby des Hotels Adler an der Ecke Seventh Avenue und 50th Street. Sie bleibt kurz stehen, um sich an einer Tafel in der Nähe des Eingangs über die laufenden Veranstaltungen zu informieren: eine Tagung orthopädischer Chirurgen, ein Bankett für einen Gewerkschaftsführer und ein dreitägiger Konvent der Tanzlehrergesellschaft.
    Das Handbuch des Hotel- und Gaststättengewerbes, das sie konsultiert hat, führt eine Cocktail-Lounge, zwei Restaurants und eine Kneipe auf. Aber bevor Zoe sich ihren nächsten Schritt überlegen kann, wird sie abgelenkt.
    »Sehen Sie etwas, das Ihnen gefällt?« fragt eine männliche Stimme selbstsicher, beinahe amüsiert.
    Sie mustert ihn kühl. Ein großer Mann. Schlank. Düsteres Lächeln. Schwer herabhängende Lider. Olivfarbene Haut. Schwarzes, glänzendes Haar, nach hinten gekämmt. Die langen Finger, in denen er eine Zigarette hält, wirken, als wären sie aus einer Tube gequetscht worden.
    »Ich glaube nicht, daß wir uns kennen«, sagt sie frostig.
    »Jetzt schon«, sagt er. »Sie können mir das Leben retten, wenn Sie wollen.«
    Da kann sie nicht widerstehen…
    »Und wie kann ich das?«
    »Trinken Sie etwas mit mir. Halten Sie mich davon ab, wieder zu der Tagung zurückzugehen.«
    »Was sind Sie?« fragt sie herausfordernd. »Orthopäde, Gewerkschaftsführer oder Tanzlehrer?«
    »Ein wenig von allem«, sagt er, ohne daß sein Lächeln flackert. »In erster Linie aber bin ich Zauberer.«
    Er holt einen Silberdollar aus der Tasche, läßt ihn über seine Knöchel hüpfen. Der Dollar verschwindet unter der Handfläche, taucht wieder auf, fährt in seinem Knöcheltanz fort. Fasziniert schaut Zoe Kohler zu.
    »Jetzt sehen Sie ihn«, sagt er, »und jetzt nicht. Die Hand ist schneller als das Auge.«
    »Ist das der einzige Trick, den Sie beherrschen?« fragt sie provozierend.
    »Ich kenne Tricks, die Sie sich nicht einmal vorstellen können. Wie wär's nun mit einem Drink?«
    Sie glaubt nicht, daß es sich um einen Lockvogel der Polizei handelt. Zu elegant gekleidet. Und ein Cop würde kaum den ersten Schritt tun — oder doch?
    »Wo kommen Sie her?« fragt sie.
    »Hierher, daher, überallher«, sagt er. »Ich habe einen Namen, den Sie nicht aussprechen könnten, aber Sie dürfen mich Nick nennen. Wie heißen Sie?«
    »Irene«, sagt sie. »Ich bin einverstanden. Aber nur ein Glas.«
    »Natürlich«, sagt er und holt den Silberdollar plötzlich hinter ihrem linken Ohr hervor. »Gehen wir, Irene.«
    Aber die Cocktail-Lounge und die Taverne sind so überfüllt, daß die Leute sich schon in der Tür drängen. Nick umklammert ihren Ellbogen.
    »Wir gehen nach oben«, sagt er, »in mein Zimmer.«
    »Nur ein Glas«, sagt sie noch einmal.
    Er antwortet nicht. Seine Selbstsicherheit schüchtert sie ein. Er zerrt sie mit sich. Aber sie kann nicht stehenbleiben und
    womöglich eine Szene verursachen. Kein Ausweis in ihrer Tasche. Aber ein Messer mit einer geschliffenen Klinge.
    Sein Zimmer sieht aus, als wäre er erst vor fünf Minuten eingezogen. Nichts, was auf seine Anwesenheit hinweist, mit Ausnahme eines ungeöffneten Koffers auf einem Gepäckständer. Er schließt ab und legt die Kette vor. Er nimmt ihr Mantel und Tasche ab und wirft sie auf einen Stuhl.
    »Du willst noch ein paar Tricks sehen?« fragt er. »Wie wär's hiermit?«
    Er öffnet den Reißverschluß an seinem Hosenschlitz, faßt hinein und holt sein Glied heraus.
    »Hübsch, was?« fragt er, immer noch mit demselben sardonischen Grinsen. »Gefällt dir dieser Trick?«
    »Ich gehe«, sagt sie und will nach Mantel und Tasche greifen.
    Er schiebt sich rasch zwischen sie und die Tür.
    »Was willst du jetzt tun?« fragt er. »Schreien? Los, schrei doch!«
    Sie fummelt in ihrer Tasche herum. Er ist plötzlich bei ihr und reißt ihr die Tasche aus der Hand. Sie hätte nie gedacht, daß jemand sich so schnell bewegen kann. Er holt ihre Brieftasche aus der Tasche, klappt sie auf.
    »Kein Personalausweis«, sagt er. »Ganz schön gerissen.«
    Er holt das Taschenmesser heraus, läßt es an der Ose hin und her baumeln.
    »Wofür brauchst du das denn?« fragt er. »Zum Nägel reinigen?«
    Er lacht, läßt das Messer wieder in die Tasche

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