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Die dritte Weissagung

Die dritte Weissagung

Titel: Die dritte Weissagung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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stattdessen nach Möglichkeiten, doch noch Rache zu üben.
    Mit dem Einfall, der ihr schließlich kam, schloß sie das Kapitel Heimat für alle Zeiten ab.
    *
    Mehr als ein Jahr nach diesen Ereignissen 
    Genua, 16. Dezember 1916 

    Von den Hügeln aus betrachtet wirkten die Paläste der Stadt wie Spielzeuge eines Riesen. Doch Irina hatte kaum einen Blick auf die Schönheit der Landschaft übrig. In der Frühe war sie mit einem Handelsschoner im Hafen angekommen, und seither irrte sie so ruhelos durch die Stadt, wie ein heimatloses Geschöpf sich nur fühlen konnte.
    Pedrograd und der Zarenpalast waren Vergangenheit. Sie hatte alles Nötige veranlaßt, um Landrus Politik zu durchkreuzen, und seither versuchte sie, so wenig wie möglich an das eigene und das Schicksal ihrer Sippe zu denken.
    Noch immer tobte der Große Krieg, an dem sich inzwischen auch noch England, Frankreich, die Türkei, Bulgarien und Rumänien beteiligten, und der von Landru vorausgesagte Flächenbrand wanderte stetig weiter. Bald würde er seine Klauen von Europa nach Übersee ausstrecken. China und Siam übten sich bereits in Muskelspielen
    Soll die Welt ruhig verbrennen, dachte Irina. Sie war verbittert geworden. Die heimliche Herrschaft ihres Volkes interessierte sie nicht mehr. Sie mied jeden Kontakt zu den Sippen und hätte selbst nicht zu sagen vermocht, wonach genau sie eigentlich Ausschau hielt. Was sie von einer Stadt zur anderen, von einem Land zum nächsten reisen ließ in diesen unruhigen Zeiten.
    In unzähligen durchwachten Nächten hatte sie über die Worte des Hüters, dem der Lilienkelch geraubt worden war, nachgedacht; über dessen Prophezeiung, daß sie, Irina, ihn künftig bei seiner Jagd und Suche nach dem verschollenen Gral unterstützen würde.
    Lag darin die wahre Ursache ihres Vagabundierens?
    War die rastlose Suche nach einem Phantom der Fluch, mit dem der Hüter sie in jener Nacht, als er die Fingerspitzen gegen ihre Stirn preßte und sie in Ohnmacht versank, belegt hatte?
    Nicht einmal darauf wußte sie eine Antwort.
    Sie schaute zum Himmel, der wolkenlos war. Die Sonne brannte im Zenit.
    Als sie in ihr Hotel zurückkehrte, kam sie an einem Zeitungsjungen vorbei, der die neueste Nachricht lauthals über den Platz schrie:
    »Rasputin ist tot! Er wurde heimtückisch vergiftet!«
    Sie blieb stehen, verlangte eine Zeitung und las voller Zufriedenheit, daß die Intrigen, die sie noch vor ihrem Abschied aus Pedrograd gesponnen hatte, die erhofften Früchte getragen hatten.
    Landrus Werkzeug war über Nacht stumpf geworden. Der Krieg, den der Hüter unter allen Umständen einzudämmen versuchte, konnte weiterbrennen.
    Die Welt, in der Irina jeden Halt verloren hatte, konnte ruhig untergehen .
    *
    10. Oktober 1917, Portugal
    Wieder war fast ein Jahr vergangen, und Irina hatte die Iberische Halbinsel in dieser Zeit nicht verlassen.
    Sie kannte den Grund dafür selbst nicht, wußte ihn jedenfalls nicht zu benennen. Etwas hielt sie hier, ließ sie hin- und herwandern zwischen Spanien und Portugal. Mal zog es sie an die Küsten, dann wieder ins Landesinnere, wie Treibgut hin an die Gestade der Pyrenäen und wieder fort .
    . und endlich zur rechten Zeit an den rechten Ort!
    Irina ahnte es, als ihr die ersten Gerüchte zu Ohren kamen. Die Kunde hatte sich wie ein Lauffeuer in den portugiesischen Provinzen ausgebreitet. Anfangs tuschelte man noch hinter vorgehaltener Hand darüber, dann redeten die Leute ganz offen davon, und schließlich war nicht mehr zu unterscheiden, was der Wahrheit entsprach und was dazu erfunden worden war.
    Von einem Wunder war die Rede. Davon, daß Gott selbst vom Himmel gesprochen und Ungeheuerliches verkündet hatte!
    Und Angst griff um sich, legte sich erstickend wie Schwüle über die Menschen und verdunkelte ihr Land wie dräuende Gewitterwolken.
    Eine Stimmung, wie Irina sie nie zuvor erfahren hatte und ganz anders als die im Krieg allgegenwärtige Furcht und Depression, breitete sich aus - - und machte es ihr leicht, den Weg zur Quelle zu finden.
    Die Vampirin gab nichts auf das ausschmückende Beiwerk, das den wahren Kern der Geschichte immer mehr verkrustete, je öfter sie weitererzählt wurde. Sie konzentrierte sich einzig darauf, daß etwas über die Maßen Merkwürdiges geschehen sein mußte. Etwas, das ein Zeichen sein mochte! Eine Spur hin zu dem, wonach sie suchte. Denn ob sie sich das nun eingestand oder nicht, sie tat es; sie konnte nicht anders, als es zu tun, seit der einstige Hüter sie

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