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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte Holden. »Mach Schluß hier. Wir gehen essen.«
    »Ich habe einen mörderischen Hunger, Ric.«
    »Ich auch. Wohin gehen wir?«
    »In ein bayrisches Lokal, und dort esse ich eine Riesenterrine Linsensuppe mit einer Superwurst. Manchmal habe ich richtig Sehnsucht nach so etwas. Ihr Amerikaner eßt ja nur Steaks und Hamburgers.«
    »Und Linsensuppe mit einer Superwurst. Du wirst dich wundern, Helga, Gehen wir?«
    »Nur noch die Geräte wegräumen. Zehn Minuten, Ric …«
    Holden sah sich um. Das Atelier lag im dritten Stockwerk, der Raum war groß und hatte nur ein Fenster zum Hof. Es war nicht anzunehmen, daß das ›Hirn‹ ein Fassadenkletterer war. Er ging hinaus in den Warteraum. Der ›schöne Siegfried‹ las ein Buch.
    »Zum Gähnen, was?« sagte Holden.
    »Aber nein, Bernie hat mich zu einer rosa Stunde eingeladen. Ihn stört es gar nicht, daß ich verheiratet bin und zwei Kinder habe. Ein kreuzfideler Verein, diese Schwulen.«
    »Sie können nach Hause gehen und das dritte Kind zeugen«, sagte Holden. »Jetzt kümmere ich mich um Fräulein Bergmann.«
    »Mein Auftrag läuft bis Mitternacht, Mr. Holden.«
    »Das wird ein Problem. Wir gehen jetzt essen, dann trinken wir noch einen Cocktail und springen dann ins Bett. Wollen Sie überall dabeisein?«
    »Was essen Sie?«
    »Linsensuppe mit Würstchen.«
    »Mein Leibgericht. Ich verfeinere sie immer noch mit einem Schuß Essig. Rate ich Ihnen auch. Und Cocktails trinke ich für mein Leben gern, vor allem auf Staatskosten.«
    »Aber das mit dem Bett wird nicht klappen.«
    »Leider. Immer, wenn's schön wird, müssen wir korrekt bleiben. Wenn Sie hinter der Wohnungstür sind, gebe ich Ihnen meinen Segen.«
    »Ich danke dir, Heiliger Vater.«
    Holden ging ins Atelier zurück. Helga war fertig mit Aufräumen, die Modelle hatten durch eine andere Tür den Raum verlassen. Jetzt, ohne Scheinwerfer, ohne Südseezauber auf der riesigen Leinwand, wirkte alles trostlos, kalt, bedrückend. Ein häßlicher Saal mit Stangen, Schienen, Geräten, dicken Kabeln auf dem Boden und an den Wänden. Selbst die goldenen Ballsaalstühle strömten ohne Scheinwerferglanz Moder aus.
    »Von heute an bin ich immer bei dir«, sagte Holden und legte den Arm um Helgas Schulter. »Von morgens bis morgens, ununterbrochen.«
    »Du hast gekündigt, Ric? Du bist frei?«
    »Im Gegenteil.« Er küßte sie schnell auf die sich weitenden Augen. »Sie wollen uns jagen wie Hermeline. Wir haben einen mörderisch wertvollen Pelz.«

Holiday Inn
    An diesem Tag geschah nichts, was Holden und Helga Bergmann in Gefahr brachte. Dafür lernte Stepan Mironowitsch Lepkin eine andere Seite Deutschlands kennen, die eigentlich nicht in seinem Aufgabenbereich lag, obwohl er von seiner KGB-Tätigkeit so manches gewöhnt war.
    Lepkin hatte im Speisesaal seines Hotels gegessen, war auf sein Zimmer gegangen, hatte Iwan Prokojewitsch Smelnowski telefonisch einen Bericht für Moskau durchgegeben, über den Abetjew bestimmt nicht erfreut sein würde, und überlegte nun, wie er die weitere Zeit totschlagen sollte.
    Smelnowski hatte 26 Leute eingesetzt, die von Lokal zu Lokal zogen, sich mit italienischen Gastarbeitern anfreundeten und fröhliche Abende mit Gesang, Wein und Weibern verlebten. Wenn dann so ganz nebenbei die Rede auf Bossolo kam, war es immer das gleiche: Keiner hatte ihn je wieder gesehen. Er war einfach verschwunden.
    Lepkin liebte keine halben Sachen. Er schickte auch zwei Männer nach Kalabrien, in Bossolos Heimatdorf, voll Hoffnung, daß der gute Sohn zu seiner Familie zurückgekehrt sei, die Taschen voller Geld, und nun der reichste Mann in der Umgebung war.
    Aber auch in Alvarengo vermißte man Pietrino, wie er noch jetzt von seiner Familie zärtlich genannt wurde. Man pflegte diese Zärtlichkeit wie eine Weihkerze, denn Pietrino war der Grundstock des Wohlstandes, seine vierteljährlichen Geldsendungen waren das Fundament der Sippe. Der alte Bossolo konnte sich Tabak und eine Pfeife leisten und jeden Sonntag zwei Liter Nostrano, drei heiratsreife Töchter wurden mit einer Aussteuer bedacht, weil der von Gott und Cortone gesegnete Pietro einen so starken Familiensinn entwickelte. Nein, in Alvarengo war Pietro nicht aufgetaucht. Im Gegenteil, die Familie war seit zwei Wochen kopfscheu geworden, der alte Bossolo fluchte, und Mamma Erminia betete neben einer dicken gestifteten Kerze am Marienaltar: Das Geld für den Monat Juni war ausgeblieben. Man schrieb jetzt den 10. Juli, der Briefträger winkte schon

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