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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Man wußte: Nur in ganz dringenden Fällen durfte in dieser Stunde ein Gespräch in den Sitzungssaal durchgestellt werden. Der Polizeipräsident nahm den Hörer ab.
    »Ja, es ist gut«, sagte er. »Wir warten. Danke.« Mit einer resignierenden Bewegung, halb Achselzucken, halb entschuldigende Handbewegung, legte er den Hörer wieder auf. Beutels, der seinen Chef nur zu gut kannte, warf seine Zigarre in den großen runden Aschenbecher vor sich.
    »Was ist denn?« fragte der Minister ungeduldig.
    »Eine Botin ist unterwegs. Mit einem Brief. Man fand ihn vor einer Viertelstunde in Ihrem Briefkasten, Herr Daume. Absender –«
    »Geschenkt!« Beutels hieb auf den Tisch. »Es geht weiter!«
    »Ein Brief, nicht mit der Post befördert, sondern eigenhändig in den Hausbriefkasten gesteckt.«
    »Ein variationsreicher Gegner.« Beutels blickte hinüber zu Fritz Abels und Oberstaatsanwalt Dr. Herbrecht. »Ich war nie ein Wahrsager, aber ich deute aus meinem gesteigerten Blutkreislauf: Jetzt treten wir in ein akutes Stadium. Das Gespenst materialisiert sich!«
    Zwanzig Minuten später lag der Brief auf dem runden Tisch. Beutels fiel die Ehre zu, ihn mit einer Pinzette aufheben und mit einem scharfen Messer aufschlitzen zu dürfen. Mit einer zweiten Pinzette zog er das Schreiben aus dem Kuvert.
    »Das gleiche Papier, die gleiche Maschine«, sagte er.
    »Lesen Sie endlich vor!« rief der Minister. Er trommelte nervös mit den Fingern auf den Tisch. Beutels nickte bedeutungsvoll.
    »Ich lese:
    Sehr verehrter Herr Präsident!
    Ihre Anzeige in der ›Süddeutschen Zeitung‹ hat mich erfreut. Sie zeigt mir, daß Sie den Ernst der Lage nicht unterschätzen.
    Ich wiederhole: Die beiden Bomben werden am Eröffnungstag, dem 26. August, um 15 Uhr gezündet, und das wird, außer den gesamten Olympiaanlagen, Gästen, Kaisern, Königen und Präsidenten, auch halb München treffen. Ich nehme an, daß Ihre Experten Ihnen ausgerechnet haben, welche Wirkung zweimal sechs Kilogramm Plutonium haben, wenn sie atomgespalten werden.
    Um Ihren Willen zur friedlichen Einigung zu testen, folgender Vorschlag: Sie übergeben zunächst eine Anzahlung von 100.000 Dollar.
    Folgendes ist zu beachten:
    Von Herrenchiemsee aus soll ein unbemanntes Motorboot mit gedrosseltem Motor über den Chiemsee geschickt werden. Das Ruder ist so einzustellen, daß das Boot mitten auf den See fährt. Auf den Boden des kleinen Bootes legen Sie einen Sack mit 100.000 Dollar in Fünf-Dollar-Scheinen, gebraucht, gebündelt in Päckchen zu je 500 Dollar. Die Beschaffung dieser Noten über die Deutsche Bundesbank wird Ihnen einfach sein. Ich wiederhole: kleines Boot, Motor auf langsame Fahrt, Ruder Seemitte. Keine Polizei, keine Scheinwerfer, kein zweites Boot.
    Bedenken Sie, es ist ein Test. An ihm hängt das Leben von unzähligen Menschen.
    Unterschrift bekannt.«
    Beutels ließ den Brief aus den Backen der Pinzette fallen. Die Stille um den Tisch war bedrückend, bis der Minister sagte:
    »Das ist noch nie dagewesen, so eine Gemeinheit!«
    Er sah dabei Beutels an und wunderte sich, daß dieser so fröhlich war und sogar den Kopf schüttelte.
    »Ich habe unseren Gegner überschätzt.« Beutels griff wieder zu seiner weggeworfenen Zigarre. »Ein Boot auf dem Chiemsee. Das ist geradezu banal! Eine romantische Mondscheinfahrt. Meine Herren … jetzt kommen wir voran. Der nächste Schachzug ist unser! Der unbekannte Droher wird bald matt sein.«
    Es stellte sich bald heraus: Auch ein Beutels kann irren.

New York
    »Gut«, sagte Ted Dulcan, »Maurizio hat also das Rohmaterial in die Hand bekommen. Aber das bedeutet noch keine Atombombe. Dazu gehört mehr.«
    Er lehnte noch immer an der feuchten Wand. Die Erkenntnis, daß Cortone im Besitz von zwei Atombomben war, wollte sich in ihm nicht festsetzen. Es war zu ungeheuerlich. Als strahlten die verrotteten Maschinenteile noch radioaktive Strahlen aus, umkreiste er sie dann vorsichtig und in respektvoller Entfernung. Lucretia beobachtete ihn mit einem spöttischen Lächeln. Manchmal ist Mauri ein Genie, dachte sie, aber nur manchmal. Im allgemeinen ist er Durchschnitt, ein alter Gauner mit einem Millionenvermögen, dem nie der große Durchbruch gelungen ist. Darunter hat er zeit seines Lebens gelitten, es wurde sein Trauma und schließlich das letzte Ziel seines Ehrgeizes: Cortone ist der Mächtigste!
    »Er hat zwei Stahldreher aus den Werken für Atomköpfe engagiert«, sagte sie. »Mit einem irren Gehalt. Zwei Chemiker aus den

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