Die Drohung
Gedanken. Man will die Übergabe hochgehen lassen. Der Empfänger soll gefaßt werden. Für den nachfolgenden Triumph nehmen diese Kreise die Anklagen wegen Vortäuschung eines Verbrechens und Irreführung der Behörden gern in Kauf. Und die Strafen sitzen sie auf einer Arschbacke ab. Im Gefängnis haben sie's ja besser als draußen in ihren Kellerlöchern oder Kommunesälen.«
Beutels sah auf seine Uhr. Der Abend kroch von den Bergen. Das Wasser des Chiemsees kräuselte sich unter einem leichten Wind, sonst war es ein stiller Tag, seit Wochen war das Wetter ungewohnt mild. Vorfrühling. Selbst ein mageres Abendrot schlich über die Wolkenbänke und zackte sie bizarr aus.
»Morgen scheint die Sonne«, sagte Beutels verträumt. »War das ein langer Winter.«
300 Meter weiter, in einer Bucht der Insel Herrenchiemsee, zogen sich drei Froschmänner um. Ihre schwarzen Gummianzüge lagen wie riesige Schlangenhäute im Gras. Daneben die Sauerstoffflaschen, die Atemmasken, Gürtel mit breiten Messern und Harpunenpistolen, durch komprimierte Kohlensäure als Treibsatz gefährlich wie eine normale Pistole. Zwei Netze wurden gerade ausgebreitet … Beutels, in seiner Freizeit Sportfischer, hatte die verrückte Idee entwickelt, nach guter alter Manier den goldenen Fisch zu fangen.
»Er wird nicht mit einem Kahn angerudert kommen«, sagte er zu der Froschmannstaffel. »Auch übers Wasser wandeln wird er nicht – das konnte bisher nur einer, und der tat's nicht für Geld. Folglich wird er wie ihr Fisch spielen. Treibt ihn in die Netze, das ist am sichersten.«
Das war, bevor Beutels an die andere Möglichkeit, an die Provokation der Staatsmacht, dachte. Trat dieser Fall ein, würde man dem einsamen Kahn mit den 100.000 Dollar mit Musik und Hallo entgegenfahren, hell beleuchtet, beflaggt und geschmückt.
Die Staatsgewalt zu blamieren, ist schon eine Feier wert.
»Noch vier Stunden«, sagte Fritz Abels. »Ich fahre hinüber zum Südufer zur Einsatzgruppe 3.«
Eine generalstabsmäßige Arbeit war geleistet worden. Der See war – um im Jargon der Behörden zu bleiben – abgesichert. Von drei Stellen würden eine halbe Stunde vor Abstoßen des unbemannten kleinen Motorboots die Froschmänner ins Wasser gleiten und das Boot umzingeln. Mit so großen Lücken, daß der erwartete Gegner hindurchschlüpfen und an das Boot heranschleichen konnte. Hinter den Schlafzimmerfenstern von vier biederen Häusern auf Herrenchiemsee und hinter dem Schloßturm hatte die Bundesluftwaffe starke Scheinwerfer installiert. Auf eine Leuchtrakete hin würden sie das Boot in strahlendes Licht tauchen.
Theoretisch war ein Mißlingen unmöglich.
Noch vier Stunden.
Über den See senkte sich Dunkelheit. Das Wasser wurde tintenschwarz. Der Wind erstarb vor der Ruhe der Nacht.
»Dann woll'n wir mal!« sagte Beutels, setzte sich auf den Bootsrand und steckte sich eine Zigarre an.
Eine Brasil, sprach sich schnell herum.
Er ist gut gelaunt.
Merklich wurde es auch kälter. Die feuchte Luft zog in die Kleider.
Es war ja noch April.
München-Harlaching
Ich habe alles gepackt.
Friedel – das ist unser Sportredakteur, Spezialität Urnensuche im Mittelmeer, dalmatinische Küste, wo es auf dem Meeresgrund von alten Urnen und Amphoren wimmeln soll, weiß einer, wo sie herkommen, soviel Müll hat man im Altertum doch nicht weggeworfen, und wenn das alles von Schiffen stammt, die versunken sind, dann war damals vor Christi Geburt das Schiffbauhandwerk voller goldener Böden – also von Friedel Tomielaniewski (er unterschreibt seine Artikel praktischerweise mit Fried Tommi) habe ich mir eine Taucherausrüstung geliehen.
Gar nicht so einfach, so ein Gummianzug, das kann ich Ihnen sagen. Wer glaubt, er schlüpft in diese Haut, zieht die Reißverschlüsse zu, klemmt sich die Klemme auf die Nase, hinein ins Wasser und ab geht's auf den Grund, der hat in der Schule bei Physik geschlafen. Wasser trägt ungemein, und es kostet verflucht viel Kraft, in dem Gummianzug unten zu bleiben, auch wenn man noch so wild mit den Schwimmflossen wedelt. Im Film, bei Hans Hass, sieht das alles so harmlos aus … da wird der Mensch zum Riesenfisch, gleitet schwerelos in grünschimmernde Tiefen, reitet auf Rochenrücken, windet sich durch Korallenbänke, kriecht in Schiffswracks und Felsenhöhlen. Ich habe gemerkt, wie schwer das ist, und ich bin ein verdammt guter Schwimmer.
Geübt habe ich am Starnberger See. Ohne die beiden Sauerstoffflaschen auf dem Rücken bin ich nicht
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