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Die Druidengöttin

Die Druidengöttin

Titel: Die Druidengöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Grasso
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nach.
    Keely zuckte die Achseln. »Ich konnte kein Gesicht sehen.«
    »Wahrscheinlich war ich es«, meinte Hew.
    »Wie kommst du darauf?« widersprach Odo. »Ich bin viel stärker als du.«
    »Blödsinn, bist du nicht«, wehrte sich Hew.
    »Bin ...«
    »Nicht!«
    Keely kicherte. Sie liebte diese hitzköpfigen Brüder, die es für ihre Pflicht hielten, sie zu beschützen.
    »Wovor verstecken wir uns?« fragte Odo sie.
    »Du meinst, vor wem«, verbesserte Keely ihn. »Der Tag und die Nacht sind in vollkommenem Gleichgewicht, aber Vater Sonne verliert an Kraft. Wenn dieser Tag vergangen ist, wird der Herr, den ihr in Shropshire ausgeraubt habt, uns nicht mehr finden können.«
    »Ich hänge am Leben«, meinte Hew und faßte sich an den Hals. »Woher weißt du, daß wir im Gasthof Zum Hahn Sicherheit finden? Hast du die Zukunft in den Wolken gelesen?«
    »Die Antwort darauf werden wir morgen finden«, antwortete Keely. »Die Bäume und der Wind und die Wolken rieten mir, in diesen Gasthof zurückzukehren.«
    »Na, ich habe nichts davon gehört«, meinte Hew verächtlich.
    Odo versetzte seinem Bruder einen Klaps. »Nur falls du es vergessen hast, Keely besitzt die Gabe. So ist es doch, Kleines?«
    »Megan hatte das Zweite Gesicht, soviel steht fest«, wand Keely sich. Sie kaute mit ihren kleinen weißen Zähnen auf ihrer Unterlippe, bevor sie gestand: »Ich habe so etwas noch nie empfunden, aber ich fühle in meinem tiefsten Inneren, daß etwas Außergewöhnliches geschehen wird.«
    »Das reicht mir vollkommen«, gab Odo sich zufrieden.
    »Ich finde es durchaus vernünftig, daß wir uns eine Weile in unserem Zimmer verbergen«, stimmte Hew zu. »Wenn uns dieser Herr erwischt, sind wir nicht mehr das Schwarze unter dem Fingernagel wert. Um das zu wissen, brauche ich nicht das Zweite Gesicht.«
    »Das ist nicht alles«, fuhr Keely fort, als sie auf ihre Pferde stiegen. »Das Gold, das wir für das Pferd des Herrn bekommen haben, wird in London nicht lange reichen. Vielleicht finden wir in dem Gasthof Arbeit, falls mein Vater sich weigert, mich anzuerkennen.«
    Als sie in das Zentrum von London ritten, legte sich eine merkwürdige Traurigkeit über sie, und sie redeten kein Wort mehr. Trotz der späten Stunde wimmelte es in den engen Gassen nur so von hin- und hereilenden Menschen. Die Bewohner dieser Stadt schienen an einem nie enden wollenden Wettrennen teilzunehmen. Die dicht gedrängt stehenden Häuser und die schmalen Gassen gaben Keely das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
    Sie versuchte, möglichst tief und ruhig zu atmen, während sie mit ihren Cousins am Cheapside Market und der St. Paul‘s Cathedral vorbeiritt. Schließlich erreichten sie die Friday Street, wo sich der Gasthof Zum Hahn befand.
    So weit weg von Zuhause, dachte Keely, und sie fühlte sich auf merkwürdige Weise allein, obwohl ihre Cousins sie begleiteten und sie an Hunderten von Menschen vorbeigekommen waren. Hier brauchte niemand eine Druidenpriesterin mit zweifelhaftem Talent oder eine walisische Prinzessin am Bettelstab. Taffy, walisische Trottel, wie die Engländer zu spotten pflegten.
    Keely hoffte, daß sie die Geschehnisse am Berg von Primrose richtig gedeutet hatte und daß der Gasthof Zum Hahn die ersehnte Zufluchtsstätte vor dem in der Dunkelheit lauernden Übel war, das sie gefühlt hatte. Gewiß würde die Gefahr, daß dieser Herr sie fand, zusammen mit der Sonne schwinden.
    Hätte Keely gewußt, wie sehr sie sich irrte, wäre sie bestimmt nach Wales zurückgejagt und hätte den Zorn ihres Stiefvaters auf sich genommen. In diesem Augenblick saß der Gegenstand all ihrer Überlegungen in der Gaststube des Hahns und wartete darauf, daß die beiden hünenhaften Straßenräuber auftauchten, die ihn seiner Würde beraubt hatten.
    Die Schenke des Gasthofs Zum Hahn war überraschend geräumig, groß genug für einen Kamin und eine Theke. Auf der linken Seite des Raums, dicht neben der engen Stiege, die zu den Schlafzimmern im ersten Stock führte, befand sich der Kamin. In der Ecke gegenüber war die Theke. Dazwischen standen mehrere Tische und Stühle.
    Richard Devereux saß an einem Tisch hinten bei der Theke, von dem aus er den Eingang gut beobachten konnte, zusammen mit seinem Freund Willis Smythe. Die beiden Männer tranken Bier und unterhielten sich.
    »Hätte ich gewußt, daß alles auf deine Rechnung geht«, sagte Willis, »hätte ich darauf bestanden, in einem Etablissement zu essen, das von einer gehobeneren Schicht besucht

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