Die Druidengöttin
auffällig benehmen, wird er uns nicht bemerken.«
Keely verspürte ein starkes Bedürfnis, einfach unter den Tisch zu rutschen und sich dort zu verstecken. Vor Angst hinüberzusehen, wandte sie den Blick nicht mehr von ihrem Weinbecher. Sie fühlte sich überhaupt nicht wohl in ihrer Haut, ihr war, als mustere der rothaarige Mann sie eingehend – oder bildete sie sich das nur ein?
Unfähig, diese Ungewißheit noch einen Augenblick länger auszuhalten, nahm Keely ihren ganzen Mut zusammen und zwang sich, zu ihm hinüber zu blicken. Der Edelmann schien in dem Gespräch mit seinem Freund ganz aufzugehen, und doch wurde sie das Gefühl nicht los, er beobachte sie.
Keelys Blick glitt zu dem dunkelhaarigen Tischnachbarn des Grafen. Eine Gefühl drohenden Unheils überwältigte sie beinahe.
Als die beiden Männer sich unvermittelt erhoben, seufzte Keely. Nun würden Odo und Hew festgenommen und gehängt werden. Ach, wenn sie doch nur mit übersinnlichen Kräften gesegnet wäre! Dann hätte sie ihre Vision richtig gedeutet, und ihren Cousins wäre dieses schreckliche Ende erspart geblieben.
Der Graf stand auf und verabschiedete sich herzlich vom Gastwirt, bevor er kehrtmachte, um seinem Freund aus der Schenke hinaus in die Nacht zu folgen. Sein Blick glitt über sie und blieb an Keely hängen. Entsetzt sah sie, daß der Graf nicht weiter zur Tür ging, sondern sich auf ihren Tisch zu bewegte.
»Keine Waffen«, flüsterte Keely ihren Cousins zu. »Da reden wir uns heraus.«
Obwohl sie einen gelassenen, unbeteiligten Eindruck zu erwecken suchte, konnte Keely die Augen nicht losreißen von dem Grafen, der auf sie zukam. Sein kupferrotes Haar strahlte golden wie Vater Sonne, und seine entwaffnenden Smaragdaugen leuchteten in demselben Grün wie ihr geliebter Wald im Frühling. Sein Gesicht war ungemein attraktiv, die Gesichtszüge wie gemeißelt, wenn auch nicht von ebenmäßiger, glatter Schönheit, sondern eher rauh und kantig. Die vollen Lippen strahlten eine starke Sinnlichkeit aus. Als er auf ihren Tisch zukam, bewegte er sich mit der Eleganz eines Raubtiers. Bei den heiligen Steinen! Dieser Mann war ein vor ihren Augen lebendig gewordener heidnischer Gott!
»Schenke dem König mit der Flammenkrone und der goldenen Hand dein Vertrauen ...«
Keely versuchte mit aller Kraft, den Gedanken an die Prophezeiung ihrer Mutter abzuschütteln. Vor ihr war kein König, kein heidnischer Gott, sondern einfach ein Mann. Und noch dazu ein verabscheuungswürdiger englischer Graf.
Als er schließlich vor ihrem Tisch stand, würdigte Richard Odo und Hew keines Blickes. Er sah nur in Keelys veilchenblaue Augen, die seinen Blick erwiderten. Richard lächelte und ließ seinen ganzen Charme spielen.
»Mylady«, begrüßte er sie mit einer leichten Verbeugung. Er nahm ihre Hand und beugte sich über sie, ohne den Blick von ihr zu wenden. »Wie der Gesang einer Sirene rief mich Eure außergewöhnliche Schönheit an diesen Tisch.«
Keely errötete über und über. Sie wußte nicht, ob sie sich durch dieses unerhörte Kompliment geschmeichelt oder ob sie sich durch dieses arrogante Draufgängertum verletzt fühlen sollte. Noch kein Mann hatte es gewagt, so mit ihr zu sprechen – und kein Mann hatte sie je so strahlend angelächelt.
»Richard Devereux, Graf von Basildon, zu Euren Diensten«, stellte Richard sich vor und blickte ihr tief in die veilchenblauen Augen. Er war sich über seine Wirkung auf sie durchaus im klaren. »Und wer seid Ihr?«
Dieses Lächeln könnte ein ganzes Schloß erhellen, dachte Keely, während sie in diese unglaublichen Smaragdaugen blickte. Sie schien ihre Stimme verloren zu haben.
»Mylady?« setzte Richard nach.
»Ich bin ...« Sie quietschte in einer Stimmlage so hoch wie ein nervöser Sopran.
Richard grinste.
Keely wurde rot und räusperte sich. »Ich bin Lady Keely Glendower«, erklärte sie schließlich.
»Ein Vergnügen, Eure Bekanntschaft zu machen, Lady Keely«, antwortete Richard. Er warf Odo und Hew einen Blick zu, die keinen Zweifel daran hegten, im nächsten Augenblick festgenommen zu werden, und sich in ihren Stühlen wanden. »Ich hoffe aufrichtig, meine teure Schönheit, daß keiner dieser beiden Gentlemen das Recht hat, Euch seine Gattin zu heißen.«
»Meine Cousins«, antwortete Keely. »Odo und Hew Lloyd.«
Richard schüttelte beiden die Hand. »Ihr kommt mir irgendwie bekannt vor. Haben wir uns schon einmal gesehen?«
»Das ist unmöglich«, ergriff Keely das Wort, um seine
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