Die Druidengöttin
acht gewöhnliche Steine auf.
Damit legte sie den magischen Kreis. Dabei achtete sie darauf, die Steine jeweils an den richtigen Platz zu legen: auf den nordwestlichsten Punkt der Kreislinie, auf den nördlichsten, den nordöstlichsten, den südöstlichsten, den südlichsten und den südwestlichsten. Sie betrat den Kreis von Westen und schloß ihn hinter sich mit dem letzten Stein. Dabei sprach sie die Worte: »Störende Gedanken bleiben draußen.«
In der Mitte des Kreises angelangt, drehte sich Keely dreimal im Uhrzeigersinn und blieb, die Augen auf die aufgehende Sonne gerichtet, stehen. Sie schloß die Augen und konzentrierte sich auf ihren Atem.
»Die Alten sind hier, sie warten ab und sehen zu«, klang Keelys sanfte Stimme durch die stille Nacht. »Die Sterne sprechen durch die Steine, und das Licht scheint durch die dickste Eiche.« Ihre Stimme wurde lauter: »Himmel und Erde sind ein Reich.«
Keely hielt inne, um sich zu sammeln. Dann hob sie die Arme und flehte: »Geist, der mich auf meiner Reise geleitet, hilf mir, die Sprache der Bäume zu verstehen. Geist meiner Ahnen, hilf mir, die Sprache des Windes zu verstehen. Geist meines Stammes, hilf mir, die Sprache der Wolken zu verstehen ... Myrddin, größter der Druiden, öffne mein Herz, damit ich über den Horizont hinaussehe.«
Lange Zeit passierte gar nichts. Und dann geschah es ...
Starke Hände packten sie an den Oberarmen und wirbelten sie herum. Die Kapuze glitt Keely vom Kopf und gab den Blick auf ihr ebenholzschwarzes Haar frei, das ihr bis zur Hüfte reichte. Im selben Augenblick riß sie die Augen auf und blickte in das wütende Gesicht des Grafen.
»Was, zum Teufel, machst du hier?« fauchte Richard und schüttelte sie.
»Es ist verboten, den heiligen Kreis zu durchbrechen!« rief Keely. »So zerstörst du meine ...«
Richards Gesicht spiegelte seine Fassungslosigkeit. Ohne Vorwarnung hob er sie hoch und trug sie in seinen Armen über den Rasen.
»Ich kann selbst gehen«, protestierte sie leise.
»Sei ruhig«, fuhr er sie an.
Mit Keely in den Armen marschierte Richard an seinen schlaftrunkenen Dienstboten vorbei und die Treppe hinauf in sein Arbeitszimmer, wo er die Tür mit dem Fuß zustieß. Er setzte sie vor einem Sessel ab und schubste sie hinein.
»Warum hast du mir nachspioniert?« fragte ihn Keely so streng sie konnte.
»Ich stelle hier die Fragen«, schoß Richard zurück. »Vergiß nicht, Mylady, ich habe dich auf meinem Besitz aufgegriffen.«
»Warum, um …« Keely, nur darauf bedacht, möglichst schnell von hier fortzukommen, stand auf.
»Setz dich«, befahl ihr Richard und drückte sie zurück in den Sessel.
Klugerweise blieb Keely, wo sie war.
Richard schaute sie finster an. Keely fühlte sich ganz unwohl unter diesem Blick. Endlich fragte er sie: »Bist du eine Art Hexe?«
»Du glaubst doch gewiß nicht an solch abergläubisches Zeug«, entgegnete Keely.
»Was ich glaube, tut hier nichts zur Sache«, entgegnete Richard barsch. »Ich will wissen, was du glaubst. Bist du auf meinem Besitz der Hexerei nachgegangen?«
Keely sah ihm in die Augen und antwortete: »Nein, so etwas würde ich nie tun.«
Seine smaragdgrünen Augen schienen sich in ihre veilchenblauen Augen zu bohren. »Was genau glaubst du?«
»Hat die Inquisition England erreicht?« konterte sie.
»Beantworte meine Frage.« Oder sonst hing unausgesprochen im Raum.
»Ich … wurde christlich getauft«, wich Keely aus. Sie schlich um die Wahrheit herum wie die Katze um den heißen Brei.
Die Dame ist raffiniert, folgerte Richard, aber nicht ganz so raffiniert wie er selbst. »Du hast meine Frage nicht beantwortet, meine Liebe. Was bist du?«
Sie sah ein, daß sie nicht umhinkam, ihm die Wahrheit zu gestehen. Mit erhobenem Kinn blickte sie ihm in die Smaragdaugen und sagte ein einziges Wort, das ihn zutiefst erschütterte.
»Druidin.«
»Gott im Himmel, ich bin mit einer Heidin verlobt!« explodierte Richard.
»Ich verfüge über gewisse Kenntnisse«, brüstete sich Keely hochmütig.
Richard schloß die Augen. Entsetzt schüttelte er den Kopf. Diese unglaubliche Dummheit war mehr, als er ertragen konnte. Als er sie wieder ansah, stand ihm seine Verachtung deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Kenntnisse ohne gesunden Menschenverstand sind etwas sehr Gefährliches«, erklärte er ihr.
Keely wollte gerade den Mund aufmachen, um gegen diese Beleidigung zu protestieren, doch Richard packte sie am Kinn und fuhr sie an: »Du hältst jetzt den Mund und
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