Die Druidengöttin
hörst mir zu.«
Wie ein General vor seinen Truppen ging Richard vor ihr auf und ab und hielt eine wahre Brandrede. »Du bist das närrischste Weib, das mir je untergekommen ist – noch dümmer als meine Schwestern – und dein gesunder Menschenverstand reicht nicht aus, um dein eigenes Überleben zu gewährleisten. Weißt du überhaupt, wie viele Menschen an Hexen glauben? Weißt du das ? Tausende! Ja, sogar die Königin glaubt an das Übernatürliche. Ist dir klar, daß du auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden könntest? Ist dir das klar ? Wenn die Menschen Angst haben, handeln sie, die Fragen stellen sie später.«
Keely lächelte sanft. »Mylord, keiner von uns stirbt wirklich. Unsere Seelen begeben sich auf das Große Abenteuer.«
Noch mehr von diesen Dummheiten, dachte Richard. Seine Worte stießen auf taube Ohren. Er mußte die Sache anders angehen.
Er trat an seinen Schreibtisch und schenkte sich einen Becher schottischen Whisky ein, den er in einem Schluck leerte. Nun verstand er, warum sein Schwager dieses Getränk so schätzte. Es stärkte wie nichts anderes auf der Welt einen Mann, wenn er sich mit diesem unlogischen Wesen herumschlug, das gemeinhin Frau genannt wurde.
Richard drehte sich um und wandte sich wieder Keely zu, die noch immer unruhig in ihrem Sessel saß. Er kniete sich vor sie hin und wärmte ihre Hände mit den seinen. »Schatz, ich fürchte um deine Sicherheit. Glaube, was du willst, aber sich vor einer unbarmherzigen Gesellschaft zur Schau zu stellen, kann sich als verhängnisvoller Irrtum erweisen.«
Keely traute ihren Ohren nicht. »Willst du damit sagen, du hast nichts gegen meine Überzeugungen?«
Richard überwand sich und nickte. »Die meisten Menschen in diesem Land sind gefährlich intolerant. Deine Anschauungen müssen geheim bleiben.«
»Aber sicher«, stimmte Keely bereitwillig zu. Sowohl sie als auch Megan hatten stets sorgfältig darauf geachtet, niemanden damit zu behelligen.
Richard atmete tief durch.
»Was hast du so früh da draußen getan?« fragte sie ihn.
»Ich wollte den Sonnenaufgang beobachten, weil ich wußte, du würdest das auch tun«, gestand er.
Diese zärtliche Anwandlung zauberte ein Lächeln auf Keelys Lippen.
»Ich hatte nicht die geringste Ahnung, daß du in meinem Garten herumhüpfen und Beschwörungen rufen würdest«, brachte Richard sie zum Lachen. Er stand auf und bot ihr seinen Arm an. »Ich bringe dich nach Hause.«
Erleichtert, daß sie ihr Geheimnis nicht länger vor ihm zu verbergen brauchte, hakte Keely sich bei Richard unter. Zusammen gingen sie in den Garten und hinüber zur Residenz der Talbots.
»Heute vormittag zeige ich dir London«, teilte ihr Richard mit, als sie den Hof erreichten. »Um zehn Uhr hole ich dich ab.«
»Ich denke nicht ...«
»Möchtest du den Vormittag lieber in Morganas Gesellschaft verbringen?« fragte er sie mit hochgezogener Augenbraue.
»Ich werde um neun Uhr fertig sein«, antwortete Keely und verschwand im Haus.
Richard wollte gerade gehen, als er den Herzog sah, der aus den Stallgebäuden auf ihn zukam. Er war von oben bis unten voller Blut und Schmutz, strahlte aber über das ganze Gesicht.
»Meine Lieblingsstute hat soeben gefohlt«, erklärte ihm Herzog Robert. Seine Augen wanderten zur Tür, hinter der gerade seine Tochter verschwunden war. »Es ist schrecklich früh, um Keely einen Besuch abzustatten«, bemerkte er.
»Ich fand meine Verlobte, wie sie Beschwörungen singend in meinem Garten um Bäume herumhüpfte«, entgegnete Richard, um zu sehen, wie der Herzog darauf reagierte.
Einen kurzen Augenblick lang schien Herzog Robert sprachlos, doch er gewann schnell die Fassung wieder. »Schlafwandelte wohl«, log er und wich dem Blick des Grafen aus.
»Von wegen Schlafwandeln«, grinste Richard und schüttelte mißbilligend den Kopf. »Ihr wißt Bescheid, nicht wahr?«
Herzog Robert nickte.
»Wie könnt Ihr Keely erlauben, sich in Gefahr zu begeben? Verbietet Ihr ...«
»Ich habe in ihrem traurigen Leben achtzehn Jahre lang keine Rolle gespielt«, unterbrach ihn der Herzog. »Megan gab ihre merkwürdigen – aber harmlosen – Überzeugungen an ihre Tochter weiter. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, Devereux. Wir können nur die Zukunft beeinflussen.«
»Ihr seid jetzt für sie verantwortlich«, erinnerte Richard ihn.
»Würde der Papst der katholischen Kirche widersagen?« konterte Herzog Robert. »Ich glaube nicht. Genausowenig wird Keely verleugnen, was zu ihrem
Weitere Kostenlose Bücher