Die Druidengöttin
geht es nur um Euer Wohl.«
»Ich vertraue Euch, Sir«, antwortete Morgana und ließ sich beruhigt gegen seine männliche Brust sinken. »Von ganzem Herzen vertraue ich Euch.«
Neuntes Kapitel
Ich liebe ihn aus ganzem Herzen.
Diese überwältigende Einsicht traf Keely wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
»Pour tous jours«, flüsterte sie. »Für immer.«
Keely schaute aus dem Fenster ihres Schlafzimmers und wartete auf den Sonnenaufgang. Der Morgen war kühl und sie zitterte, aber die Pflicht rief, und das war wichtiger als ihr körperliches Wohlempfinden. Im Osten dämmerte es bereits, der Sonnenaufgang kündigte sich an.
Seit wann war der englische Graf so wichtig für sie? fragte sich Keely. Er hatte dem gestrigen Sturm getrotzt, aber sie wußte besser als die meisten, daß die Zuneigung eines Mannes so beständig ist wie der wankelmütige Mond. Ob seine zarte Neigung für sie die Unwetter am Hofe überstehen würde?
Keely traute ihm nicht. Sicher, der Graf hatte sein Versprechen gehalten, was ihre Cousins anging. Und er schien sich auch nicht wegen ihrer nicht gerade ehrenhaft zu nennenden Herkunft zu schämen. Aber Megan hatte Robert Talbot vertraut und dafür gelitten.
»Schenke dem König mit der Flammenkrone und der goldenen Hand dein Vertrauen ...«
Richard Devereux trug eine Flammenkrone und die Königin nannte ihn Midas in Anspielung auf den sagenumwobenen König, der alles in Gold verwandelte, was er berührte. Hatte ihre Mutter den Grafen gesehen? Was, wenn sie ihm ihr Vertrauen schenkte und er sich dessen nicht würdig erwies? Würde sie ihr Leben aufs Spiel setzen oder nur ihr Herz?
Keely war so aufgewühlt, daß sie nicht mehr klar denken konnte. Sie sehnte sich nur noch danach, hinauszuschleichen, um die aufgehende Sonne nicht nur zu sehen, sondern auch zu spüren. Sie bedurfte der Unterstützung der Naturkräfte. Sie würde die Mutter Göttin bitten, dem Grafen innere Stärke zu verleihen. Um den Myriaden von Höflingen keine Aufmerksamkeit zu schenken, die sich über sie das Maul zerreißen würden, mußte er geduldig und stark sein.
Die besondere Kraft dieses heiligen Ortes im Garten des Grafen versprach eine erfolgreiche Fürbitte. Wo die Birke, die Eibe und die Eiche sich trafen, da war die magische Kraft zu Hause.
Ohne sich lange darum zu kümmern, daß sie noch im Nachthemd steckte, packte Keely ihre Zeremonienrobe, wickelte sich darin ein und lief auf bloßen Füßen zur Tür. Ihr Herz schlug aufgeregt. Seit dem Abend, bevor sie ihren Vater traf, hatte sie keine richtige Andacht mehr gehalten. Kein Wunder, daß ihr Verstand so verwirrt und ihr das Herz so schwer war.
Sie drückte das Ohr gegen die Tür, um zu lauschen, ob der Gang leer war. Es waren keine Schritte zu hören. Sie öffnete die Tür einen Spalt und lugte hinaus. Niemand war zu sehen, es war noch zu früh für die Dienstboten. Sie holte tief Luft und trat auf den Korridor, die Tür zog sie lautlos ins Schloß.
Immer an der Wand entlang schlich Keely durch den düsteren Korridor, in den kein Licht fiel, bis sie zur Treppe kam. Unten angelangt sah sie, daß der Weg durch das Foyer verlassen war. Wenn kein Frühaufsteher sich im Hof herumtrieb, gelangte sie unentdeckt nach draußen.
Auf Zehenspitzen huschte Keely durch das Foyer. Geschwind öffnete sie die Tür und war draußen. Der Hof war menschenleer.
Wie ein Engel der Nacht schritt Keely durch den dichten Nebel, der sich wie ein Liebhaber an Mutter Erde schmiegte. Einmal blieb sie stehen, um sich zu vergewissern, daß ihr niemand folgte. Dann schlüpfte sie auf den Pfad, der zum Besitz des Grafen führte.
Bei den heiligen Steinen! dachte Keely und hielt inne. Sie hatte ihre goldene Sichel und ihre magischen Steine vergessen. Sie sah zurück, beschloß aber, daß es nur den Weg nach vorne gab. Bis sie das Haus erreichte und sich holen konnte, was sie brauchte, standen die Dienstboten des Herzogs auf. Sie würde nie unentdeckt hierher zurückkehren können.
Aus dem Nebel ragten die drei heiligsten Bäume heraus. Sie standen zusammen wie alte Freunde. Keely lächelte, als sie das helle Weiß der heiligen Birke erblickte, das dunkle Immergrün der heiligen Eibe und den heiligsten Baum unter ihnen, die majestätische Eiche.
Keely zog sich die Kapuze ihrer Zeremonienrobe über den Kopf und trat an den heiligen Ort. Wenn sie in der freien Natur eine Andacht halten konnte, fühlte sie sich wie der glücklichste Mensch der Welt. Auf dem Weg zu den Bäumen hob Keely
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