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Die Druidengöttin

Die Druidengöttin

Titel: Die Druidengöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Grasso
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Steinmauern gefangen sind. Die beschränkten Engländer sehen nicht über den eigenen Horizont hinaus.«
    »Tot ist tot«, entgegnete Richard gereizt. »Wer im Grab liegt, kann nicht mehr zu uns reden.«
    »Wie sehr Ihr Euch da täuscht, Mylord.«
    »Werden die Waliser von der Vernunft unzugänglicher Furcht regiert?«
    »Mir ist nicht wohl«, verbesserte ihn Keely. »Zeigt mir den Weg, vielleicht kann ich ein paar dieser armen verirrten Seelen den Weg in das Große Abenteuer weisen.«
    »Fang jetzt bloß nicht mit deinen heidnischen Beschwörungen an«, schärfte Richard ihr ein, als sie am Offiziersquartier vorbei auf den grasbewachsenen Innenhof traten. »Das hier ist die Towerwiese«, erklärte er ihr daraufhin. »Das Gebäude da vorne ist die Kapelle St. Peter ad Vincula. Der königliche Kaplan feiert dort täglich um elf Uhr eine heilige Messe.«
    Auf der Towerwiese herrschte eine unheimliche Ruhe. Es schien, als hielten die grauen Steinmauern, die sie umgaben, die Stille gefangen. Ein kühler Hauch lag in der Luft.
    Keely hatte das Gefühl, eine andere Welt zu betreten. Die lauten Massen, die sich im engen Londoner Gassengewirr drängten, schienen Millionen Meilen entfernt zu sein. Ihr schauderte, die feinen ebenholzschwarzen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Als sie sich umblickte, sah Keely eine dunkelhaarige Frau, die vor den Fenstern des Offiziersquartiers auf und ab ging.
    »Wer ist das?« flüsterte sie und sah zu ihrem Verlobten hoch.
    Richard blickte über die Schulter, sah aber niemanden. »Von wem sprichst du?«
    »Dort drüben ...« Keely warf einen Blick über ihre Schulter. Die Frau war im Gebäude verschwunden. »Ach, vergiß es.«
    Als sie über den gepflasterten Hof gingen, überlegte Richard, ob er Keely seine düstere Geschichte erzählen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Seine Verlobte schien ihren Ausflug nicht sonderlich zu genießen, und er begann bereits zu bereuen, sie hierher gebracht zu haben.
    König Heinrich VII. hatte die Kapelle im frühen Tudorstil errichten lassen. Der Boden war mit Steinplatten belegt, und die Kirchenstühle waren aus poliertem Holz. Durch die hohen Fenster fiel das Sonnenlicht in den Altarraum und brachte den Messingschmuck zum Glänzen. Die Decke über ihren Köpfen bestand aus wertvollem Edelkastanienholz.
    Vom Turm schlug es elf Uhr. Keely fuhr zusammen und blickte sich erschrocken um.
    »Ganz ruhig, Schatz. Du brauchst keine Angst zu haben«, flüsterte Richard. Was in Gottes Namen brachte sie so aus der Fassung? fragte er sich. Seit sie durch das Mitteltor geritten waren, war Keely so aufgeregt wie ein junger Soldat bei seiner ersten Schlacht. Ob ihr Unwohlsein etwas mit ihren merkwürdigen religiösen Überzeugungen zu tun hatte? Richard hoffte inständig, dies möge nicht so sein. Königin Elisabeth verlangte, daß ihre Edelleute sie zur heiligen Messe begleiteten. Er konnte für seine Frau ein- oder zweimal Entschuldigungen erfinden, aber Tag für Tag war das schlicht undenkbar.
    Als die Glockenschläge verhallt waren, schwebte der Kaplan herein. Prächtig gewandet in die Soutane eines königlichen Kaplans, nickte er Richard und Keely zu, den einzigen Kirchgängern an diesem Morgen.
    Die Frühmesse begann. Je länger sie dauerte, um so aufgeregter wurde Keely. Jede Sehne, jeder Nerv war zum Zerreißen gespannt. Eine tiefe Traurigkeit ergriff sie. Tausend Seelen schienen sie anzuflehen, ihnen zu helfen. Spürte der Graf denn gar nichts von all dem Unglück, das in der Luft lag? Und der Kaplan? War sie die einzige, die für die Schrecken der Vergangenheit empfänglich war?
    Keely saß regungslos neben Richard, doch das Blut pochte ihr in den Adern. Ihre Nerven waren bis zum letzten angespannt, Schweißperlen standen ihr auf der Oberlippe. Sie schnappte nur noch nach Luft. Schlagartig sprang sie hoch. Sie versuchte, an Richard vorbei ins Freie zu gelangen, doch er packte sie am Arm und hielt sie zurück.
    »Laß mich gehen!« schrie Keely.
    Der Kaplan drehte sich um. Verdutzt sah er, wie eine rasende Edeldame versuchte, dem Grafen von Basildon zu entkommen.
    Mit der Kraft der Verzweiflung schob sie Richard zur Seite und rannte an ihm vorbei aus dem Kirchenstuhl, flog den Mittelgang hinunter und zur Tür hinaus, um draußen im kühlen, feuchten Gras auf die Knie zu sinken. Den Kopf gebeugt, saugte Keely die belebende Luft förmlich in sich ein.
    »Liebling, bist du krank?« fragte Richard, der sich neben sie kniete.
    Keely blickte auf und

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