Die Druidengöttin
das?«
Keely nahm seine Arme und hob sie hoch in die Luft. »Achte auf deine Äste.«
Richard zog eine Augenbraue in die Höhe. »Was soll ich jetzt tun?« fragte er.
»Nichts.« Keely trat dicht an ihn heran und drückte sich an ihn. Sie legte die Arme um seinen Körper, stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn zart auf den Mund. Bevor er sie fest an seinen männlichen Körper pressen konnte, drehte Keely sich um und verschwand im Haus.
Deine Mädchenzeit ist in weniger als einem Monat vorbei, dachte Richard, als er ihr hinterher blickte. Genieße deine neckischen Spiele, so lange du kannst ...
Zehntes Kapitel
»Hebt mich hoch, Cousins.«
»Weißt du, Kleines, auf den Baum des Grafen zu klettern, ist keine so gute Idee«, sagte Odo.
»Er könnte uns vom Fenster aus beobachten«, warnte Hew sie und blickte über seine Schulter.
»Wir brauchen diese Zweige für die Feier heute«, beharrte Keely. Sie wandte sich an ihren Bruder. »Nachdem sich meine feigen Cousins weigern, mir zu helfen, machst du es? Dir jagt doch die Vorstellung, der Graf könne uns hierbei ertappen, keinen solchen Schrecken ein?«
»Ein Marquis steht rangmäßig höher als ein einfacher Graf«, warf Henry sich in die Brust.
Er machte mit seinen Händen eine Leiter für Keely.
»Du hast gewonnen, Kleines«, gab Odo nach und trat vor den Jungen. »Ich heb dich hoch.«
»Ich tu es«, bestand Hew und versuchte, ihn beiseite zu drängen.
»Ich bin stärker«, beharrte Odo und versetzte seinem Bruder einen Klaps auf den Hinterkopf.
»Bist du nicht«, widersprach Hew.
»Bin ...«
»Nicht!«
Während die Lloyd-Brüder darüber stritten, wer von ihnen Keely auf den Baum heben darf, machte Henry mit seinen Händen eine Leiter und bückte sich. Keely setzte einen zierlichen Fuß in die Hände ihres Bruders und bekam den niedrigsten Ast der Eibe zu fassen. Mit einem spitzbübischen Lächeln faßte ihr Henry mit beiden Händen an die Hinterbacken und gab ihr einen Schubs.
»Netter Hintern«, bemerkte er. »Ich kann unter deinen Rock sehen.«
»Englisches Schwein«, rief Keely und kletterte auf den dicksten Ast, um sich hinzusetzen.
Odo und Hew versetzten dem jungen Marquis von Ludlow einen Klaps auf den Hinterkopf.
Keely machte es sich auf dem Ast so bequem wie möglich und zog aus der Ledertasche, die sie um den Hals trug, die goldene Sichel. Leise betend, wie ihre Mutter es sie gelehrt hatte, schnitt sie mit der Sichel liebevoll Zweiglein von der Eibe. Jeden davon küßte sie, bevor sie ihn zu den drei unten wartenden Händepaaren hinunterwarf.
Sie blickte hoch in den Himmel und seufzte zufrieden. Die große Muttergöttin lächelte auf sie und ihre Feiertagsunternehmung herab und verhieß ihnen einen vollkommenen Abend für die Samhuinnfeier. Die Morgennebel waren unter der strahlenden Morgensonne bereits verflogen, und die Herbstluft war frisch. Dieser Tag zeichnete sich durch einen selten klaren Himmel aus, eine blaue Decke für Mutter Erde, die nur eine gelegentliche Wolke störte.
»Henry, jeder, der heute beim Freudenfeuer dabei ist, erhält ein Eibenzweiglein«, wies Keely Henry an, vollkommen vertieft in ihre Aufgabe. »Samhuinn ist das Fest unserer Ahnen, und die Eibe symbolisiert Tod und Wiedergeburt. Diese Eibenzweige hier stehen für unsere Fähigkeit, mit unseren Verstorbenen in Verbindung zu treten. Versteht ihr?«
Allgemeines Schweigen.
»Henry, verstehst du?«
»Ich verstehe, daß du dazu neigst, dich auf meinem Besitz herumzutreiben.« Das war die Stimme des Grafen.
Keely blickte nach unten, und ihre Lippen bildeten ein perfektes O. Bei den heiligen Steinen! Der Graf wirkte ganz und gar nicht glücklich. Wie sie so auf ihren Verlobten hinuntersah, erkannte sie, daß der Herzog vollkommen recht gehabt hatte. Mit diesem verkniffenen Gesichtsausdruck sah der Graf tatsächlich aus wie ein Mann, dem man einen Spieß in den Allerwertesten ... Keely beschloß, so zu tun, als sei alles ganz alltäglich.
»Guten Morgen, Mylord«, rief sie und überspielte das flaue Gefühl in ihrer Magengrube mit aufgesetzter Fröhlichkeit. »Ich besuche Euren Garten und treibe mich nicht hier herum. Dazwischen liegt eine ganze Welt, Schatz .«
Richard schnaubte ob dieser Lüge. Seine Smaragdaugen glitten von seiner ungehorsamen Verlobten zu ihren Cousins. »Ich glaube, ich habe May und June eben in der Küche streiten gehört. Ihr habt meine Erlaubnis, sie dort aufzusuchen.«
Die zwei Waliser blickten unsicher zu ihrer Herrin
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