Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden
gerührt über die Arbeit, die in deinem Plakat steckt. Wie bei einem Adventskalender ist hinter einzelnen Türchen verborgen, was deine große Schwester wichtig fand. So engagierte Schüler kann man unmöglich mit einer Fünf abspeisen, selbst wenn sie ihr Thema nur unzulänglich beherrschen.
Blöd sind Zwischenfragen. Sprich deshalb vorher eindringlich mit eurem Musterschüler, damit er die Klappe hält. Etwaige Unsicherheiten während des Vortrags übergehst du, indem du schnell und undeutlich redest. Beim dritten Nachfragen gibt selbst der hartnäckigste Lehrer auf. Wenn nicht, sind Hustenanfälle, Black-outs und Kreislaufschwächen angesagt. Erzähl der Lehrerin anschließend mit Tränen in den Augen, dass du Liebeskummer hast. Gut machen sich auch häusliche Alkoholprobleme. Pech hast du allerdings, wenn du in der Oberstufe an diesen alten Knaster gerätst, der Bildung statt Kompetenzen vermitteln will und von Humboldt schwärmt. Den kannst du leider mit Power-Point überhaupt nicht beeindrucken, der will Gliederungen, Argumentationslinien und eigene Gedanken statt gut getimter Effekte.
Viel Glück!
Traumjob: Lehrer an einer Dorfschule
I n der TV-Sendung »Hart, aber fair« geht es um die Arbeitsbelastung und Streikbereitschaft von Ärzten. Gegen Ende der Sendung verliest die Assistentin Zuschauer-Mails. Ein junger Mann schreibt, sein Vater sei Landarzt und arbeite in der Woche 80 Stunden. Er selber arbeite als Dorfschullehrer nur 30 Stunden pro Woche, verdiene aber mehr als sein Vater. Die Diskussionsrunde schaut verdutzt. Die Assistentin lächelt: »Das steht hier wirklich!«
Wo ist diese Schule? In einem Sprengel auf der schwäbischen Alb? In Bayern hinter den sieben Bergen? In einem Funkloch im Thüringer Wald? Im »Tal der Ahnungslosen« im Erzgebirge? Ich will sofort dahin! Da scheint die Welt noch in Ordnung zu sein! Kein Internetsignal, kein Privatfernsehen verdirbt das Familienleben. Lehrer und Pfarrer haben das Zepter noch fest in der Hand und die Jugend im Griff. Die Erwachsenen beugen das Haupt, wenn sie dem Lehrer begegnen. Sie bringen ihm Geselchtes und Selbstgebrannten. Die Schüler hacken sein Holz und jäten sein Unkraut.
Sozialisationsarbeit wird von Großfamilie, Karnevalsverein und Schützengilde geleistet. Jugendliche lallen abends nicht vorm Spätkauf rum, sondern engagieren sich im Fanfarenzug und bei der Freiwilligen Feuerwehr. Nur in so einer Umgebung könnte ein Lehrer eventuell mit fünf Arbeitsstunden pro Werktag auskommen… Bei den paar Dorfschülern hat er nicht viel zu korrigieren. Ausführliche Elterngespräche und zeitintensive Konferenzen entfallen. Als Ich-Team fasst er sämtliche Beschlüsse mal kurz beim Bergwandern oder Pilzesuchen. Dieser Dorflehrer braucht in seiner Idylle keine Gewerkschaft, die für ihn Tarifverhandlungen führt und Altersermäßigung erkämpft.
Mein Mann grinst: »So ein Dorf gibt es höchstens bei Asterix und Obelix.« Das bringt mich noch mehr ins Grübeln. Ist der junge Lehrer aus »Hart, aber fair« ein Lebenskünstler, ein Zauberer? Schickt er Problemschüler einfach zu seinem Vater, dem Landarzt? Kein Wunder, dass der so überlastet ist. Vielleicht ist der junge Mann ein fauler Sack und es hat nur noch niemand gemerkt, dass sich in seinem Keller die Klassenarbeiten stapeln? Oder bei ihm greift endlich die neue anspruchsvolle Lehrerausbildung? Spitzenkräfte an der Uni vermitteln magische Methoden und didaktische Geheimrezepte, die das Lehrerleben so erleichtern, dass man nur noch gefühlte 30 Stunden arbeitet?
Schade, dass ich als Studentin solchen pädagogisch-didaktischen Superhirnen nie begegnet bin. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass sich einige geradezu panisch an die Uni geflüchtet hatten, um ja nicht im Schulalltag zu landen – wo neuerdings mein Neffe arbeitet. Als Grundschullehrer in Berlin-Mitte. Er berichtet – als Berufseinsteiger noch halbwegs amüsiert – von seinen Erlebnissen, etwa von Eltern, die hilflose oder überhaupt keine Erziehungsversuche unternehmen.
»Was? Oguz hat immer dunkle Ringe unter den Augen? Weil er mit seinen älteren Brüdern bis 24 Uhr fernsieht? Das ist typisch mein Sohn! Er weiß genau, dass er um 21 Uhr ins Bett gehen soll!« Eine andere Familie wird gewarnt, dass ihr überalteter Viertklässler auf dem besten Weg in den Jugendknast ist. Die Mutter antwortet nicht ohne Stolz: »Ist gut so, da wird er ein richtiger Mann!«
Mein Neffe bringt seinen Schülern Dinge bei, für die früher
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