Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden
für den Notfall in drei Varianten vorbereitet und trage schwer an Alternativmaterial und individuellen Arbeitsbogen.
Und? Kein einziger Inspektor verirrt sich zu mir!
Tags drauf erzählt die Hausmeisterin, sie hätte beim abendlichen Kontrollgang leise Hilferufe aus einem unserer Treppenhäuser gehört. Zwei der Inspektoren waren dort eingeschlossen und drückten verzweifelt gegen die Tür. An der Tür stand »Ziehen«, aber das hatten sie in ihrem Eifer übersehen. Die Hausmeisterin setzte die beiden frei.
Ich hätte sie eine Nacht im Treppenhaus gelassen…
Heute im Angebot!
Fundstücke aller Art
»H ast du vielleicht mein T-Shirt gesehen?«, frage ich Kollegen Diepholz in der Gymnastikhalle. Nach der wilden Tanzstunde mit meiner Klasse muss ich es irgendwo vergessen haben, als ich mit Ghettoblaster, Sport- und Schultasche zurück ins Hauptgebäude gespurtet bin. Das T-Shirt muss ich unbedingt wiederhaben, da ist ein Zirkusdompteur mit einem brennenden Reifen draufgestickt. Kollege Diepholz schickt mich zum Materialraum. Dort entdecke ich auf einer Liege einen Berg von bunten Sporthosen, T-Shirts, Fußballhemden und Turnschuhen. »Na, hast du was Passendes gefunden?«, grinst der Kollege. Ich hebe gerade ungläubig eine Tanga-Badeschnur für den frühreifen Knaben hoch. »Da sind doch teure Sportschuhe dabei. Holt das keiner ab?«, frage ich. Nein, das holt keiner ab. Nur ganz selten kommt mal ein Schüler vorbei und sucht nach seinen Sachen. Das bestätigt mir auch der Hausmeister, in dessen Kabuff Rucksäcke, Jacken, ein Fahrradsattel und ein Hamsterrad auf ihre Besitzer warten.
Bürobedarf muss ich gar nicht mehr privat anschaffen. Im Klassenraum finden sich jede Menge Bleistifte, Radiergummis, Anspitzer und Schreibblöcke. Das alles hebe ich im Pult auf und frage hin und wieder, ob jemand etwas vermisst oder brauchen kann. Ich habe eine Sammlung von Frühstücksdosen mit und ohne Inhalt,Salatschüsseln von der letzten Klassenfete, Handschuhe und Schals. Dazu ein Badehandtuch, eine Mozart-Büste, eine Rasta-Locke mit Klettverschluss, drei verschiedene Ohrringe und ein Armband mit Totenkopfanhängern – falls Ihr Kind so was vermisst.
Anscheinend kaufen viele Eltern klaglos neue Sachen, wenn die lieben Kleinen etwas »verloren« haben. Unser Schulleiter hat auch ein nettes Sammelsurium in seinem Tresor. Unter anderem sind da zwei Ninja-Wurfsterne, ein Abwehrspray, eine religiöse Kampfschrift und einegeflochtene Lederpeitsche vereint. Sicher kommen eines Tages die jeweiligen Eltern und nehmen die konfiszierten Schätze ihrer Sprösslinge an sich. Nach eingehender pädagogischer Beratung.
An unserer Schule gibt es 1000 Schüler und 120 Lehrer. Jede Klasse trifft sich zum gemeinsamen Unterricht nur in Musik, Kunst, in Gesellschaftskunde und Arbeitslehre. Alle übrigen Fächer werden in verschiedenen Leistungskursen unterrichtet. Dadurch wird der Klassenraum auch von anderen Gruppen mitbenutzt. Insofern lässt sich selten feststellen, wer etwas vergessen hat. Man bekommt aber auch leider nicht heraus, wer »Fuck you« in den Tisch geritzt, wer die Grünpflanze geköpft und wer an der Schranktür geschaukelt hat, bis die Scharniere brachen.
Wenn ich am Freitag gemeinsam mit meiner Klasse Schluss habe, hebe ich erst einmal das Kleingeld auf, das auf dem Fußboden verstreut liegt. Meine Schüler grinsen: Wer bückt sich schon nach Cent-Münzen? Dann räumen wir hinter der Säule im Klassenraum auf. Dort haben sich Meret und Gülcan eine kleine Schmuddelecke eingerichtet. Mit einem alten Radio und zwei ausrangierten Kissen. Ich drücke ihnen die Plastiktüten mit ihren Schulbüchern und den Cola-Pfandflaschen in die Hand. Sie sehen wenig begeistert aus, als sie das ganze Gepäck mitnehmen sollen. Eigentlich kommen sie immer nur mit einer zierlichen Handtasche zum Unterricht. Auch ihre Klassenkameraden, denen ich die müffelnden Sportbeutel umhänge, sind indigniert, dass sie so vielschleppen sollen. Sie hatten ihre Turnutensilien im oberen Schrank versteckt, wo ich nur mühsam mit einem Stuhl rankomme. »Sportzeug muss regelmäßig gewaschen werden!«, erkläre ich kategorisch. Ganz hinten in dem Schrank hat Julia zwei Klassenarbeiten deponiert. Warum soll sie ihren Eltern damit das Wochenende verderben? Micks Saxophon, eine Leihgabe der Schule, entdecke ich unter dem verstaubten Overheadprojektor. »Wie willst du denn zu Hause üben?«, lächle ich zuckersüß und überreiche ihm den Instrumentenkoffer.
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