Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden
verhaftet habe. Sein Kostüm samt Zepter hielt er bisher im Keller versteckt. Glücklicherweise passt es nicht mehr.
Der Dienstweg zum Olymp
U nmut gärt in deutschen Lehrerzimmern. Die KollegInnen sollen Dienstbriefmarken und Dienstklopapier künftig selber bezahlen und anschließend steuerlich geltend machen. Nachdem kurz zuvor das Pensionsalter auf 70 und die Klassenfrequenz auf 45 angehoben wurden, scheint es mit der unendlichen Geduld der Lehrerschaft vorbei zu sein. Selbst unter verbeamteten Lehrern kursiert leise-drohend das Wort »Streik«. Zwei besorgte Kollegen beschließen, persönlich bei ihrem Dienstherrn vorzusprechen und ihrer Beratungspflicht als Beamte nachzukommen. Sie haben gerade eine Deeskalationsfortbildung absolviert. »Wann ist denn bei Ihnen die Bürgersprechstunde?«, erkundigen sie sich am Telefon. Die Vorzimmerdame reagiert ungnädig. Solche »Bürgerkontakte« seien nicht vorgesehen und auch nicht erwünscht. Bei Ackermann könne man auch nicht einfach vorbeikommen. Die Kollegen mögen den vertikalen Dienstweg einhalten, falls sie dem Herrn Minister etwas mitzuteilen hätten.
Also »verschriftlichen« oder »verschriften« die beiden Kollegen ihr Anliegen – nicht ohne ihrer Enttäuschung über das verweigerte Gespräch Ausdruck zu geben. Der Schulleiter leitet den Brief jedoch nicht weiter. So ein unsachliches Schriftstück schädige sein Ansehen. Wer nicht in der Lage ist, sein Personal kurzleinig zu führen, wird nie im Leben stellvertretender Oberschulrat!
Die beiden Kollegen überarbeiten ihren Brief und schicken ihn zurück auf den Dienstweg. Diesmal verfängt er sich in den Händen der Schulrätin, die zwischen den Zeilen Spott zu erkennen glaubt. So geht das nicht!
Der Dienstweg ist die längste Entfernung zwischen zwei beliebigen Punkten. Mittlerweile sind elf Wochen ins Land gegangen. Zähigkeit ist eine Berufstugend des Lehrers: Die beiden Kollegen senden ihr Anliegen ein drittes Mal ab. Diesmal als offenen Brief an zwei regionale Zeitungen, die immer gern einen Blick hinter Schulfassaden erhaschen. Offene Briefe werden ja hoffentlich irgendwie beim Adressaten landen. So ist es: Die Kollegen bekommen eine Abmahnung und die Androhung, bei weiterem ungebührlichen Verhalten die großzügige Leistungsprämie zum 25jährigen Dienstjubiläum zu verlieren. Immerhin 50 Euro! Nur die Pressestelle des Bildungsministeriums sei zu Stellungnahmen in den Medien berechtigt. Der einzelne Lehrer nicht!
Zeitgleich werden in allen Gemeinden Podiumsdiskussionen zur Bildungsreform angekündigt. Der Herr Minister wird persönlich »performen« und seine Ideen von oben nach unten »kommunizieren«. Die beiden Kollegen freuen sich auf die Diskussion. Zur Verstärkung nehmen sie die GEW-Betriebsgruppe ihres Oberstufenzentrums mit. Zu viert setzen sie sich in die erste Reihe. Aber Ordnungskräfte zerren sie weg. Hier ist für die Schulaufsicht reserviert!
Die Kollegen trollen sich und lauschen drei gefühlte Stunden lang all den Fakten, die sie schon seit Monatenaus Dienstschreiben und Zeitungsartikeln kennen. Die leitende Schulrätin erklärt, dass die anschließende Diskussion einer Strukturierung bedürfe. Dazu möge man seine Fragen in Druckbuchstaben auf Zettelchen schreiben und selbige in den großen Papierkorb vor der Bühne werfen. Die Kollegen füllen eifrig Zettel um Zettel aus und warten gespannt auf Antwort. Ihr Dienstherr bekommt fünf Fragen zugeteilt und äußert Unverbindliches. Dann muss er ganz schnell weg. Das nächste Fernsehinterview wartet. Er hinterlässt indignierte Lehrer und Eltern. Die leitende Schulrätin weist kühl den Vorwurf der Zensur und Pseudo-Diskussion zurück, verweigert eine Stellungnahme zu bezirksinternen Problemen und beendet die Veranstaltung. Tags drauf lobt die Presse das unermüdliche Bemühen des Herrn Minister um Basisdemokratie und Volksnähe.
Auf der nächsten Dienstbesprechung räsonieren die beiden Kollegen über feudalistische Strukturen im Berufsalltag. Wie(so) sollen sie ihre Schüler eigentlich zu Mündigkeit und Zivilcourage erziehen? Der Schulleiter, ein leidenschaftlicher Altphilologe, zitiert eine lateinische Spruchweisheit, die außer ihm niemand versteht, und gibt zu bedenken, dass den griechischen Göttern auf dem Olymp auch nicht jeder Helot und Bauer hätte reinreden können. Das Berufsbeamtentum habe sich seit altägyptischer Zeit bewährt und sei durchaus mit den Zielen des Grundgesetzes zu vereinbaren. Und dann verteilt er an
Weitere Kostenlose Bücher