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Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Titel: Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Frydrych
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Leben führen. Ich werde ihnen Ich-Stärke, Medienkompetenz und emotionale Intelligenz vermitteln. Meine Schüler werden freudig im Team arbeiten, lebenslang lernen und sich nahtlos in die Wissensgesellschaft einfügen – und ihren Kindern erzählen, was für eine tolle Lehrerin sie hatten. Ich bin omnipotent! Ich bin eine Hexe, eine Zauberin, ich bin der liebe Gott. Ich kann alles!
    Sie müssen nur fest an einen Menschen glauben. Dadurch geben Sie ihm die Kraft, all das zu schaffen, wovon Sie träumen.

Zensuren – da hört die Freundschaft auf
    A ls Schülerin hatte ich mal ’ne Fünf in Physik. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, die Schuld dafür bei meinem Lehrer und seinem erlebnisarmen Frontalunterricht zu suchen. Meine Eltern auch nicht. Die haben mit mir gemeckert, und mein Vater wollte mir Nachhilfe geben – da habe ich lieber wieder in der Schule aufgepasst.
    Die Zeiten haben sich geändert. Bei Zensuren hört die »Freundschaft« auf. Eben noch reizende Kinder mutieren zu kleinen Teufeln, engagierte Eltern schweben als Racheengel ein, wenn die Mathezensur nicht ihren Vorstellungen entspricht. Telefonate einer empörten Mutter mobilisieren eine aufgeregte Elternschaft, die den Äußerungen ihrer Kinder unbedingten Glauben schenkt. Wie kann man bitte die Zensuren eines Lehrers ernst nehmen, der jede Stunde zu spät kommt und 30 Minuten braucht, um die Anwesenheit der Schüler zu kontrollieren? Eine Phalanx wütender Mütter erscheint bei der Schulleiterin. Der Gedanke, die Äußerungen der lieben Kleinen ein wenig zu relativieren oder zuerst mit dem Fachlehrer zu reden, kommt ihnen nicht. Als die Schulleiterin ein wenig ungläubig lächelt, wird mit Schulrat, Anwalt und Boulevardpresse gedroht.
    Der beschuldigte Kollege muss im Keller seine alten Leistungskontrollen raussuchen und jede mündliche Zensur mit Datum und Thema belegen. Der Fachbereichsleiter darf ein ausführliches Gutachten dazu schreiben.

    Je nachdem, wie gut die Nerven aller Beteiligten sind, wird die beanstandete Zensur wunschgemäß angehoben, damit der Konflikt nicht beim Verwaltungsgericht landet. Ob Eltern und Schüler sich eigentlich gern an Ärzte und Anwälte wenden, die ihre Examensnoten auf diesem Weg »erarbeitet« haben? Manche Kollegen gehen solchen Streitereien aus dem Weg, indem sie Klassenarbeiten so lange üben, korrigieren und wiederholen, bis kein Schüler mehr eine Fünf schreibt.
    »Zensuren sind reine Willkür und dienen nur dem Machterhalt der Lehrer«, sagt die Elternvertreterin kühl. Sie hat gelesen, dass bayerische Lehrer ein und denselben Aufsatz mit Zensuren von Eins bis Sechs bewertet haben. Seither müssen manche Deutschlehrer ein genaues Bewertungsschema für Phantasieaufsätze einhalten. Bis zu zehn Punkte können Schüler in folgenden Bereichen erhalten: verheißungsvolle Überschrift, fesselnde Einleitung, raffinierter Schluss, virtuoser Spannungsbogen, Ideenreichtum und Originalität ohne deutlichen Medieneinfluss, korrekter Gebrauch der deutschen Schriftsprache, erkennbare Handlungsstruktur, nachvollziehbarer Inhalt, innere Logik, stilistische Vielfalt. Manchmal kommt bei so einer schematischen Beurteilung eine Zwei plus heraus, obwohl langjährige Erfahrung der Lehrkraft zuflüstert, dass das Gesamtkunstwerk allenfalls eine Drei verdient.
    Auf Elternabenden stößt die Fraktion »Schule ohne Notendruck« auf die Initiative »Leistung muss sich lohnen«, die schon in der ersten Klasse harte und ehrliche Notenfordert und mit ellenlangen verbalen Beurteilungen nichts anfangen kann. »Timo bewegt sich im Zahlenraum von eins bis zehn schon recht sicher, wenn er guter Dinge ist.« Was ist das nun umgerechnet? Eine Fünf oder eine Zwei? Die Lehrerin windet sich und spricht von pädagogischen Noten. Schließlich soll sie individuelles Lernen fördern und kann nicht alle Schüler über einen Kamm scheren. Ein Schüler, der begabt und stinkend faul ist, bekommt bei ihr genauso eine Vier wie ein »Versager«, der sich aber immerhin bemüht hat. Um 22.30 Uhr erscheint die Hausmeisterin gähnend im Türrahmen, sonst würde der Streit um objektive Zensuren noch andauern.
    In der Zeit sehe ich mir lieber Fernsehübertragungen vom Eiskunstlauf an und wettere über die russischen und kanadischen Kampfrichter, die konsequent nur ihre Lieblinge mit Höchstnoten belohnen. Und die dennoch von Elternprotesten und Verwaltungsgerichten verschont bleiben.

Vorsicht, Tanzen schadet Ihrer Beziehung!
    D as Paar bleibt mitten

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