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Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Titel: Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Frydrych
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ist alles zwei Nummern zu klein. Aber man kann die Hemdchen notfalls hinten aufschneiden oder einfach ein paar Tücher um mich drapieren und festklammern. Der Stylist ist zuversichtlich und verpackt mich als erstes in etwas Türkis-Gelb-Gestreiftes. Meinen offenen Widerstand trägt er mit Humor.

    Die feingliedrige Visagistin betont, dass sie sonst eher Models und Schauspielerinnen bemalt. Ihr Talent ist im Grunde an mich verschwendet. Ich nehme ohne größere Ehrfurcht vor dem Spiegel Platz.
    Im Handumdrehen hat sie mit einem Rasiermesser meine Augenbrauen entfernt. »Sie haben doch nichts dagegen? Die wachsen in zwei Wochen wieder nach!«, flötet sie und malt mir neue Augenbrauen, zwei Zentimeter über den abrasierten. Rabiat wischt sie mir meine Make-up-Versuche aus dem Gesicht. Ihre Wässerchen und Lotionen treiben mir Tränen in die Augen.
    »Nein, so kann ich nicht arbeiten. Ihnen steht ja Wasser auf den Augen. – Machen wir mal eine Pause!«, ordnet sie an. Stylist, Fotograf und Visagistin trinken erst mal einen Espresso lungo. Ich verzichte lieber, sonst stehen mir nachher noch Schweißperlen auf der Stirn und behindern die Arbeit der Make-up-Künstlerin.
    »Hach, super, du kommst grad aus London? Was hast du denn geschossen?« (Nein, die reden nicht von Treibjagden, sondern von Fotos.)
    Als meine Tränen getrocknet sind, geht es weiter. Schicht für Schicht wird mein Gesicht eingegipst, neu formatiert und angepinselt. »Mal stretchen!« sagt die anämischeDame streng. Ich bin ratlos. Sie macht es mir vor: Ich muss meine Mundpartie so strammziehen, als müsste ich ein lockeres Gebiss am Platz halten. So kann sie mich besser pudern.
    Am Ende der Prozedur wehre ich mich mit Leibeskräften dagegen, dass meine goldenen Locken verkleistert und platt geföhnt werden. Die Visagistin rollt entnervt die Augen und wendet sich Hilfe suchend an die Männer. Vielleicht können die mich zur Räson bringen? Sonst muss die Redaktion meine widerspenstigen Haare aufwändig retuschieren!
    Als ich dem Fotografen zugeführt werde, ist mir unklar, warum für mein neues Erscheinungsbild soviel Zeit nötig war, aber ich bin ja nur eine Statistin in dieser Veranstaltung. Genauso gut könnten die drei ein Schaf oder eine Eisbombe fotografieren.
    Ich muss stocksteif stehen. Drei Scheinwerfer heizen mir ein. Nach jeder »Fotostrecke« kommen sie mit Klammern und Bürsten, postieren, pudern und richten mich neu. »Mal stretchen!« schnauzt die Visagistin und reißt mir mit der Bürste ganz aus Versehen ein paar Haare aus. Zur Strafe, weil ich mich nicht ordentlich habe frisieren lassen.
    Der Fotograf steht auf einer Leiter über mir und heißt mich, das Kinn vorzurecken, zu lachen, dabei die Augen offenzuhalten und ganz locker zu sein. Probieren Sie das mal!!! Leider motiviert er mich überhaupt nicht so, wieich es von Heidi Klums Fotografen aus dem Fernsehen kenne: »Ja, Baby, zeig’s mir. – Ja, Baby, gib’s mir! – Das ist es! – Oh, du bist fantastisch, Baby!«
    Meine Beine verkrampfen. Ich weiß nicht, wohin mit den Armen. Mein Lächeln wird so bleiern wie beim manchen Elterngesprächen. Viermal muss ich mich umziehen. Jedes Mal staubt mich die Visagistin neu ein. Mittlerweile trage ich fünf Schichten Lippenstift. Drei Stunden lang versuche ich angestrengt, locker zu sein. Die Fachkräfte sehen mir dabei kritisch zu. Dabei erörtern sie, wie man bei echten Stars die Krähenfüße und das Doppelkinn wegpflastern und abbinden würde. Mir bleibt das erspart.
    Erst mit den letzten Bildern scheint der Fotograf zufrieden zu sein. Da trage ich endlich das, was mir am besten gefällt: schöne dunkle Tarnfarben. Außerdem habe ich die Brille abgenommen, damit ich die skeptischen Gesichter nicht mehr sehe. Freudig flüstere ich vor mich hin: »Gleich kann ich gehen, gleich kann ich gehen!« Das bringt anscheinend die erwünschte Lockerheit voll rüber. Ein echter Wirker und Hingucker! Die drei sind zufrieden.
    In der U-Bahn sehen mich die Leute so seltsam an. Erst daheim bemerke ich im Spiegel, wie viele Farbschichten mein Gesicht bedecken. Mein Partner bestaunt die Polaroids, die ich dem Fotografen geklaut habe, und meint ehrfürchtig: »Da drauf siehst du ja fünfzehn Jahre jünger aus!«
    Ich habe bis auf weiteres die Kommunikation mit ihm eingestellt!

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