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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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anzusehen war. Doch dann sprang er plötzlich auf und verließ ohne ein weiteres Wort die Schänke.
    »Hoffentlich fressen ihn diesmal unterwegs die Wölfe«, meinte Gerhild giftig und warf dem Priester einen missbilligenden Blick zu.
    Als Helme in seinen Stall trat, tänzelte der Schimmel dort unruhig hin und her. Der plötzliche Lichteinfall hatte ihn erschrocken. Eilig legte Helme dem Tier das Zaumzeug an und den Sattel auf und trat mit ihm ins Freie. Einen Augenblick überlegte er, seine Kate anzuzünden und alles in Schutt und Asche zu legen. Der Verwesungsgestank würde sich ohnehin nie mehr verziehen, und mit dem Entzünden seines Heims könnte er den Nachbarn vor seinem Weggang noch einmal zeigen, was er von ihnen hielt. Dass er je hierher zurückkommen würde, glaubte er nicht. Die Erinnerungen, die er mit dieser Stadt verband, waren alles andere als gut. Wie ein Verbannter hatte er seine Zeit hier abgesessen. Doch damit war nun Schluss. Er schwang sich auf sein Pferd und warf noch einen letzten Blick zurück. Sollte sich doch der Gestank, der in der Kate herrschte, in ganz Lünen ausbreiten. Auf diese Weise konnte er diesem Pack, selbst wenn er schon längst fort war, noch eins auswischen. Hämisch grinsend hieb er seinem Pferd die Fersen in die Flanken und stürmte in nördlicher Richtung davon.

    Obwohl er noch gut eine Stunde hätte weiterreiten können, bevor das Licht des Tages seine Kraft verlor, beschloss Wyland in Lünen zu übernachten. Er war so gut vorangekommen, dass er Köln am morgigen Tag in jedem Fall erreichen würde. Müde ritt er bis zu einem Gasthaus, vor dem er anhielt und vom Pferd stieg. Der Zossen schreckte auf, als ein Reiter, wie vom Teufel gejagt, an ihm vorbeipreschte. Ein beunruhigendes Gefühl stieg in dem Patrizier auf. Er meinte, den Mann auf dem Schimmel, den er nur noch von hinten sah, schon einmal gesehen zu haben. Er kniff die Augen zusammen und schaute ihm noch so lange hinterher, bis er aus seinem Blickfeld verschwunden war. Wyland schüttelte den Kopf, legte das Reitgeschirr seines Pferdes über einen Pflock und betrat die Schänke. Selbst wenn er den Reiter schon einmal gesehen hatte, wollte ihm doch nicht einfallen, wo und wer dieser überhaupt war.
    In dem Gasthaus stand eine garstig dreinblickende Wirtin hinter dem Tresen und wetterte über die Tische hinweg einen Geistlichen an, der im hintersten Teil des Raumes auf einer Bank saß.
    »So wie der hinausgestürmt ist, wird es etwas mit Anna zu tun gehabt haben, Pater. Und ich schwör Euch an dieser Stelle und bei allem, was mir heilig ist: Sollte der armen Kleinen wegen der Auskunft, die Ihr dem Halunken gegeben habt, irgendetwas geschehen, dann kann Euch der Allerhöchste selbst nicht mehr beschützen, so wahr ich hier stehe!«
    »Ich habe ihm lediglich die Nachricht vorgelesen, die der Bote für ihn hinterlassen hat.« Die Stimme des Predigers klang brüchig.
    »Und was war das für eine Nachricht?«
    »Das kann ich weder dir, Gerhild, noch einem anderen hier sagen. Es steht mir nicht zu.«
    »Gebe der Herr, dass Ihr Euch nicht versündigt habt, Pater! Gebe es der Herr!«
    Erst jetzt schien die Wirtin Wyland zu bemerken, der ruhig den Disput zwischen ihr und dem Priester verfolgt hatte.
    »Kann ich Euch helfen, Herr?«
    »Ich suche eine Bleibe für die Nacht und einen Stall für mein Pferd.«
    »Wir haben oben eine Kammer frei. Die könnt Ihr haben.«
    In diesem Moment trat ein breitschultriger Mann aus einem Nebenraum zu der Wirtin.
    »Utrich, wir haben einen Gast«, stellte Gerhild fest und wandte sich wieder Wyland zu.
    »Mein Mann wird Euch alles zeigen. Das Zimmer bezahlt Ihr vorab, ebenso das Heu für Euer Pferd.«
    Wyland nickte. »Ist gut.«
    Utrich bedeutete ihm, dass sie dazu die Schänke verlassen mussten, und trat dann hinter dem Gast ins Freie.

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    41 . Kapitel
    N achdem Esther nun im Hause ihres Großvaters lebte, war für Anna die Frage, ob auch sie dessen Angebot annehmen und dort wohnen sollte, entschieden. Gawin jedoch wollte bei Margrite bleiben. Besonders das Zusammensein mit Hanno, aber auch die väterliche Freundschaft, die ihn mit Anderlin verband, ließen ihn in dem viel kleineren alten Fischerhaus, in dem er eine Heimat gefunden hatte, verbleiben. Margrite nahm es Anna nicht übel, umgezogen zu sein. Nachdem ihr diese berichtet hatte, dass im Haus ihres Großvaters vor kurzem eine junge Frau untergekommen war, die ein wahres Martyrium erlebt hatte und der sie nun dabei helfen wollte,

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