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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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sprich mit deinem Enkel. Sag ihm, was gegen ihn vorgebracht wurde. Ich werde dagegen den Rat über die Sache informieren, jedoch klarstellen, dass wir von einer üblen Verleumdung ausgehen, die einer eindringlichen Untersuchung bedarf.«
    »Hab Dank, dass ich auf dich zählen kann.« Die letzte Stunde hatte ihre Spuren in Siegberts Gesicht hinterlassen. Erschöpft hastete er die Stufen hinab und verließ das Rathaus.

    Helme und Hermannus hatten ihre Pferde zum Stehen gebracht. Während der Kirchenmann zur Spitze des Doms hinaufsah, inspizierte sein Begleiter die nähere Umgebung. Auf dem Marktplatz waren zwar einige Stände geöffnet, doch das übliche Treiben, das an solchen Örtlichkeiten für gewöhnlich herrschte, suchte man hier vergebens.
    Merkwürdigerweise fühlte er sich auf einmal beobachtet. Suchend ließ er seinen Blick umherschweifen, konnte aber niemanden ausmachen, der ihn eingehend gemustert oder gar angestarrt hätte. Das Mädchen, dem bei seinem Anblick vor Schreck die Perlen zu Boden gefallen waren, die es nur einen Augenblick zuvor bei einem der Händler gekauft hatte, konnte er nicht sehen. Zu schnell war es hinter einem der Stände abgetaucht und, in dessen Schutz geduckt, vom Platz gelaufen, ohne sich noch um die kostbare Ware zu kümmern, die schimmernd vor ihm im Dreck gelegen hatte.
    Esther rannte, so schnell sie ihre Beine trugen. Das Herz schlug wild in ihrer Brust, und das Blut pulsierte laut in ihren Ohren. Ihr war eiskalt und heiß zugleich, kleine Schweißtropfen rannen ihr die Stirn hinab. Und obwohl sie gerade erst losgerannt war, klebten ihr die Kleider bereits völlig durchnässt am Körper.
    Wenig später hatte sie schon das Goossensche Haus erreicht, wo sie fast den Hausherrn umgerannt hätte, der gleichzeitig mit ihr dort eingetroffen war. Auch er schien gehetzt, nahm jedoch die Bestürzung in Esthers Blick wahr.
    »Was ist geschehen, Kind? Du siehst aus, als wärst du dem Leibhaftigen selbst begegnet.«
    Statt einer Antwort schob sie ihn ins Haus, schloss die Tür hinter ihnen und legte hastig den Riegel vor. Sie keuchte.
    »Er ist hier!« Mehr brachte sie nicht heraus, bevor sie mit dem Rücken an der Tür zu Boden glitt und einen kurzen, erstickten Schrei ausstieß.
    »Himmel, du bist ja völlig außer dir!« Siegbert sah zum Nähraum hinüber, unschlüssig, wie er sich verhalten sollte. Er musste Gawin dringend die Nachricht aus dem Rathaus überbringen, konnte die Jüdin in diesem Augenblick jedoch auf keinen Fall sich selbst überlassen.
    »Marquardt, Gertrud, Anna, Gawin!«, brüllte er durchs ganze Haus. Sofort kam einer der beiden Wachleute, die sonst ihren Platz im Korridor einnahmen, aus der Küche gelaufen.
    »Ist etwas geschehen, Herr? Braucht Ihr Hilfe?«
    Auch die Tür des Nähzimmers öffnete sich auf sein Rufen hin, und Anna schaute mit schreckgeweiteten Augen nach draußen. »Mein Gott, Esther!« Sie stürmte auf die Freundin zu und nahm sie sogleich in den Arm. »Wurdest du überfallen? Bist du verletzt?«
    Esther schüttelte nur schluchzend den Kopf, brachte aber noch immer keine weitere Erklärung heraus.
    In diesem Moment klopfte es an der Haustür. Siegbert entfuhr ein gotteslästerlicher Fluch. Wenn das bereits die Büttel waren, die Gawin zum Verhör abholen wollten, hatte er ihn nicht einmal mehr schonend darauf vorbereiten können.
    »Öffnet nicht!«, schrie Esther und krallte sich in Annas Kleid.
    »Wer ist da?« Siegberts Stimme klang noch tiefer als sonst und so grimmig, dass selbst Anna angst und bange wurde.
    »Marquardt«, kam die knappe, verdutzt klingende Antwort.
    Von Goossen schob Esther sanft ein Stück beiseite, damit er die Tür öffnen konnte.
    Marquardt trat ein und war angesichts der Situation, die er vorfand, sichtlich verstört. Zumal sein Herr, kaum dass die Tür geschlossen war, den Riegel auch schon wieder ruckartig vorgelegt hatte.
    »Was ist denn nur?«, stammelte Marquardt und blickte auf die weinende Esther hinab.
    »Wir waren eben noch auf dem Markt und haben Perlen für eine Stickerei gekauft, da wurde sie kreidebleich, ließ den teuren Schmuck achtlos zu Boden fallen und rannte, als wäre der Teufel hinter ihr her.« Er zog ein Tuch mit den schmutzigen Perlen hervor. »Ich habe alle aufgesammelt, die ich finden konnte, doch verbürge ich mich nicht dafür, in diesem Dreck noch alle gefunden zu haben.«
    Anna blickte verwirrt von Marquardt zu der weinenden Esther in ihrem Arm. Behutsam führte sie sie schließlich zu einem

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