Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
Vom Netzwerk:
Stuhl, drückte sie sanft auf die Sitzfläche und kniete sich zu ihren Füßen nieder.
    »Versuch, dich zu beruhigen. Dir kann hier nichts geschehen.«
    Doch es dauerte noch eine ganze Weile, bis sich Esther wieder so weit gefasst hatte, dass sie etwas sagen konnte.
    »Er ist hier«, flüsterte sie. »Der Mörder meines Vaters ist in der Stadt, um zu vollenden, was er in Köln begonnen hat.«
    »Was?« Siegbert entglitten die Gesichtszüge. »Woher soll er wissen, dass Wyland dich zu mir nach Bremen gebracht hat?«
    »Ich weiß es nicht.« Es klang erschöpft. »Doch er war es. Er saß auf einem Pferd und sah sich gemeinsam mit einem christlichen Geistlichen den Dom an.«
    »Dort waren in der Tat zwei Männer auf Pferden«, bestätigte Marquardt, »die ich in der Stadt noch nie zuvor gesehen habe und die das Gotteshaus betrachteten.«
    »Der auf dem Schimmel ist der Mörder meines Vaters.« Esther sank wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl in sich zusammen, und Anna hielt sie an den Schultern fest, damit sie nicht nach vorne überkippen konnte.
    »Was wollen wir jetzt tun?« Sie sah ihren Großvater fragend an, der sich an die Stirn fasste.
    »Wir müssen sofort einen Boten zu Wyland schicken«, entschied er rasch. »Nach dem, was er mir berichtete, ist der Mann ein in Köln gesuchter Mörder, der nun offenbar den Weg zu uns gefunden hat. Doch auch hier ist etwas geschehen, das ich euch …«
    Es klopfte dröhnend an der Tür. »Öffnet! Die Büttel der Stadt Bremen fordern Einlass!«
    Siegbert ballte die Hände zu Fäusten. »Anna, wo steckt Gawin?«, flüsterte er ihr zu.
    »In der Werkstatt! Weshalb?« Auch sie hatte die Stimme gesenkt.
    Er legte den Finger an die Lippen. »Frag jetzt nicht, Kind, sondern tu, was ich dir sage. Du nimmst jetzt den Ausgang über den Hof, läufst zu ihm und trägst ihm auf, sich sofort zu verstecken. Und zwar am Hafen in einem Lager mit Handelsware, das ich dort unten habe.« Er drehte sich um. »Marquardt, du begleitest sie und nimmst die Schlüssel mit. Ich selbst werde euch von dort wieder abholen, sobald es mir möglich ist.«
    »Aber …?«
    Siegbert schüttelte den Kopf und brachte Anna damit zum Schweigen. »Schnell«, zischte er. »Hinten hinaus! Ich erkläre es euch später.«
    Wieder klopfte es. »Ratsherr von Goossen, bitte öffnet die Tür!«
    Gertrud war mittlerweile mit einem Tuch in den Händen aus der Küche gekommen und sah Anna und Marquardt verwirrt hinterher, die sich ohne Gruß flink an ihr vorbeigedrückt hatten.
    »Mach ihnen auf, sobald ich es dir sage!« Siegbert zog Esther vom Stuhl und zerrte sie hinter sich her die Stufen hinauf. Oben angekommen, wies er sie an, in ihr Zimmer zu gehen.
    »Was ist denn da vor der Tür los?«, rief er laut vernehmlich vom Treppenabsatz. »Gertrud, öffne und sag mir, wer es wagt, in dieser Weise Einlass zu begehren!«
    Seine Haushälterin nickte ihm zu und ging zur Tür. »Ich komm ja schon. Und hoffentlich habt Ihr einen guten Grund für Euer Rumgebrülle.«
    Langsam schob sie den Riegel zurück und öffnete die Tür nur so weit, dass nicht einmal ihr Kopf durch den schmalen Spalt hindurchgepasst hätte.
    »Wer seid Ihr, und was wollt Ihr?«
    »Wir haben den Auftrag, den Enkel des Ratsherrn von Goossen mitzunehmen. Lasst uns eintreten.«
    »Ihr klopft an und fordert Einlass? Wer glaubt Ihr wohl, wer Ihr seid? Höflich bitten dürft Ihr, und dann werde ich Eurem Wunsch entsprechen. Ansonsten hole ich die Wachen, die Euch beibringen werden, in welcher Weise man in einem guten Hause eine Bitte vorträgt!«
    Siegbert schmunzelte ob Gertruds Art, die Büttel hinzuhalten und Anna und Marquardt dadurch einen gehörigen Vorsprung zu verschaffen, wenngleich sie nicht einmal wusste, worum es ging.
    Der Büttel räusperte sich. »Wir sind vom Rat geschickt und bitten Euch höflich uns einzulassen, um den Enkel des Herrn von Goossen zum Verhör mitzunehmen.«
    »Wenn Ihr so nett fragt, tretet ein.« Sie gab die Tür frei, drehte sich zu Siegbert und grinste breit, ohne dass es die Büttel sehen konnten.
    Der zweite Wachmann von Goossens war an die Seite seines Kameraden getreten und baute sich kampflustig vor den Bütteln auf. Doch diese bedrohliche Geste war nach Gertruds Standpauke gar nicht mehr nötig. Die beiden Büttel, zwei gestandene Mannsbilder, legten auch so schon eine gehörige Portion Respekt an den Tag.
    »Verzeiht uns die Störung, Ratsherr von Goossen!«
    Siegbert war die Treppe heruntergekommen und trat nun auf die

Weitere Kostenlose Bücher