Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
Vom Netzwerk:
hinüber und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Ich weiß das, Gawin. Und Bürgermeister Doneldey ebenfalls. Du musst dir Feinde gemacht haben. Nur ist mir der gesamte Zusammenhang noch nicht klar.«
    »Aber …«, stammelte der Beschuldigte erneut. »Wer behauptet das nur, und vor allem, warum?«
    »Kennst du einen Burschen namens Leupold?«
    »Nein.«
    »Er ist derjenige, der die Aussage vor dem Rat gemacht hat.«
    »Ich schwöre dir, ich kenne niemanden, der so heißt.«
    »Aber was könnte er gegen dich haben, wenn du ihn nicht einmal kennst?« Siegbert rieb sich nachdenklich das Kinn.
    »Wer sind die anderen?«, fragte Marquardt, der hinter seinem Herrn stand und das Gespräch verfolgt hatte.
    »Einer hieß Arnulf, ein anderer Greimolt, Niklas und …«, der Ratsherr brach ab.
    »Und?« Gawin sah ihn fragend an.
    »Und Hanno.«
    Anna sprang auf. »Das hat er nicht getan! Hanno würde so etwas niemals über Gawin sagen. Das kann nicht sein!«
    »So steht es in der Aussage, die dieser Leupold vor dem Ratsschreiber gemacht hat.«
    Eine Weile sagte keiner mehr etwas. Anna setzte sich wieder auf die Kiste, dicht neben Gawin.
    »Doch es ist jetzt nicht von Bedeutung, wer was gesagt hat. Es ist wichtig, dass du selbst ins Rathaus gehst, um dich zu stellen.«
    »Was? Ich soll mich stellen? Sie werden mich hängen!«
    »Nein, es wird eine Untersuchung geben. Und es ist erforderlich, dass du deinen Teil dazu beiträgst, um die Morde aufzuklären.«
    »Und warum sollte ich mich dann erst hier verstecken, wenn ich am Ende doch wie ein Lamm zur Schlachtbank trotte?«
    »Damit du dich selbst stellen, auf diese Weise mit ganz und gar reinem Gewissen vor den Rat treten und dich gegen die Anschuldigungen wehren kannst – und nicht weil dich die Büttel dorthin gebracht haben.«
    »Aber wie soll ich den Räten denn meine Unschuld beweisen?«
    Siegbert umfasste seine Hände. »Ich verstehe, dass du Angst hast. Doch wenn du jetzt fliehst, wirst du dein ganzes Leben lang fliehen müssen. Du musst mir vertrauen, Gawin.«
    »Ich vertraue dir doch. Und ich vertraue auf das Gewicht deiner Fürsprache im Rat. Ich weiß, wäre ich allein, würde mir dort niemand sein Ohr schenken.«
    »Dann hör auf mich und lass uns jetzt zusammen zum Rathaus gehen.«
    »Dein Großvater hat recht, Gawin«, bekräftigte Marquardt. »Wahrscheinlich würdest du nicht einmal aus der Stadt kommen.«
    Siegbert erhob sich von seinem Platz. »Vertrau mir, Junge«, forderte er abermals. »Und nun komm, lass uns gehen.«
    »Ich werde euch begleiten.« Anna stand ebenfalls auf, zog Gawin mit sich nach oben und nahm ihn dann bei der Hand.
    »Dann kommt.«
    Gemeinsam verließen sie das Lagerhaus und schlugen den direkten Weg zum Rathaus ein. Unterwegs hielten sie Ausschau nach den Bütteln, um diesen zu guter Letzt nicht doch noch in die Arme zu laufen und damit die Wirkung, die Gawins freiwilliges Erscheinen vor Gericht auslösen sollte, zu zerstören. Doch niemand begegnete ihnen unterwegs, und als sie das Rathaus erreichten, wähnte Siegbert wenigstens die erste Etappe zu Gawins Freispruch schon einmal für gewonnen.
    »Ratsherr von Goossen«, grüßte ihn einer der Wachleute und verbeugte sich.
    »Ich habe meinen Enkel gefunden, und er ist bestürzt ob der Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden. Gebt sogleich dem Vogt Bescheid und lasst nach den Ratsherren schicken. Meine Haushälterin erwartet uns zum Abendessen, und ich sehe nicht ein, dass der Stuhl meines Enkels dann leer bleiben sollte.«
    Der Wachmann verbeugte sich abermals und tat wie ihm geheißen.
    Es dauerte seine Zeit, bis der Rat erneut vollständig versammelt war. Bürgermeister Doneldey war als einer der Ersten eingetroffen und nahm Siegbert von Goossen beiseite.
    »Du hast ihm gesagt, was man ihm zur Last legt?«
    »Ja.«
    »Wie hat er darauf reagiert?«
    »Wie sollte er wohl? Er war entsetzt, erschrocken, wütend. Einer derjenigen, die ihn gesehen haben wollen, ist sein bester Freund.«
    »Das ist eine üble Sache. Aber es hat sich noch etwas anderes ergeben, was die Sache nicht besser macht.«
    »Was?«
    »Jordan, der Meister deines Enkels, war erst kürzlich bei einem der Schreiber, hat ein Dokument aufsetzen und hinterlegen lassen.«
    Siegbert schwante Übles. »Was steht darin?«
    »Er hat seinen Nachlass geregelt. Gawin bekommt alles.«
    Von Goossen senkte den Kopf, und als er ihn wieder hob, sah er den Freund zunächst nur an und meinte dann: »Um Himmels willen!«
    Der

Weitere Kostenlose Bücher