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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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Mittagsstunde.«
    »Gut, und wo?«
    »Vor dem Dom, schlug sie vor.«
    »Ich danke dir, Marquardt.«
    Er verbeugte sich und verschwand in Richtung Küche.
    »Sie scheint mir eine umsichtige Frau zu sein, deine Freundin«, bemerkte Siegbert.
    Unvermittelt ging Anna zu ihm hinüber und umarmte ihn.
    »Ja, das ist sie.« Fest schmiegte sie sich an ihn, und er erwiderte die liebevolle Geste.
    »Nanu, womit habe ich mir das denn verdient?«
    »Damit, dass du mein Großvater bist«, gab Anna zurück. »Und damit, dass du so bist, wie du bist.« Sie lächelte, und beide genossen diesen Moment der Unbeschwertheit.

    Als Anna am Mittag zum Dom ging, überwog die Freude in ihr, Margrite nach so langer Zeit gesund wiederzusehen. Gertrud begleitete sie noch ein gutes Stück bis zu den Marktständen. Doch von dort aus konnte Anna bereits die kräftige Gestalt, die vor dem Westportal des Doms auf sie wartete, erkennen.
    Sie beschleunigte ihren Schritt und rannte das letzte Stück sogar, bis die herzliche Umarmung Margrites sie zum Stehen brachte.
    »Du hast mir so gefehlt!« Anna drückte ihr einen herzhaften Kuss auf die Wange.
    »Ach, meine Kleine, ist das schön! Gehen wir ein Stück?«
    Sie schlenderten ohne Ziel durch die Gassen. »Hat Binhildis noch sehr lange leiden müssen?«
    Margrite nickte. »Ja, und es war schrecklich zusehen zu müssen, wie die Arme sich quälte, ohne ihr helfen zu können. Glücklicherweise hat sich meine Befürchtung, Anderlin oder ich könnten uns angesteckt haben, nicht bestätigt.«
    »Hast du von den Beschuldigungen gegen Gawin gehört?«
    »Ja, aber erst heute Morgen. Wir waren die ganzen letzten Tage nicht mehr draußen. Als ich es erfuhr, bin ich fast umgefallen vor Schreck. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich dich um dieses Treffen bat.«
    »Was meinst du?«
    Sie waren stehen geblieben. »Gawin hat die Meister nicht ermordet.«
    »Ich weiß, dazu wäre er nicht fähig. Doch wir müssen seine Unschuld beweisen. Und damit sieht es nicht gut aus.«
    »Das meine ich nicht.« Margrite fuchtelte mit der Hand. »Ich weiß genau, dass er es nicht war.«
    »Woher?«
    »Weil der Täter es mir selbst erzählt hat.«
    »Du weißt, wer es war?« Annas Stimme überschlug sich.
    »Mach dich darauf gefasst, dass diese Nachricht alles andere als schön ist«, bereitete Margrite sie vor. »Es war Hanno zusammen mit einigen anderen.«
    »Also hatte Gawin doch recht damit, dass Hanno etwas mit Jordans Tod zu tun hat. Und nun versucht er also auf diese Weise …«
    »Was?«
    »Hanno ist einer von denen, die Gawin der Tat beschuldigen und als Zeugen gegen ihn aussagen.«
    »Oh, mein Gott! Aber weshalb? Sie waren Freunde.«
    »Sag das Hanno. Er scheint es nämlich vergessen zu haben. Seine Aussage hat er jedenfalls bis heute nicht zurückgezogen. In zwei Tagen findet auf dem Marktplatz die Verhandlung statt. Und wenn bis dahin nicht noch ein Wunder geschieht, ist es um Gawin geschehen.« Sie hatte die Hände ihrer Freundin ergriffen.
    »Dass Hanno und die Aufrührer es Gawin anhängen wollen, wusste ich noch nicht. Ich war gleich, nachdem ich in der Früh von den Anschuldigungen erfuhr, im Rathaus, um dort meine Aussage über das zu machen, was Hanno mir gestanden hat.«
    »Und?«
    »Man hat mich nicht vorgelassen. Zeugen sollen in der öffentlichen Verhandlung auf dem Marktplatz angehört werden, wie es die Ordnung verlangt.«
    »Wie es die Ordnung verlangt«, wiederholte Anna spöttisch. »Was ist das für eine Ordnung, in der viele Mörder mit dem Finger auf einen Unschuldigen zeigen und man ihre Worte für bare Münze nimmt?«
    Sie gingen weiter, bis sie das Goossensche Haus erreichten.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann, um doch noch beim Rat Gehör zu finden. Und du berichte bitte umgehend deinem Großvater von unserem Gespräch, vielleicht kann er ja seinerseits auch etwas unternehmen.«
    »Warum kommst du nicht gleich mit und sprichst selbst mit ihm? Womöglich hat er oder der Advokat einen Einfall, wie sich deine Aussage am besten nutzen lässt.«
    Margrite sah an dem stattlichen Haus hinauf, das ihr mit all seiner Pracht Respekt abzufordern schien und diese Wirkung nicht verfehlte.
    »Wenn es Gawin hilft.« Es klang unsicher und ein wenig halbherzig. Das Lächeln Annas, die ihre Freundin darauf an der Hand nahm und beschwingt mit ihr das Haus betrat, ließ ihre Unsicherheit jedoch schnell wieder schwinden.

    Er hatte dieses Weib schon einmal gesehen, doch ihm wollte ums Verrecken nicht

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