Die Duftnäherin
Schulter. »Du bereitest alles vor, wie wir es besprochen haben. Um das Kerkerpack kümmere ich mich.«
»Ich glaube, mein Bruder hat einen Verdacht, dass ich in der Sache mit drinstecke.«
»Hat er Beweise?«
Egidius schüttelte den Kopf. »Wohl nur eine Ahnung. Aber wir sollten auf der Hut vor ihm sein.«
»Das bin ich immer«, gab Helme gleichmütig zurück. »Um deinen Bruder kümmern wir uns später. Solange er nur Mutmaßungen und nichts Konkretes in der Hand hat, haben wir nichts zu befürchten.« Er versuchte dem Patrizier Mut zu machen, merkte jedoch, dass der mit seinen Gedanken woanders war. Mit beiden Händen drehte er Egidius’ Kopf zu sich herum und sah ihm eindringlich in die Augen. »Wenn du jetzt unüberlegt handelst, machst du genau das, was dein Bruder erreichen will.«
»Du hast recht.«
»Eben. Also geh jetzt.«
Der Gewürzhändler nickte und wandte sich zum Gehen.
»Ach, und Egidius …«
»Ja?«
»Halt schon einmal einen guten Tropfen für den Abend bereit. Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir dann etwas zu feiern.«
Der Patrizier lächelte freudlos ob der Bemerkung, die das schlechte Gefühl, das ihn seit der Ratssitzung wie ein treuer Hund begleitete, jedoch nicht verdrängen konnte.
»Ihr glaubt, jemand hat sie für ihr widerliches Theater bezahlt?« Benjamin hatte sich auf die Kante seines Stuhls niedersinken lassen und schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber weshalb?«
Wyland hob die Schultern. »Darüber können wir nur spekulieren.«
»Wie ernst schätzt Ihr die Lage ein?«
Der Angesprochene stieß einen Seufzer aus. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. »Das kommt darauf an, was bei der Befragung der Aufrührer herauskommt.«
»Wann soll diese stattfinden?«
»Der Henker wurde direkt nach der Abstimmung mit ihr beauftragt. Wahrscheinlich also schon morgen.«
Benjamin nickte nachdenklich. Jeder weitere Tag, den er abwartete, konnte die Lage noch verschärfen. Andererseits scheute er sich davor, all das aufzugeben, was er sich in so vielen Jahren harter Arbeit aufgebaut hatte. Er seufzte. »Wenn es nur um mich ginge …«, sprach er seine Sorge laut aus. »Aber was ist mit Esther? Was, wenn ich zu lange warte und es am Ende zu spät ist?«
»Wisst Ihr wenigstens, wohin Ihr gehen könnt?«
»Es gibt viele Menschen, die uns helfen würden. Wir sind Juden.« Er lächelte. »Eine einzige große Familie vom Stamme Davids. Juden helfen Juden immer und überall.«
Wyland wusste darauf nichts zu sagen.
Mühsam stemmte Benjamin sich von seinem Stuhl hoch. Die letzten Tage hatten ihren Tribut gefordert. »Ich werde die Befragung dieser Menschen noch abwarten und dann eine Entscheidung treffen«, kündigte er an.
»Es freut mich, dass Ihr vorerst bleibt.« Den Gedanken, dass er hoffte, Benjamin möge seinen soeben gefassten Entschluss nicht bereuen müssen, behielt Wyland für sich.
»Nichtsdestotrotz werde ich weitere Vorbereitungen treffen, um Köln im Fall eines Falles so schnell wie möglich verlassen zu können.«
»Das ist sehr klug von Euch. Man weiß nie, wie sich die Dinge entwickeln.« Der Patrizier wurde nachdenklich. »Andererseits …«
»Andererseits was?«, forderte Benjamin seinen Gast dazu auf, sich ihm zu erklären.
»Ich nehme an, dass Ihr auch bemüht sein werdet, Eure ausstehenden Gelder einzutreiben.«
Der Jude verstand nicht, worauf sein Besucher hinauswollte. »Selbstverständlich werde ich meine Gelder einfordern. Es gibt so einige, die säumig und längst überfällig sind. Bisher habe ich keinen großen Wert darauf gelegt, sie einzutreiben. Aber in der jetzigen Situation …«
Wylands Stirn legte sich in noch tiefere Falten.
»Ihr sorgt Euch. Weshalb?«
»Habt Ihr Euch noch keine Gedanken darüber gemacht, warum es zu dieser Hetzjagd gekommen sein könnte?«
Benjamin zuckte mit den Schultern. »Die Pest geht um. Die Menschen haben Angst. Da suchen sie nach Schuldigen.«
Wyland wollte etwas entgegnen, behielt seine Überlegungen aber für sich. Was nützte es, wenn er Benjamin von seinem Verdacht erzählte, dass die Ereignisse der letzten Zeit ganz bewusst in die Wege geleitet worden sein könnten, damit Geldverleiher wie Benjamin aus der Stadt vertrieben und gewisse Leute dadurch des Ausgleichs ihrer Verbindlichkeiten enthoben waren? Womöglich würde dieser etwas Unüberlegtes tun, um sich die Rechtmäßigkeit seines Geschäfts und seines guten Rufes vom Rat bestätigen zu lassen. Nur der Herr allein wusste, wie weit die
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