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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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bestand demnach kein Zweifel. Während sie zwischen den Leuten stand, hörte sie, wie eine Frau einer anderen berichtete, dass während der letzten Messe, die der Erzbischof gehalten hatte, genau in dem Moment, in dem er die am heutigen Tage stattfindende Bestrafung angekündigt hatte, die Kirchentür von selbst aufgegangen und sämtliche Kerzen auf einen Streich erloschen waren. Dies sei ein Zeichen des Teufels, hatte der Erzbischof daraufhin gewettert und mit drohender Geste kundgetan, dass der Höllenfürst schon noch erleben würde, wie die Bremer ihresgleichen mit Schlägen straften, hätten sich diese doch nur allzu leicht von ihm zu Untaten verführen lassen. Anna stockte der Atem bei diesen Worten. Noch nie zuvor hatte sie einem Kampf gegen den Teufel beigewohnt oder bei einer öffentlichen Bestrafung zugesehen. In Lünen hatte der Prediger darüber geurteilt, was richtig und gottgefällig, was schlecht und verurteilungswürdig war. Die Strafen waren überschaubar gewesen. Ein paar Rutenhiebe hier, eine Wiedergutmachung durch gemeinnützige Arbeit dort. Nichts, was das Leben der Sünder gefährdet oder ihre öffentliche Demütigung bedeutet hätte. Und über Teufel und Dämonen hatte sie nur selten predigen gehört. Ihr schien, als hätte der Teufel immer einen großen Bogen um ihr Dorf herumgemacht und wäre nur in der Welt, die sie nach ihrer Flucht kennengelernt hatte, zu Hause.
    Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als der Karren mit seinen vergitterten Käfigen auf dem Marktplatz haltmachte und die Delinquenten auf das Podest hinaufgezerrt wurden, das rechts und links von Bütteln der Stadt flankiert war. Bewegung kam in die Menge. Die Menschen drängten nach vorn, um nur kein Wort von dem zu verpassen, was dort verkündet und mit Strafe belegt wurde. Von der gewaltigen Menschenwelle mitgeschoben, musste Anna mit einem beklemmenden Gefühl feststellen, dass sie nun keine Möglichkeit mehr hatte, dem Spektakel zu entkommen. Sie zweifelte nicht mehr daran, dass die Entscheidung, hierherzukommen, falsch gewesen war. Anna reckte den Hals, um zu sehen, ob ein Ende der Menschenmenge zu erkennen war. Doch wohin sie auch blickte, sah sie überall nur Köpfe. Die Leute standen sogar noch weit bis in die auf den Markt zu führenden Gassen hinein. Wie von selbst bewegten sich ihre Füße weiter in Richtung Podest, wo ihr Blick starr an einem der gefesselten Männer hängenblieb, der sich mit gesenktem Kopf und zitternden Schultern auf die Demütigungen vorbereitete, die in den nächsten Minuten auf ihn zukommen würden.
    Ein Mann trat mit einer Schriftrolle zwischen seinen Händen vor und begann, die Verstöße, die den Verurteilten zur Last gelegt wurden, der Reihe nach vorzulesen. Wieder war von Teufeln die Rede, die die braven Bremer Bürger zu ihrem Handeln verführt hätten. Den Tätern selbst war dagegen von einem gewaltigen Höllenfürsten, der in sie gefahren und verführt haben sollte, nichts anzumerken. Mit gesenkten Köpfen und in gekrümmter Haltung warteten sie auf ihre Bestrafung.
    Zwei von ihnen wurden, gleich nachdem der Redner geendet hatte, von den Bütteln gepackt und an die dafür bereitgestellten Pfähle gebunden. Die einfachen Leinenhemden, die ihnen übergeworfen worden waren, wurden zerrissen und ihre nackten Rücken den gaffenden und feixenden Menschen dargeboten.
    Ein prächtig gekleideter Ratsherr trat vor, hob die Hände, um für Ruhe zu sorgen, und wartete dann so lange, bis auch die letzte Stimme verhallt war.
    »Bürger!«, begann der Ratsherr zu sprechen. »Die Männer, die hier stehen, haben sich schuldig gemacht.« Er hob gebietend die Hand. »Doch sie waren es nicht allein«, setzte er seine Rede fort. »In den Straßen und Gassen hört man überall Stimmen, die da von Pest und dem großen Sterben schreien.«
    Er machte eine Pause und ließ seinen Blick über die Menge schweifen.
    »Hört, ihr braven Bremer! Schon oft hieß es, die Pest habe uns erreicht. Wir alle müssten sterben, wurde ausgerufen. Und doch stehen wir heute hier, kräftig und entschlossen, um unseren Feinden, und kämen sie auch als unsichtbare Krankheit zu uns, entgegenzutreten und ihnen die Bleibe in unserer geliebten Stadt zu verwehren.«
    Er ließ seine Worte auf die Menschen wirken, die wie gebannt zu ihm heraufschauten. Auch Anna konnte sich seiner imposanten Ausstrahlung nicht entziehen. Sie starrte ihn mit großen Augen an. Er setzte gerade wieder zum Reden an, als ihre Blicke sich trafen.
    »Und

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