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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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war besiegelt, darauf musste angestoßen werden. Bevor sie alle bedient hatte, eilte Wachtmeister Caviezel herbei, gefolgt von einem verschwitzten jungen Mann mit einer Haselgerte in der Hand.
    Herr Direktor –, keuchte der Wachtmeister.
    Alle standen da, die einen mit Schnaps im Glas, die anderen hielten es Hostetters Mutter noch entgegen, damit sie einschenken konnte, und schauten den Wachtmeister erwartungsvoll an.
    Der Bote hier, keuchte er, der kommt von Landammann Locher aus Ems, mit dem Ross, es ist etwas passiert –
    Frau Hostetter beeilte sich mit dem Einschenken, weil sie ahnte, dass da zwei unvereinbare Angelegenheiten zusammentrafen, ihr schöner Geschäftsabschluss und ein wahrscheinlich unangenehmes Ereignis.
    Eins nach dem anderen, sagte der Baron, hielt warnend seinen Zeigfinger in die Höhe und blickte in die Runde. Auf unser Geschäft! Und auf unsere Heimkehrer!
    Prost! Viva!, riefen alle durcheinander, kippten das Zwetschgenwasser und hatten die leeren Gläser in den Korb zurückgelegt, bevor das angenehme Brennen im Hals abgeklungen war.
    Nun ist das Nächste dran, sagte der Baron und blickte den Wachtmeister fragend an.
    Der Landammann vom Gericht Imboden, er bittet um Ihre Hilfe, Herr Direktor, sagte Wachtmeister Caviezel und zeigte einen Brief vor.
    In der Weihermühle, mischte sich der Bote nun ein, seiner Kleidung nach ein junger Bauer. Hinter Bonaduz, an der Straße nach Versam, eine schlimme Geschichte!
    Der Wachtmeister überreichte dem Baron den Brief, ohne Siegel, war wohl in Eile geschrieben worden, ein Bogen Papier, mehrfach gefaltet.
    Der Baron öffnete ihn und überflog die hingeworfenen Zeilen. Seine Miene wurde finster. Ja, sagte er dann, wir müssen nach Bonaduz, sofort, das duldet keinen Aufschub. Herr Otto, er sucht unverzüglich den Medizinalrat Kaiser auf, und wenn er nicht anzutreffen ist, den Doktor Gubler. Einer der beiden Herren muss uns begleiten. Wir müssen nach Bonaduz. Jetzt sofort! Was machen wir denn jetzt ohne den Venzin? Nun haben wir so ein schnelles Gespann, und keiner kann fahren?
    Der Baron hatte seine Frage laut in den Raum gestellt, um einmal mehr darauf hinzuweisen, wie hoffnungslos unterbesetzt die kantonale Polizei in Graubünden war. Noch bevor er selbst auf die Idee kam, meldete sich Linus Hostetter wieder zu Wort: Wir fahren das Gespann auch nach Bonaduz, nicht wahr, Karli? Ob zwei Gassen weiter oder nach Bonaduz, was spielt das schon für eine Rolle?
    Von mir aus nach Italien, Herr Direktor!, rief er begeistert in die Runde der Leute, die ratlos im Scheunengang der Viehhandlung standen. In diesem Augenblick wusste Hostetter nicht, wie nah er der Einlösung dieses Versprechens noch kommen würde.
    Das ist ein Wort, sagte der Baron zu Hostetters Vater. Genau zur rechten Zeit. Wir nehmen das Angebot mit Freuden an. Wachtmeister Caviezel wird mir helfen, auf schnellstem Weg einige Ausrüstung vom Sennhof herbeizuschaffen. Ratsherr Otto soll sofort den Doktor holen. Sobald er hier ist, werden wir losfahren. Der Kanton ruft um Hilfe. Meine beiden Soldaten sollen einspannen!
    Nun geht es schon wieder weiter, dachte Rauch, während er mit Hostetter die Kutsche nach vorn zog. Eigentlich hatte er vorgehabt, seinen Onkel, den Schmied, zu besuchen und nachzufragen, ob er vielleicht bei ihm arbeiten konnte. Das musste nun warten. Man sah Rauch nicht an, dass er sich Gedanken machte. Es gab etwas zu tun, also packte er mit an.
    27 Kurze Zeit später schlug eine Glocke von Sankt Martin die halbe Stunde vor elf. Der Medizinalrat Doktor Gubler kam mit einer Tasche herbeigeeilt. Der Baron kehrte ebenfalls mit Gepäck zurück. Wachtmeister Caviezel und Landjäger Majoleth trugen zusammen eine sichtlich schwere Holzkiste, in der freien Hand noch einen Leinensack, und verfrachteten alles in die Kutsche.
    Der Baron und der Doktor stiegen ein, Hostetter schnalzte mit der Zunge und lenkte das Gespann durch die Gasse zum Oberen Stadttor hin. Er saß mit Rauch auf dem Bock und scheuchte mit lauter Stimme die Leute auseinander. Außerhalb der Stadt fielen die Rappen auf ein weiteres Zungenschnalzen hin in Trab. Es ging rheinaufwärts, nach Westen, durch Obstgärten, Wiesen und Weiden, vorbei an einzelnen Bauernhöfen und am Dorf Felsberg, das auf der anderen Seite des Rheins am Fuß des Calanda lag.
    Während im Innern der Kutsche der Baron und der Doktor nochmals die Nachricht des Landammanns lasen und sich darüber berieten, was diese genau bedeuten mochte, freuten sich

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