Die Dunkelheit in den Bergen
den Täter zu kennen?
Weil der Franzisk gestern hier war!
Das ist alles?, fragte der Baron.
Der Tiroler hatte Streit mit dem Müller, wegen seinem Hund!
Und deshalb sollen mehrere Personen ermordet worden sein?
Der Knecht blickte den Verhörrichter mit offenem Mund an, dann blickte er betreten zu Boden.
Der Landammann wies mit ausgestrecktem Arm auf eine Böschung oberhalb des Weges: Dort drüben waren heute Morgen drei Männer am Mähen und sind vom Knecht zu Hilfe gerufen worden, als man unter der Treppe das Bein – hier stockte Landammann Locher und blickte entsetzt vom Verhörrichter zum Herrn Doktor und wieder zurück.
Alles der Reihe nach!, sagte der Baron in die entstandene Schreckenspause, wenn der Landammann so gut sein würde und diesem Herrn, Doktor Gubler, Medizinalrat aus Chur, zuerst die Opfer zeigen könnte, während sich alle anderen in gehörigem Abstand zur Verfügung halten und erst reden, wenn sie gefragt werden!
Ordnung, dachte der Baron und ging auf die Mühle zu, hier musste unbedingt und rasch eine Ordnung geschaffen werden.
Der Doktor und der Landammann folgten ihm.
29 Die Mühle stand am Rand einer sumpfigen Wiese, dahinter stieg die Böschung an, etwas weiter oben begann der Wald. Das Anwesen bestand aus dem Mühlengebäude und einem Stall, ein paar Schritte entfernt. Eine einfache Holztreppe mit Geländer führte an der Hausmauer entlang zum Eingang der Mühle hinauf. Unter der Treppe war kleingehacktes Tannenholz gestapelt. Der Stapel war eingestürzt. Unter den herumliegenden Scheiten ragte ein nacktes Bein hervor, ein Arm und der Kopf einer weiblichen Person.
Das linke Auge war geöffnet, schielte aber stark nach außen. Quer durch das rechte Auge verlief ein tiefer Schnitt, vom Jochbein über den gespaltenen Wangenknochen bis zum Kiefer hinab. Das war nur eine von zahlreichen Hieb-und Schnittwunden, mit denen der Frauenkörper übersät war. Das Nachthemd war blutgetränkt.
Ist die Person bekannt?, fragte der Baron.
Franziska Giesser aus Dornbirn, die frühere Magd des Müllers, erklärte der Landammann, gestern Abend ist sie unangekündigt zu Besuch gekommen, hat der Knecht behauptet.
Der Baron und Doktor Gubler standen vor der Leiche, betrachteten sie eine Weile schweigend, dann fragte der Baron: Und die anderen?
Drinnen!, stieß der Landammann hervor, und der Ausdruck in seinem breiten Gesicht verhieß nichts Gutes.
Sie gingen die hölzerne Treppe zur Eingangstür hinauf und bemühten sich, nicht in die Blutstropfen zu treten, die auf den Stufen zu sehen waren. Der Landammann folgte.
Die Blutspuren führten in den Vorraum und von dort in die Stube. Auch hier war Blut am Boden, besonders viel vor der Ofenbank. Der Baron hielt den Arzt am Ärmel zurück und wies auf ein chaotisches Muster aus blutigen Fußabdrücken und Schleifspuren, die zur hinteren Kammer wiesen. Den Blick gesenkt, um möglichst nicht ins Blut zu treten, näherten sich der Baron und der Doktor der Kammer. Der Landammann blieb im Vorraum stehen. Er hatte das Innere der Kammer bereits gesehen und wollte es kein zweites Mal tun.
In der Kammer bot sich ein grausiger Anblick. Der Boden war mit Blut regelrecht überschwemmt. Die Wände waren blutverschmiert, als hätte jemand ungeschickt mit den Händen gemalt. Auf dem blutgetränkten Bett lag ein Mann nackt auf einer ebenfalls nackten Frau. Beide Körper waren von zahlreichen Wunden entstellt. Der Mann hatte am Hinterkopf eine klaffende Wunde, sein Schädel war praktisch gespalten. Das Gesicht der Frau, ihnen zugewandt, war von Hieben verunstaltet.
Gütiger Himmel!, entfuhr es dem Doktor. Er hielt sich die Hand vor den Mund und wandte den Blick erschrocken ab.
Der Baron spürte es auf der Kopfhaut und im Nacken kribbeln, seine Haare stellten sich auf. Wer sind die beiden?, wollte er wissen.
Der Müller, rief der Landammann aus dem Vorraum, und seine Magd.
Baron von Mont kniff skeptisch die Augen zusammen. Am Zustand des männlichen Opfers sind keine Zweifel mehr angebracht. Würden Sie bitte bestätigen, Herr Medizinalrat, dass die weibliche Person ebenfalls tot ist? Nur zu unserer Sicherheit –
Der Doktor trat vorsichtig an das Bett, ergriff das Handgelenk der Frau und schaute geraume Zeit auf den Boden. Dann schüttelte er den Kopf und ließ die Hand los.
Ein Teufel hat hier gewütet, sagte der Baron. Er bückte sich und betrachtete die versehrten Körper, als versuche er eine Lücke zwischen ihnen zu entdecken. Das wird keine schöne Arbeit,
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