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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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bei Rauch einen großen Eindruck hinterlassen hatte und die ihn in Chur besuchen wollte.
    Das war also ihre dritte Begegnung.
    Als Hostetter sie erkannte, drehte er sich schnell weg. Geh in den Stall, wandte er sich schroff an Rauch, und sieh nach, ob die Rappen richtig versorgt sind!
    Aber Rauch hatte Franziska bereits erkannt. Er starrte auf den entstellten Körper, der vor ihnen lag, und sagte kein Wort. Seine Zähne knirschten, und die Kieferknochen traten hervor.
    31 Die da, sagte der Knecht und deutete auf die erste der drei Leichname, die nun nebeneinander auf dem Boden des Vorraums lagen, das ist Franziska.
    Hostetter und Rauch hatten die Magd die Treppe hochgetragen und auf Geheiß des Barons hier abgelegt. Danach hatten sie den deutlich schwereren Müller aus der Kammer geholt und daneben gelegt, am Schluss die jüngere Magd, sie war die leichteste.
    Franziska Giesser, berichtete der Knecht. Sie war früher die Magd von dem da, dem Müller. Dann ist im Frühling die neue Magd gekommen, die da, sagte er und deutete auf die hinterste Leiche, die Annamaria aus Valens. Und die Franziska ist dann zurückgegangen nach Dornbirn. Gestern Abend ist sie zu Besuch gekommen. Weil sie noch etwas offen hatte mit dem Müller, eine Geldangelegenheit. Und jetzt hat der Franzisk sie ermordet! Alle drei!
    Eine Geldangelegenheit, wiederholte der Baron. Wer ist denn dieser Franzisk, von dem er die ganze Zeit spricht?
    Franzisk, der Uhrenmacher aus dem Tirol, Franziskus Rimmel heißt er.
    Der Knecht stand betreten im Raum und knetete mit beiden Händen seine Kappe.
    Und wie heißt er selbst?, fragte der Verhörrichter den Knecht.
    Peter Bardolin.
    Er soll jetzt draußen warten, bis er befragt wird, ordnete Baron von Mont an und schickte ihn mit einer Handbewegung hinaus.
    Der junge Hauptmann Vieli hatte sich an einen einfachen Tisch gesetzt, der neben den Kornsäcken an der Holzwand stand, und sein Schreibzeug ausgepackt: Federn, ein Fläschchen schwarze Tinte, das Federmesser, eine Dose Sand, einen Stapel blassblauer Papierbögen. Den Stuhl hatte er sich aus der Stube geholt. Die Feder war gespitzt, der Kiel mit Tinte vollgesogen. Baron von Mont ging zwischen den Kornsäcken hin und her und diktierte. In winziger, gestochen scharfer Schrift setzte Hauptmann Vieli den Anfang des Protokolls auf den frischen Bogen: Im Auftrag des Herrn Verhörrichters Baron von Mont, in der Weihermühle, eine halbe Stunde von Bonaduz, Donnerstag, den 12. Juli 1821. Wir fanden vor an Ort und Stelle drei in der Mühle befindende von Blut und Wunden entstellte kalte Leichname. Müller Michael Blum, 36 Jahre. Annamaria Gartmann, 22 Jahre. Franziska Giesser, 34 Jahre.
    Der Doktor hängte seinen Gehrock an einen Nagel und nahm eine große Pinzette aus seiner Tasche und ein Maßband, wie es Schneider benutzten. Er ging neben der ersten Leiche in die Hocke und schob mit der Pinzette eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.
    Ihr beiden, wandte sich der Baron an Hostetter und Rauch, holt zwei Stühle aus der Stube und schickt den Landammann und den Statthalter herein, sie sind Zeugen der Untersuchung. Dann sorgt ihr draußen dafür, dass niemand hier hereinplatzt und uns stört. Der Doktor wird nun fortfahren.
    Als die andern hinausgegangen waren, beugte sich Doktor Gubler über die männliche Leiche und begann, mit langen Pausen, zu diktieren: Beim Michel Blum zeigte sich:
    1. An der linken Seite des Kopfes, vom Stirnbein, über das Schläfenbein, bis an das Hinterhauptbein eine beträchtliche Hiebwunde von 3 ½ Zoll in die Länge, welche durch den Schädelknochen tief in das Gehirn drang – an dieser Stelle traten der Landammann und der Statthalter ein, setzten sich auf einen Wink des Barons hin, und dem Hauptmann tropfte ein großer Tintenklecks auf das Papier.
    Doktor Gubler fuhr mit dem Diktat fort – vermutlich von einer Axt verursacht. 2. An der vorderen Seite der Schläfengegend, gerade ob dem Ohr, gleicher Seite eine Stichwunde, welche dreieckig und 1 Zoll in die Breite hatte, und ebenfalls bis in die Substanz des Gehirns drang. 3. Eine gleichmäßig geformte Stichwunde von ½ Zoll Breite ob dem linken Mundwinkel, wobei der Backenknochen durchstochen und die Wunde bis in die Mundhöhle drang.
    4. Eine heftige Stichwunde an der linken Seite des Halses von beinahe einem Zoll Breite, welche durch den ganzen Hals drang. 5. Eine Querwunde am vorderen Teil des Halses gerade unter der Schilddrüse von ¾ Zoll Länge, wobei aber nur die äußeren Häute

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