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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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richtig, sagte der Verhörrichter. Er ist gut verwahrt im Gefängnis in Chur und wird seine gerechte Strafe bekommen. Jetzt müssen wir ihren Mann und seinen Bruder finden.
    Ich habe sie einmal reden hören, sagte Anna Bonadurer. Über ein paar Männer aus Valendas. Ein lustiger Haufen soll das sein, wo es immer etwas zu trinken gibt und einen Schlaf-platz. Ich glaube, mein Mann war früher auch schon dort.
    Hat sie einen Namen gehört?, fragte der Verhörrichter.
    Von einem Alois haben sie erzählt.
    Der Verhörrichter machte Rauch ein Zeichen, etwas aufzuschreiben. Rauch kramte aus seiner umgehängten Weidtasche das Büchlein und den Stift hervor, die zu seiner Ausrüstung gehörten, und feuchtete mit der Zunge die Spitze des Stifts an.
    Alois aus Valendas, wiederholte der Verhörrichter, das ist ein guter Hinweis.
    Beide schauten Rauch dabei zu, wie er konzentriert Buchstaben in das Büchlein kritzelte.
    In der Küche steigerten sich die Kinderstimmen zum Geschrei.
    Sie sollte jetzt wieder zu den Kindern gehen, sagte der Verhörrichter.
    Was wird mit dem Hansmartin geschehen, wenn Ihr ihn findet?, wollte sie wissen.
    Das hängt davon ab, was er getan hat, lautete die Antwort.
    67 Im einzigen Wirtshaus in Versam aßen sie zu Mittag. Ein niedriger Raum, ein einziger großer Tisch mit Holzbänken, die Mahlzeit bestand aus Gerstensuppe, Brot, Käse, Wasser. Die Pferde blieben eingespannt. Abwechselnd passten Hostetter und Rauch draußen auf. Sie wollten keine Zeit verlieren.
    Eine halbe Stunde später trabten sie oberhalb der Rheinschlucht nach Carrera. Die Straße war holprig, aber die Karosse gut gefedert. Der Wagen schwankte wie ein Boot auf den Wellen und bekam Schlagseite. Hostetter hoffte, dass der Baron das Schaukeln nicht auf seine mangelnde Fuhrmannskunst zurückführen würde. Er beugte sich vom Kutschbock und fragte, ob er langsamer fahren soll. Der Verhörrichter winkte ab und rief durch das offene Fenster zurück: Immer weiter!
    Hostetter beneidete den Verhörrichter nicht. Natürlich stand er weit über ihm, war adeliger Herkunft, hatte Ämter, Besitztümer, ein großes Wissen und konnte, so stelle sich Hostetter das vor, über alles bestimmen. Das schien ihm jedoch auch eine große Last und Verantwortung zu sein. Er selbst hatte auf dem Kutschbock die Zügel in der Hand, ließ sich den Fahrwind durch die Locken wehen, neben ihm saß Rauch, immer eine verlässliche Hilfe, wenn es Schwierigkeiten gab. Was brauchte er mehr! Er würde nicht mit dem Baron tauschen wollen, der im Wagen herumgeschaukelt wurde und über alles Bescheid wissen musste.
    Von überall her quollen Wolken über die Grate und Gipfel. Die Dreitausender im Norden waren bereits vollständig verhüllt, Ringelspitz, Trinserhorn, Piz Sardona und Vorab. Die Wolken waren dunkel und schwer vom Wasser. Immer wieder bot sich ihnen ein schwindelerregender Anblick auf den Rhein, der sich vierhundert Meter unter ihnen durch die Schlucht wand, eine grüne Schlange im weißen Moränenschutt. Die Fahrt durch die prächtige Landschaft unter den dichter werdenden Gewitterwolken, mit einem unvergleichlichen Gespann (wenn nur der Fahrweg etwas besser wäre), ließ Hostetter vergessen, weshalb sie eigentlich unterwegs waren.
    Eine Stunde später erreichten sie das Dorf Carrera, eine Ansammlung einiger Häuser und Ställe. Die Bauern waren alle auf den Wiesen, um das Heu hereinzuholen, bevor das Gewitter losging. Beim Schmied in Carrera machten sie halt und tränkten die Pferde. Rauch schaute sich in der Werkstatt um, während Hostetter den Rappen mit einer Handvoll Stroh den Bauch trockenrieb und ihre Mähnen und den Schweif bürstete.
    Der Verhörrichter redete mit dem Schmied. Er fragte nach Rimmel und dem Müller, ließ sich die Geschichte mit dem entführten Hund nochmals erzählen. Dann fragte er nach den Brüdern Bonadurer und nach einem gewissen Alois aus Valendas.
    Versoffenes Pack!, schimpfte der Schmied aus Carrera. Vor denen muss man alles wegschließen. Die stehlen dem Vieh die Glocken vom Hals. Sie wildern und stellen den Frauen nach. Der Landjäger aus Ilanz kann nichts gegen sie ausrichten. Man weiß nie, was sie gerade wieder aushecken. In Valendas mussten sie das Pack mit Knüppeln vertreiben. Fragt mal nach, dort wird man Euch Geschichten erzählen.
    Und die beiden Bonadurer gehören auch dazu?, wollte der Verhörrichter wissen.
    Ja, manchmal sind die auch dabei, der Jüngere vor allem.
    Fliegen schwirrten vor seinem Gesicht herum und

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