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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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hatte ihn aufgefordert, sich hinzuknien. Bequem zu sitzen ziemte sich nicht für einen Mörder und Lügner.
    Wann soll ich gelogen haben? Rimmels Stimme klang weinerlich. Seine Augenlider flatterten unruhiger denn je. Sein Blick schien hinter seine eigene Stirn zu gehen.
    Der Verhörrichter kratzte sich am Kinn und blickte über die Mauern, als suche er nach etwas. Er erinnert sich nicht?
    Ich habe gestanden, ich habe alles gesagt.
    Zieht ihm das Hemd über!, befahl der Verhörrichter.
    Wachtmeister Caviezel zog Rimmel das Hemd über den Kopf, dass er nichts mehr sehen konnte und der Rücken frei wurde. Dann hielt der Verhörrichter drei Finger in die Höhe, ein Zeichen für Landjäger Venzin, der ausholte und Rimmel mit einer fingerdicken Haselgerte auf den Rücken schlug. Rimmel schrie und bäumte sich auf.
    Das Gericht lässt sich nicht zum Narren halten!
    Die Haselgerte peitschte zum zweiten Mal auf den nackten Rücken. Rimmel schrie unter dem Hemd. Venzin holte aus und schlug ein drittes Mal zu.
    Nein!, schrie Rimmel. Auf seinem Rücken zeichneten sich drei rote Striemen ab.
    Er hat gelogen, stellte der Verhörrichter fest.
    Wann?
    Das weiß er selber am besten.
    Ich erinnere mich nicht. Ich kann mich nicht erinnern. Was wollt Ihr wissen?
    War er am Abend, als der Mord geschah, allein in der Mühle?, fragte der Verhörrichter.
    Rimmel wimmerte unter dem Hemd.
    Wo bleibt die Antwort?
    Nein!
    Wer war außer ihm noch da?
    Wimmern.
    Der Verhörrichter hob einen Finger. Venzin fühlte sich in seinem Ehrgefühl gepackt und legte alle Kraft in den einen Schlag. Rimmel schrie und wand sich.
    Ich will es sagen, klang es undeutlich unter dem Hemd hervor. Vom letzten Striemen lief Blut über den Rücken. Der Verhörrichter machte eine Handbewegung, und Venzin zog das Hemd des Häftlings wieder herunter.
    Unsere Geduld geht zu Ende, warnte der Verhörrichter, er bekommt noch eine letzte Gelegenheit, wahrheitsgetreu zu erzählen, was an dem Abend wirklich geschehen ist.
    Wir sind in die Mühle gegangen, um einen Sack Reis zu holen, nur einen Sack Reis.
    Von wem spricht er?
    Der Martin und der Hansmartin Bonadurer. Aus Versam. Sie sind Brüder. Wir wollten einen Sack Reis aus der Mühle holen.
    Er meint stehlen?
    Rimmel nickte und starrte ängstlich auf die Haselgerte, die Landjäger Venzin in der Hand hielt.
    Er soll der Reihe nach erzählen, was geschehen ist!, verlangte der Verhörrichter.
    Ich habe bei ihnen gearbeitet. Beim Hansmartin Bonadurer aus Versam. Sein Bruder war auch dort. Wir haben darüber gesprochen, dass beim Müller in Bonaduz ohne große Umstände ein Sack Reis zu holen wäre.
    Wer hatte diesen Plan?
    Ich. Ich bin oft beim Müller gewesen und habe gesehen, wie einfach das ist. An dem Abend bin ich als erster hingegangen und habe ein Zeichen geben wollen. Ich habe dem Müller einen Schlaftrunk geben wollen und der Magd auch. Und wenn sie dann eingeschlafen wären, hätte ich den anderen ein Zeichen geben können. Und dann sind der Müller und ich in Streit geraten, wie ich es erzählt habe. Ich habe nicht gelogen. Ich habe doch schon alles erzählt. Es ist so passiert, wie ich es erzählt habe. Ich habe den Müller und die beiden Mägde ermordet. Die beiden Bonadurer sind erst dazugekommen, als ich mit der Magd auf der Stiege gekämpft habe. Einer von ihnen hat noch geschrien: Schlagen tu nicht! Als ich mit der Axt ausgeholt habe. Aber da ist es schon zu spät gewesen. Der Martin, der jüngere Bonadurer, hat mir geholfen, den Müller zu der Magd ins Bett zu legen. Dann sind wir fortgegangen. So ist es passiert.
    Und wieso hat er das nicht bei der ersten Vernehmung schon erzählt?
    Es sind arme Leute, die Bonadurers, kleine Bauern, die kaum etwas zu essen haben. Ich hab sie verschonen wollen.
    Morgen früh werden wir ein Vernehmungsprotokoll aufsetzen, entschied der Verhörrichter. Und wenn es nötig ist, werden wir den Scharfrichter dazubitten. Der versteht sein Geschäft. Er hat schon anderen helfen können, sich zu erinnern. Versteht er, was das bedeutet?
    Wir brauchen keinen Scharfrichter, beteuerte Rimmel mit gesenktem Kopf. Ich sage die Wahrheit, jetzt und auch morgen.
    65 Also doch, dachte Baron von Mont am späten Abend. Es war kein einzelner Täter. Und schon gar nicht so ein schmächtiger Kerl.
    Wir müssen morgen früh nochmals los, sagte er. Seine Gemahlin fragte: Wovon sprichst du?
    Im Mordfall von Bonaduz gibt es eine Wendung. Die beiden neuen Landjäger werden mich begleiten. Wir suchen zwei

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