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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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zu unseren Leuten und sorgt für ein wenig Ordnung. Schafft die Verwundeten fort und löst euch aus dem Kampf mit den Toten. Brecht ab und macht schnell.«
    Nunan rannte mitten ins Getümmel hinein. Auf dem staubigen Boden lagen zahllose Gerätschaften und Leichen herum, überall war Blut. Er musste davon ausgehen, dass alle, die jetzt noch dort lagen, bald wieder aufstehen und die Legion angreifen würden. Gleich vor ihm kämpften dreißig Infanteristen, vor allem Hastati. Ohne Anführer und verwirrt irrten sie umher wie Treibgut. Sie hatten es mit einer Gruppe von Toten zu tun, die doppelt so stark war wie sie selbst. Mit rasendem Herzen drängte Nunan sich zwischen sie und rief ihnen zu, sie sollten die Waffen senken und zurückweichen. Doch sie schrien einander und die Toten an, sodass er sich schließlich sogar vor sie stellen musste, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
    Aus der Nähe wurde ihm klar, warum so viele einfach weggelaufen waren. Wie konnte ein Mann auch gegen seinen Freund kämpfen? Wie konnte er ihn niederschlagen? Und doch, wie konnte er dies unterlassen? Niemand sollte gezwungen sein, gegen tote Kameraden zu kämpfen. Er kannte einige dieser Männer und Frauen. Vielleicht …
    »Seid ihr sicher, dass sie tot sind?«, fragte er. »Sie greifen nicht an.«
    In der Tat, sie standen nur herum und starrten ins Leere, als warteten sie auf etwas.
    »Natürlich sind sie tot, General«, sagte ein Hastatus, der sichtlich mit seiner Fassung rang. »Seht nur, da ist Darius. Ich war neben ihm, als er fiel. Was ist das, General? Gott hat sich gegen uns gewandt.«
    »Nicht Gott, nur einer seiner abtrünnigen Menschen«, erwiderte Nunan und hob die Stimme. »Löst euch aus dem Kampf, kehrt zur Straße zurück. Sucht die Extraordinarii.«
    »Aber General, unsere Leute …«
    »Nehmt die Verwundeten mit. Diese dort sind nicht unsere Leute.« Nunan schauderte. »Nicht mehr.«
    Die Hastati drehten sich um und rannten los. Pfeile schlugen ein. Mühsam kämpften sich die Tsardonier Handbreit um Handbreit vor. Keils Kavallerie hatte sich wieder geteilt und fiel über beide Flanken des Feindes her. Auch die Toten rührten sich jetzt. Sie bildeten größere Gruppen und Kampflinien.
    Wie hypnotisiert starrte Nunan sie an. Einige, die ihre Waffen verloren hatten, hoben Ersatzstücke vom Boden auf. Die toten Männer und Frauen zeigten keinerlei Schmerzen, keine Furcht und kein Verstehen. Seine früheren Legionäre liefen mit tödlichen Wunden umher, als würden sie von irgendeiner Macht getrieben. Sie hatten klaffende Schnittwunden von den Sarissen, eingedrückte Helme, zerfetzte Gesichter und Körper.
    »Wie können wir gegen sie kämpfen?«, sagte er. »Was können wir tun?«
    »General?«
    Er drehte sich zu seinen Extraordinarii um. »Schon gut. Machen wir uns an die Arbeit.«
     
    Kell befahl einen neuen Angriff und nahm sich mit ihrer Kavallerie die rückwärtige rechte Flanke der Tsardonier vor. Die Gegner hatten versucht, Piken aufzustellen, damit aber zugleich ihre Front geschwächt. Ihr Pferd donnerte durch die schwache Verteidigung, die Stute drängte sich durch die Schilde hindurch und stieß die Gegner zur Seite.
    Die Kavallerie ritt in einem engen Verband und wollte eine Schneise in die Reihen der Gegner schlagen, um die Pikeniere von hinten anzugreifen und die Bogenschützen ihrer Deckung zu berauben. Letztere stellten für die versprengten Bärenkrallen die größte Gefahr dar. Doch sie durfte nicht noch mehr Leute verlieren.
    Kell drosch ihr Schwert einem tsardonischen Krieger auf den Kopf. Er brach zusammen; schon war sie an ihm vorbei und nahm sich auf der rechten Seite den nächsten vor. Links wurden allerdings drei ihrer Reiter von Pfeilen aus den Sätteln geholt. Der Angriff verlor seinen Schwung, reiterlose Pferde drehten sich um und wollten fliehen. Ihre eigenen Bogenschützen deckten die Reihen vor ihnen mit Pfeilen ein. Die Schäfte trafen Schilde, fanden Löcher in Rüstungen, durchbohrten Gesichter und Hälse oder landeten harmlos auf dem Boden.
    Als sie erkannte, dass Teile der tsardonischen Reserve angerannt kamen, um die Flanke zu unterstützen, wendete sie ihr Pferd, trieb es mit den Hacken an und drängte sich durch das Gewirr von angreifenden Reitern und abwehrenden Fußsoldaten, um rasch wieder in offenes Gelände zu gelangen. Nachdem sie fünfzig Schritte weit galoppiert war, zügelte sie das Pferd und wartete auf ihre Abteilung. Dreihundert Schritte entfernt, jenseits des Schlachtfeldes,

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