Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
Wunden, ihre Unterkiefer hingen schlaff herunter. Geschwüre und Wunden verunstalteten die bleiche Haut. Die Kälte konnte allerdings nicht alles überdecken. Je näher sie kamen, desto stärker wurde der Verwesungsgestank. Im Dampf, der vom Wasser aufstieg, lösten sich die Toten förmlich auf. Ihnen fehlten Gliedmaßen, die Knochen stachen durch die spröde Haut, die Köpfe wackelten hin und her, weil die Muskeln verfallen waren. Allerdings nicht bei allen. Einige, dachte Harkov voller Ingrimm, waren frischer als die anderen.
    Er schluckte schwer und packte seinen Gladius und den Schild fester. Schlurfend näherten sich die Toten, sie waren nur noch ein paar Schritte entfernt.
    »Haltet stand!«, brüllte er. »Ihr könnt nirgendwohin fliehen.«
    Dann hob er den Schild, machte ein paar Schritte und knallte ihn einem ehemaligen Legionär der Konkordanz ins Gesicht. Der Mann versuchte nicht einmal, sich zu verteidigen. Die Haut riss von der Nase bis zur Stirn auf, darunter kam der bleiche Knochen zum Vorschein. Ein wenig Blut quoll heraus. Der Schlag hätte ihn bewusstlos niedersinken lassen müssen, doch er taumelte nur ein wenig zurück, fand das Gleichgewicht wieder und griff mit erhobenem Schwert sofort wieder an.
    Harkov gestattete sich eine Verschnaufpause, was bei einem schnellen und lebenden Feind möglicherweise tödlich gewesen wäre. Hier galten andere Bedingungen. Die Toten rückten unerbittlich vor, waren aber schwerfällig. Harkov machte sich nicht wegen ihrer Fähigkeiten als Kämpfer Sorgen, sondern weil er nicht wusste, wie man sie überhaupt aufhalten konnte. Harban rief etwas, darauf folgte die ganze Linie der Karku Harkovs Beispiel und griff mit entschlossenen Schreien an. Die wenigen Bogenschützen, die sie hatten, schossen über die Köpfe der anderen hinweg auf die Angreifer, die noch bis zur Brust im Wasser standen.
    Neben dem General trieb ein Krieger der Karku seine Klinge einem stark verschimmelten Milizionär mit den Abzeichen von Gestern seine Klinge in die Brust. Der Hieb konnte den Toten jedoch nur vorübergehend aufhalten, und als der Karku verzweifelt versuchte, seine Klinge aus dessen Rippen zu ziehen, hob der Gesternier seinen Gladius hüfthoch und stach ihn dem Karku in den ungeschützten Bauch.
    »Guter Gott, umfange mich«, flüsterte Harkov.
    Abermals rammte er seinen Gegner mit dem Schild, obwohl es seltsam war, einen Toten überhaupt als Gegner zu betrachten. Er drängte ihn zurück und erkaufte sich wieder ein wenig Zeit, um den schweigenden Vorstoß zu beobachten. Nirgendwo flackerte ein Gefühl, kein Erkennen lag in den Blicken der Angreifer. Nichts. Hinter der ersten Reihe kam schon die zweite heran, ohne auf die eigene Sicherheit zu achten. Sie drückten, schoben, rückten nach.
    »Harban«, rief Harkov. »Sag deinen Leuten Bescheid. Sie sollen keine tödlichen Schläge anbringen, sondern die Gegner nur behindern. Zwingt sie zu Boden. Das ist unsere einzige Möglichkeit.«
    Harbans Stimme übertönte die ängstlichen Rufe und hielt einige Karku, die schon zurückweichen wollten, mitten in der Bewegung auf. Harkov holte tief Luft und stellte sich abermals dem verwesenden Legionär.
    »Möge Gott mir vergeben, was ich tun muss«, sagte er.
    Nun wechselte Harkov die Richtung seines Angriffs und hackte in Höhe der Knie auf die ungeschützten Beine des Mannes ein. Er konnte spüren und hören, wie seine Klinge bis zu den Knochen durchdrang. Da Bein gab nach. Harkov hob den Schild und lenkte den stürzenden Körper ab. Noch im Fallen schlug der Gesternier zu und traf mit seiner Klinge klirrend Harkovs Schild.
    »Zwingt sie zu Boden!«, rief er. »Zielt auf die Beine.«
    Im kalten Dunst, der nach Mirrons Hitzestoß über die Insel wehte, verrichten die Karku und Estoreaner ihr grausames Werk. Der stumme Angriff der Toten war höchst beunruhigend. Harkov wartete sehnsüchtig auf irgendeine Reaktion und wurde enttäuscht. Leidenschaft weckt Leidenschaft, doch in dem Gemetzel, das nun entbrannte, waren viele Verteidiger der Insel zugleich tief betrübt und wild entschlossen. Es war schwer, einen Gegner auszuschalten, der keine große Neigung zeigte, stürmische Angriffe vorzutragen.
    Die Estoreaner führten die Verteidiger an. Die Toten waren langsam, aber unerbittlich. Sie hielten die Schilde fest und hoben sie vor sich und über sich. Harkov fand schließlich heraus, dass sein Gladius für diese Aufgabe nicht gut geeignet war. Die kurze Klinge war eher zum Stechen gedacht und

Weitere Kostenlose Bücher