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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Gorian sein musste. Ihr Sohn stand gewiss neben ihm. Je weiter sie mit ihrem forschenden Geist vorstieß, desto stärker wurde die Übelkeit. Es drehte ihr den Magen um und benebelte ihre Gedanken. Sie keuchte und lehnte sich an eine Wand, zuckte aber angesichts der Kälte, die schlagartig durch den Mantel zu dringen schien, zusammen.
    Sie schluckte den Speichel herunter, der sich in ihrem Mund gesammelt hatte, und öffnete ihren Geist noch weiter. Die flache, kalte und negative Energie der Toten drohte sie abermals zu überwältigen. Doch dahinter war noch etwas anderes. Etwas Reines und Helles, das sie anzog. Lange bevor sie ihn fühlte, wusste sie schon, dass er es war. Ihr Sohn. Kessian. Er stand inmitten der Toten neben Gorian, dessen Aura vor Macht und Gier pulsierte. Gorians Energiegestalt war verstörend und sogar noch stärker verzerrt, obwohl seit ihrer letzten Begegnung, als er ihr Kessian weggenommen hatte, nicht viel Zeit verstrichen war. Ein sinnliches, betörendes Purpur wand sich um die dichten Energien seines Körpers. Es war, als litte Gorian an einer Krankheit.
    So nahm sie lieber Kessians Aura in sich auf. Sie konnte ihn fast berühren und körperlich spüren. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, ihn wissen zu lassen, dass sie in der Nähe war. Gorian konnte ihre Nähe spüren, aber Kessian war dies nicht möglich, und sie konnte mit ihren Energien keinen Austausch in Gang bringen. So nahe, aber es fühlte sich an, als wäre er Tausende Meilen entfernt. Schluchzend atmete sie ein.
    »Ich bin hier, mein Lieber, ich bin hier«, sagte sie.
    Dann zuckte ein stechender Schmerz durch ihren Körper und ließ sie auf die Knie sinken. Inmitten von Kessians reinen Energien hatte sie einen dunklen Fleck entdeckt. Eine Faser, dünn wie Spinnweben, verband ihn mit Gorian. Zitternd suchte sie die Ursache der Schwärze, die ihren Sohn infiziert hatte. Die Erkenntnis, was es war, weckte ihren Zorn und ihr Entsetzen.
    In der Nähe hörte sie eine Stimme, obwohl es klang, als käme sie aus weiter Ferne. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie sich so tief in die Energien versenkt hatte, die ringsum durch die Höhle strömten und den See gefrieren ließen. Ihr war, als würde sie jemand schütteln. Sanft zuerst, dann nachdrücklicher. Sie zog sich zurück und verdrängte die vielfältigen Farben und Linien, die sie mit dem geistigen Auge sah. Endlich kam sie wieder zu sich.
    »Mirron.« Es war Jhered.
    »Paul«, antwortete sie. Es war kaum mehr als ein Wimmern, aber sie konnte sich an den Zorn erinnern und nutzte ihn, um ihrer Stimme Nachdruck zu verleihen. »Er benutzt meinen Sohn, um die Toten zu kontrollieren. Ich weiß, was er tut und was er hier will. Der Bastard benutzt meinen Sohn.«
    »Dann müssen wir ihn aufhalten«, sagte Jhered.
    Als Mirrons normale Sinne wieder einsetzten, brach der Lärm in der Höhle über sie herein.
    »Wir …«
    »Mirron.« Wieder schüttelte er sie an den Schultern und half ihr schließlich auf die Beine. Dann löste er sich von ihr. »Später. Konzentriere dich jetzt.«
    »Was kann ich tun?«
    Mirron sah sich um. Auf der Insel herrschte Panik. Mitten im Getümmel stand Harkov und versuchte, die Leute zu beruhigen und ihnen Mut zu machen.
    Dann drangen die Toten in die Höhle ein. Sie schlurften, rutschten, stürzten und richteten sich wieder auf. Unerbittlich liefen sie weiter und hielten nicht inne. Sie wollten zur Insel.
    Mirron riss die Augen weit auf. Die Übelkeit schnürte ihr die Kehle zu, und das Knacken der Eisfläche schlug sie in ihren Bann. Jetzt breitete sich auf der Insel Stille aus. Alle Karku waren verstummt. In der Ferne brüllten Gorthocks in den Gängen und wehrten die Tsardonier ab. Stiefel und Metall kratzten auf dem Eis, das Inthen-Gor erfüllte. Die Toten schwärmten aus wie Treibgut von einem Wrack und näherten sich dem Ufer.
    »Was kann ich nur tun?«, sagte sie noch einmal.
    Jhered wandte sich an sie und zwang sie, ihn anzusehen. Offenbar war er der Einzige, der in all dem Schrecken noch klar denken konnte.
    »Du bist eine Aufgestiegene. Setze deine Fähigkeiten ein.«
    »Aber wenn ich eingreife, wird er spüren, dass ich hier bin.«
    »Gott umfange mich, das will ich doch hoffen. Er muss verscheucht werden.«
    »Was kann ich tun?«
    Jhered runzelte die Stirn, dann streckte er den Arm aus. »Das ist Eis, Mirron. Du kannst es schmelzen.«
    Damit drehte er sich um und rannte zurück zu den anderen. Er rief Harkov zu, er solle die Karku vorbereiten und keinen

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