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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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auf, Harban. Mein Arm und mein Herz gehören dir. Wir werden siegen. Dein Berg wird nicht einstürzen.«
    »Geh zu deinem toten Mann«, drängte Harban ihn. »Wir haben nicht viel Zeit.«
    Jhered kehrte zum Feuer zurück. Harkov stellte Fragen, und Mirron, der offensichtlich übel war, erforschte die Energiebahnen des Toten. Er stank entsetzlich nach Schimmel und Verwesung und stand leicht gebückt vor ihnen. Anscheinend atmete er, oder jedenfalls sah es so aus, aber sonst rührte er sich nicht.
    »Habt Ihr schon etwas herausbekommen?«
    »Er ist nicht besonders gesprächig«, erklärte Harkov.
    »Er hat auch nicht mehr viel Gehirn, das sollte uns also nicht überraschen. Bemerkt er überhaupt, dass Ihr mit ihm sprecht?«
    »Keine Reaktion.«
    »Ich verstehe. Mirron?«
    Sie zog sich ein wenig zurück und räusperte sich.
    »Paul, es ist widerlich.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Gibt es etwas Interessantes?«
    »Er wird durch die Energien im Boden gespeist, doch seine Kräfte verlassen ihn, und die Verbindung zu Gorians Struktur, die alle Toten umfasst, ist nur noch undeutlich zu erkennen. Sie ist schon fast …« Geräuschlos brach der Mann zusammen, und sein letzter Atemzug klang wie ein erleichtertes Seufzen. »… nicht mehr da.«
    »Interessant«, sagte Jhered. »Wir haben ein Blatt vom Baum gepflückt und wissen, was mit ihm passiert.«
    »Aber falls der Baum zurückkehren sollte, kann er das Blatt wieder an sich nehmen«, sagte Harkov.
    »Oder die Wurzeln suchen nach ihm«, fügte Mirron hinzu.
    »Trotzdem. Das ist immerhin etwas, das wir heute Morgen noch nicht wussten. Mirron?«
    »Die Energie der Erde versorgte ihn, solange er der Konstruktion nahe war. Allerdings kann sie ihn nur unvollständig nähren und offensichtlich nicht den natürlichen Verfallsprozess aufhalten.«
    »Wie kommt das?«, fragte Jhered.
    »Ossacer könnte es sicher besser erklären als ich. Meiner Ansicht nach liegt es daran, dass einige Körperfunktionen wieder in Gang gekommen sind, obwohl sich der Körper eigentlich nicht selbst erhalten konnte. Andere lebenswichtige Funktionen standen still oder mussten gar nicht arbeiten, damit er seine Aufgabe zu erfüllen vermochte.«
    »Was fehlte ihm denn?« Harkov hockte sich neben den Toten und schloss die Augen.
    »Er hatte keinen Herzschlag.«
    Jhered schüttelte den Kopf. »Ich habe genug gesehen. Dieser Mann soll in die Umarmung Gottes zurückkehren. Lasst ihn begraben, und dann verschwinden wir hier. Ich weiß, ich sollte mir keine Sorgen machen, aber auf einmal finde ich es doch beunruhigend, wie Harban und die Karku das Dach der Höhle betrachtet haben.«

 
20

    859. Zyklus Gottes,
    30. Tag des Genasauf
     
    A rducius stützte den Kopf auf die Hände. Erst vor zwanzig Tagen hatte Mirron die Akademie verlassen, und schon jetzt war klar, wer dort mehr als jeder andere darauf geachtet hatte, dass alles in geordneten Bahnen verlief. Er war zu lange fort gewesen und hatte zu denen gepredigt, die er retten wollte, obwohl sie ihm doch nur den Rücken gekehrt hatten, sobald er ihre Häuser verlassen hatte. Vergeudete Zeit, vergeudete Jahre. Denn trotz aller passiven Talente, die er und Ossacer nach Estorr gebracht hatten, war nichts herausgekommen außer wachsender Zwietracht.
    Eines musste er Felice Koroyan lassen: Sie verbreitete ihre Lügen mittels einer gut geölten Maschine, die so zuverlässig arbeitete wie die neuen Bolzenschleudern der Konkordanz. Und ebenso zielgenau. Da sie jetzt sicher sein konnte, dass die Aufgestiegenen nicht mehr ins Land ziehen würden, um an den Grenzen ihres Einflussbereichs neue Anhänger zu gewinnen, konzentrierte sie all ihre Bemühungen auf Estorr selbst.
    Wenn man den jüngsten Gerüchten glauben konnte, dann waren er, Ossacer und möglicherweise sogar die Advokatin selbst mit Menschenversuchen beschäftigt, nachdem sie die Opfer aus entlegenen Provinzen verschleppt hatten, wo niemand sie vermissen würde. Gorian hatte sich in ein Ungeheuer von albtraumhaften Ausmaßen verwandelt, das über Unschuldige herfiel. Die Wahrheit, verborgen hinter bösen Übertreibungen.
    Wenn er die Klasse betrachtete, vor der er gerade stand, kam ihm der Gedanke, dass sie nicht einmal für Menschenversuche geeignet waren. Zwanzig Kandidaten aus Morasia, die er glaubte, vor der Verfolgung in ihrer Heimat gerettet zu haben. Jetzt aber starrten sie ihn an, als wäre er eine Art Gefängniswärter und Folterknecht. Seine Dolmetscherin saß neben ihm und fühlte sich

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