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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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konnte. In meinen Augen gab es nach dem Tod von Amadeus nur ein Motiv, das imstande war, meine Mutter am Leben zu erhalten, das, was sie jahrhundertelang angetrieben hatte: blutige Rache!
    Hätte Utz sie nicht in seine Gewalt gebracht, so wäre sie gewiss irgendwann selbst in die Karpaten aufgebrochen, um ihn zu stellen, denn sie musste erkannt haben, dass all ihr Tun in einem Disaster enden würde, solange dieser Mann noch am Leben war.
    Aber ich schwieg und ging zurück zu Conrad und Großvater Vanderborg in das Abteil.
    Mein Herz war schwer.
     
    Wir wechselten in Krakau mit unserem Gepäck in ein bereits am Bahnhof auf uns wartendes Automobil und verbrachten den Tag im Hotel. Die nächsten Etappen unserer Reise bewältigten wir relativ bequem, reisten nachts und machten noch mehrmals in recht angenehmen Gasthöfen tagsüber Quartier. So kamen wir schließlich in die Karpaten.
    Es war nach Mitternacht und ein Unwetter zog drohend zwischen den Bergen der Hohen Tatra herauf, als wir mit unserem ächzenden Automobil, kurz bevor es an der nächsten Steigung verenden konnte, jenen Ort »Zuflucht« erreichten, an dem sich das Schicksal der Familie Vanderborg so dramatisch gewendet hatte.
    Eleonore, die vierhundert Jahre alte Vampirin, war inmeine damals siebzehnjährige Mutter gefahren und hatte ihren Fluch über uns alle gebracht. Sie war zu einer Untoten geworden, und auch mein Vater Amadeus, Onkel Friedrich, ja sogar Utz waren zu Mitgliedern der dunklen Zunft geworden. Und auch mir blieb dieses Schicksal nicht erspart. Und alles nur, weil ein unkontrollierbarer Blitz genau an diesem verfluchten Ort in Großvater Vanderborgs elektrische Maschine gefahren war, mit der er in einer unvorstellbaren Hybris Vampire fangen wollte. Bis heute wusste er nicht, dass es ihm wider alle Vernunft gelungen war, allerdings anders, als er es sich erhofft hatte.
    Friedrich hielt das Automobil an und ich schaute zu Conrad Lenz hinüber. Was würde der wohl sagen, wenn ich ihm mein dunkles Geheimnis enthüllte? Wenn er plötzlich sein lieb gewonnenes psychoanalytisches Theoriegebäude wie ein Kartenhaus zusammenfallen sah, weil Allvater Freud Vampirismus nicht vorgesehen hatte? Nicht als psychotische Störung und noch weniger als real existierendes Phänomen.
    »Mein lieber Conrad, es tut mir ja leid, aber …«
    Ich schüttelte innerlich den Kopf. Nein, das musste noch warten. Erst einmal stand die Begegnung mit meiner Mutter und Utz an. Die Möglichkeit, dass Utz und nicht Amadeus mein Erzeuger sein könnte, war mir der reinste Horror.
    Alles, was ich über Utz gehört und gelesen hatte, machte ihn mir widerwärtig, und ich hoffte inständig, nicht die Frucht der Gewalt zu sein, die er meiner Mutter angetan hatte. Bisher hatte sich Utz nie für mich interessiert, und wäre es nicht um meiner Mutter willen, hätten sich, was mich betraf, unsere Wege nie kreuzen müssen.
    Friedrich hatte den Wagen vor einem heruntergekommenen Gasthof geparkt, dessen Fensterläden schief in den Angeln hingen und den ein kaum noch leserliches Schild über dem Eingang auf Polnisch als Gasthaus »Zur ewigen Zuflucht« auswies. Das erschien mir wie ein schlechter Scherz angesichts des baufälligen Zustands, der dem Gebäude allenfalls den unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch, aber nichts weniger als eine ewige Lebensdauer verhieß. Przytulek hieß das Kaff, und über einer Ansammlung verfallener Häuser thronte auf einem Felsen die Burg der Landgrafen, mit denen Eleonores und das Schicksal meiner Familie so unentwirrbar verwoben war. Hier hatte alles seinen Anfang genommen, würde es sich hier auch vollenden?
    Ein Blick auf die düstere Burg ließ mich erschaudern. Aber zur Umkehr war es nun zu spät.
    Wir steckten in dieser verdammten Einöde inmitten wolkenverhangener Berge, und genau in dem Moment, in dem wir, das Automobil verlassen hatten, ging auch noch ein heftiger Wolkenbruch auf uns nieder. So wirkten wir vermutlich wie dem Weiher entstiegene Wasserleichen, als wir, feuchte Spuren hinter uns herziehend, den Gastraum betraten. Was eben noch eine Straße war, hatte sich in einen reißenden Strom verwandelt, und Friedrich fürchtete wohl nicht ganz zu Unrecht, dass er das Auto mit seinen Wassermassen wegschwemmen könnte. Der böige Sturm ließ die Fensterläden gegen die Hauswand klappern und Lenz wurde die Eingangstür zur Schenke aus der Hand geschlagen. Als sie hinter uns zufiel, ächzte und stöhnte sie, als wäre sie aus lebendigem Holz

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