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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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abgingen.
    Sie führten in die Gästezimmer, die mit erstaunlich neuzeitlichem Komfort ausgestattet waren. Kein Wunder, dachte ich, dass Utz gelegentlich Geld brauchte.
    Ich bezog ein Zimmer neben dem Großvater, der nachder grauenvollen Nacht im Gasthaus hocherfreut über die luxuriöse Unterkunft war und zunehmend alle Vorsicht über Bord warf.
    Mein Zimmer war in einem satten dunklen Grün gehalten. Stofftapeten überspannten die mittelalterlichen Steinwände und schwere mit Goldborte eingefasste Vorhänge vor den Fenstern schlossen tagsüber das Sonnenlicht aus. Das breite Bett glich einem orientalischen Diwan, denn es war mit einem prächtigen Überwurf und Kissen reichlich dekoriert. Ein wenig zu viel von allem, aber das entsprach ja ganz dem Stil von Utz, wie ich ihn aus der Villa in Berlin kannte.
    Wenig später klopfte es an meiner Zimmertür und ein schweigsames Mädchen schob mir mein Gepäck herein.
    Ich ging ins Badezimmer, stieg nun endlich aus meinem klammen Reisekleid und schlüpfte nach einem kurzen Bad in den auf dem Bett bereitliegenden seidenen Morgenrock.
    Lebensart hatte Utz, das musste man ihm lassen, und ich konnte einen winzigen Moment lang verstehen, dass meine Mutter sich als junges, unerfahrenes Mädchen vielleicht davon hatte blenden lassen. Nachdem ich Utz bisher aus eigenem Erleben und in den Schilderungen der Chronik nur als einen Gewaltmenschen kannte, war ich aufs Äußerste auf die Begegnung mit ihm gespannt. Und so angenehm der Empfang auf seiner Burg auch war, meine Sorge, dass uns hier eine Falle erwartete, wuchs mit jeder Minute. So waren meine Nerven bis zum Zerreißen gespannt, als es erneut an der Tür klopfte. Aber es war nur der avisierte Imbiss, der von dem gleichen stummen Mädchen hereingetragen wurde, das mir das Gepäck gebracht hatte. »Wie heißt du?«, fragte ich, um die unangenehm werdende Stille zu unterbrechen. Sie sah mich irritiert an und wispertedann kaum hörbar auf Polnisch: »Dana … ja … das war ich.«
    »War?«, fragte ich verwundert. »Heißt du denn nun anders?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein … ich heiße noch so … aber ich … ich bin es schon lange nicht mehr …« Sie schlug sich die Hand vor den Mund, als hätte sie zu viel gesagt, schaute sich verschreckt um und verließ mit einer gemurmelten Entschuldigung überstürzt das Zimmer.
    Dana hatte das Tablett auf dem niedrigen Beistelltisch abgestellt, der neben einem bequem aussehenden Sessel vor dem grün-goldenen Kachelofen stand. Ich brauchte die Speisen nicht, aber als ich mich setzte und mir ansah, was Utz seinen Gästen servieren ließ, fiel mein Blick auf ein Glas mit einer roten Flüssigkeit. Ich erkannte sofort, was es war: Blut!
    Erschüttert musste ich feststellen, dass ich enttarnt war. Nun befiel mich regelrechte Panik. Dann aber sagte ich mir, dass Radke gewiss bereits in Berlin gemerkt hatte, dass ich eine Gewandelte war, ein Mitglied der gleichen dunklen Zunft wie er und Utz …
    Dennoch fand ich es pervers, dass er mir Blut zur Begrüßung kredenzte, als wäre es Wein oder Traubensaft! Andererseits rang es mir doch ein kleines zynisches Lächeln ab: Utz schien sich in seinem Vampirismus ja stilvoll eingerichtet zu haben.
    Und da ich sehr ausgehungert und das ätzende Blut des Wirtes nun wirklich kein Genuss gewesen war, hob ich das Glas, stellte mich vor den Spiegel und prostete mir kaltschnäuziger zu, als ich es war.
    »Auf den Erfolg dieser Reise, Amanda! Na zdrowie!«
    Die Gier glitzerte bereits gelb in meinen Augen. Jede Vorsicht außer Acht lassend, leerte ich das Glas nach einem nurkurzen Probierschluck in einem langen genussvollen Zug und leckte mir danach die Lippen. Nach Gift hatte es nicht geschmeckt. Vielmehr war es ein wirklich feiner Tropfen. Recht frisch noch, aber von angenehmer Würze, vermutlich ein junger Jahrgang. Ich lächelte erneut, weil ich mich so langsam zu einer echten Blutkennerin zu entwickeln schien. Und als ich mich in den Sessel setzte, dachte ich, dass es vielleicht andere, kultiviertere Wege geben könnte, sich als Vampir zu sättigen, als ruhelos durch die finsteren Gassen Berlins zu streifen und sich kurz vor dem Verhungern unmittelbar am Hals seines Opfers zu bedienen. Ich hatte es bisher nicht anders gekannt, aber wer sagte denn, dass ich nicht auch etwas Kultur und Niveau in mein vampirisches Leben bringen könnte? Warum sollte ich nicht ein bisschen mehr genießen? Aber kaum hatte ich diese Gedanken zu Ende gedacht, ekelte es

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