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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Hansmann Vanderborg die Sache damals unter den Teppich gekehrt und eine Strafverfolgung verhindert. Das kam nicht gut an bei den Leuten. Da bleibt was kleben, sage ich.«
    Er blickte nun ziemlich finster drein und seine Worte wurden auch immer dumpfer und dunkler.
    »Und es hörte ja nicht auf. Immer wieder beschwerten die Leute sich. Ich war inzwischen im Polizeidienst. Da waren nachts diese seltsamen Geräusche, manchmal klang es wie Wolfsgeheul. Qualvolle Schreie und Stöhnen drangen aus dem Kellergeschoss. Besonders in den Vollmondnächten. Es gingen Gerüchte von schwarzen Messen und Blutopfern und immer wieder sah man im Dunkeln Menschen heimlich in den Keller schleichen oder ihn verlassen.«
    Langsam begann auch ich mich zu gruseln. Das klang ja wie aus einem Horrorfilm.
    »Nach dem Krieg ging es weiter. Ein erhängtes Mädchen im Jugendwerkhof und ein hingerichteter Heimleiter. Wir fanden ihn stranguliert und blutleer am Hünengrab! Wundern Sie die jetzigen Mordfälle wirklich? Mich nicht. Dieses Anwesen zieht das Unglück an. Besonders die alten Dorfleute munkeln auch heute noch, es sei verflucht. Viele bedauern, dass dieses Haus den Krieg so gut überstanden hat, während andere den Bomben zum Opfer fielen. Als es eine LPG wurde, hatten viele gehofft, dass nun der Fluch gebrochen wäre, weil das werktätige Volk das Gut übernommen hatte. Aber als es dann mit den mysteriösen Todesfällen auf dem Jugendwerkhof weiterging, da meinten viele, dass man es besser dem Erdboden gleichgemacht hätte.« Er stand auf. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Fräulein Louisa, was ich glaube, tut nichts zur Sache, ich leihe nur der Volksmeinung meine Stimme. Sie sollten wissen, dass man bei einem Anwesen mit einer solchen Historie nicht bei null anfangen kann. Die älteren Leute hier sind sehr misstrauisch.«
    Was sollte ich dazu sagen? Der Mann hatte ja recht.
    Ich fragte noch einmal, ob ich ihm einen Kaffee anbieten könne, aber er verwies auf seine Galle und lehnte erneut dankend ab. Er meinte jedoch, dass es ihm um die jungen Leute sehr leidtue, und drückte mir sein Beileid aus.
    »Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es war sehr nett, dass Sie extra zu mir herausgekommen sind, und wirklich sehr hilfreich, dass Sie so offen mit mir gesprochen haben. Aber ich bin sicher, dass mit dem Gut alles in Ordnung ist. Hier ist nichts mysteriös und niemand muss sich fürchten. Oft verketten sich Umstände auf sehr unglückliche Weise. Das passiert, heißt aber nicht, dass hier unnatürliche Kräfte am Werk sind. Niemand aus dem Dorf hat von mir etwas zubefürchten. Vielleicht sagen Sie das den Leuten. Und … es gibt keinen Fluch!«
    Ich überlegte, ob ich ihm sagen sollte, dass ich das Gut verkaufen würde, beschloss dann aber doch, das vorerst noch nicht publik zu machen. Wen ging es schließlich etwas an? Außerdem sah es in der jetzigen Situation nach Flucht aus.
    »Ich versuche es«, meinte er, setzte jedoch skeptisch hinzu: »Ich bezweifle allerdings, ob man mir nach den drei neuen Morden glauben wird.«
    Ich schluckte, denn das hätte ich vermutlich auch nicht getan. Ich sah Kolopke nach, wie er in seinem alten Opel die Auffahrt runterfuhr, und betrat dann noch einmal das Haus, um mich von Amadeus zu verabschieden.
    Doch mir ging das, was ich eben gehört hatte, nicht mehr aus dem Sinn. All diese schrecklichen Gerüchte waren doch grauenvoll! Das konnte doch nicht so stehen bleiben!
    Als Amadeus in der dämmerigen Eingangsdiele zu mir trat, änderte ich darum spontan meinen Entschluss.
    »Ich werde noch etwas hierbleiben«, sagte ich zu seiner Überraschung. »In dem Gästezimmer unten im geheimen Gewölbe. Ich will die Chronik lesen und ich habe ein paar Dinge für meine Großmutter Lysette darin nachzutragen. Du hast doch nichts dagegen?«
    Amadeus wirkte schon etwas überrumpelt. »Woher kommt dein Sinneswandel?«
    »Von Kolopke. Er hat mir grauenhafte Gerüchte über das Gut erzählt, und ich kann nicht fahren, bevor ich nicht weiß, was da dran ist. Ich muss den Dingen auf den Grund gehen. Ich denke, die Chronik wird mir darüber einigen Aufschluss geben können.«
    Nun lächelte er. »Nur zu, du bist willkommen!«
     
    I
ch richtete mich nun in meinem Gästezimmer im geheimen Gewölbe häuslich ein. Es war ein seltsames Gefühl. Komfort, ja, Luxus umgaben mich und ich fühlte mich wie in einer anderen Welt. Sicher, geborgen und so unendlich weit von den grauenhaften Ereignissen im

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