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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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meisten schienen nicht einmal zu bemerken, dass sie berührt worden waren. Doch als Kaeritha an ihnen vorbeiging, ERKANNTE sie an ihnen winzige, kleine Flecken, fast wie Lepramale. Diese Male waren winzig, kaum zu sehen, nur unwesentlich größer als die Muttermale eines gewöhnlichen Sterblichen. Doch die meisten Akolyten und Dienerinnen, an denen sie und Paratha vorübergingen, waren von Dutzenden solcher Flecken übersät. Und sie glühten einen Wimpernschlag heller auf, als die Aura der Majorin sie berührte. Dann erloschen sie wieder, sanken nach innen, und nicht einmal Kaeritha konnte sie ERKENNEN.
    Das war schon schlimm genug, doch diejenigen, die etwas empfanden, wenn Parathas ekelhaftes Netz über sie glitt, waren noch schlimmer. Wie sehr sie es auch zu verbergen suchten, sie fühlten das Dunkle, das Paratha umhüllte, und ein Flackern von Vergnügen, fast befremdlicher Ekstase huschte über ihre Gesichter.

    Kaerithas Puls beschleunigte sich immer mehr, je weiter sie in den Tempel vordrangen. Sie hatten ihn durch die Kapelle Der Alten betreten, ein Weg, den Kaeritha an Majorin Kharlans Stelle nicht gewählt hätte. Welch schleichendes Böse Quaysar auch befallen hatte, dies hier war noch immer ein Tempel der Lillinara. Seine Gebäude und – mehr noch – seine Bewohner und Bediensteten zu besudeln, war gewiss ein großer Triumph für das Dunkle gewesen, doch die Steine selbst mussten sich daran erinnern, zu wessen Ehren und Ehrerbietung sie aufeinander getürmt worden waren. Wie groß der Triumph des Dunklen auch sein mochte, er konnte unmöglich für immer unentdeckt bleiben. Und von allen Aspekten Lillinaras war es Die Alte, Die Rächerin, deren Wut Kaeritha als Letztes auf sich gezogen hätte.
    Dennoch entbehrte Parathas Wahl ihres Weges nicht eines gewissen Sinnes. Lillinara Die Alte war Die Rächerin. Es war die Facette der Gottheit, die am meisten mit Blut und Rache zu tun hatte. Ihr »Drittes Gesicht«, das am stärksten zu gnadenloser Vernichtung neigte. Es gab viele Frauen, und Kaeritha Seldanstochter war eine von ihnen, die fanden, dass Die Alte allzu oft am Rand der Dunkelheit balancierte. Vielleicht gab es ein gewisses Zusammenspiel zwischen dieser Kapelle und dem düsteren Netz, das über Parathas Schultern und Seele lag.
    »Sagt mir, Majorin Kharlan«, fragte die Amazone beiläufig, »steht Ihr schon lange im Dienste von Lillinara?«
    »Fast zwölf Jahre, Milady«, antwortete Paratha.
    »Und wie lange befehligt Ihr die Leibwache Der Stimme?«
    »Erst, seit Sie Ihren Dienst hier angetreten hat.« Paratha sah über die Schulter zurück und lächelte. »Ich wurde vor acht Jahren der Wache von Quaysar zugeteilt, und habe die Leibwache der vorigen Stimme anderthalb Jahre vor Ihrem Tod übernommen.«
    »Verstehe«, murmelte Kaeritha. Die Majorin wandte den Kopf und konzentrierte sich wieder darauf, sie durch den Tempel zu führen.

    Sie schritten durch die Kapelle. Kaeritha fühlte, wie sich das Dunkle schwerer auf ihre Schultern senkte. Es lauerte fast wie eine körperliche Wesenheit in ihrem Rücken, während sie tiefer und tiefer in das Geflecht aus Verderbnis eindrang, das den Tempel verseucht hatte. Sie hatte Angst, mehr Angst, als sie erwarten konnte, nachdem sie begriffen hatte, dass Quaysar das Zentrum von allem sein musste. Was auch immer hier am Werk war, es schien raffiniert und erschreckend mächtig zu sein, und es musste sein Netz weit länger gewoben haben, als Kaeritha das für möglich gehalten hatte. Die äußeren Tempelbereiche und die Angehörigen des Tempels, die am weitesten vom Zentrum der Macht entfernt waren, wie zum Beispiel der Wachoffizier, der sie bei ihrer Ankunft begrüßt hatte, waren weniger befallen. Kaeritha fragte sich, ob das wohl mit Absicht so war. Waren sie in Ruhe gelassen worden und nur dahingehend beeinflusst worden, dass sie nicht bemerkten, was in Quaysars Kern geschah, um die Korruption damit zu maskieren? Oder hatten die Mächte des Dunklen, die hier am Werk waren, sie sich einfach für später aufgehoben, wenn sie ihren Griff um den Inneren Tempel gesichert hatten?
    Das spielte im Augenblick jedoch keine Rolle. Entscheidender waren die Barrieren, die sich, das spürte sie, hinter ihr aufstellten. Die lauernden Stränge der Macht, die hochzuckten und jetzt keine bloßen Tentakel mehr waren, sondern gewaltige Kabel. Die Fliege hatte das Netz aus freien Stücken betreten, voller überheblicher Selbstsicherheit, und jetzt war es zu spät, umzukehren.
    Sie

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