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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
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ihrer Brust.
    “Ich war es nicht”, keuchte Angela. “Ich habe euch nicht … verraten …”
    “Nein”, schrie Dorian. “Nein, nein, nein.”
    Angela bemühte sich, ihre Hand zu heben. Ihre Finger strichen über Dorians Wange. “Rette dich selbst”, flüsterte sie. Sie hustete eine schreckliche Menge Blut. “Gwen.”
    Gwen eilte an Angelas Seite und nahm ihre Hand. “Ich bin hier.”
    “Ich … habe nicht gelogen. Der Bund … es gibt einen Weg.” Sie gab einem weiteren Hustenanfall nach. “Finde … das Buch.”
    Sie fiel mit einem rasselnden Seufzer zurück, und ihre Augen schlossen sich.
    Dorian legte Angela mit einer gezwungenen Sorgfalt nieder, die erschreckender war als sein früheres Wüten. Er wendete sich zu Gwen mit dem Blick eines Wahnsinnigen. Innerhalb von Sekunden hing sie in seinen Armen wie ein Bündel Lumpen.
    Und dann rannte er. Seine Geschwindigkeit außergewöhnlich zu nennen wäre eine furchtbare Untertreibung. Gwen war zu benommen, und ihr war zu übel, um mehr als die verschwommenen Umrisse von Gebäuden, Automobilen und Menschen wahrzunehmen, die an ihr vorüberzuckten. Falls sie verfolgt wurden, ließ Dorian das bald hinter sich.
    Er atmete fast normal, als er sie an einem ruhigen Ort absetzte, der nach Rost und Brackwasser roch. Der Himmel über dem Flussufer war schwarz, jede Bedrohung durch das Sonnenlicht war verschwunden. Gwen fiel halb auf einen schiefen Sitz aus zusammengerollten Seilen und presste ihre Handballen auf ihre Augen, bis die Welt aufhörte, sich zu drehen.
    Einige Minuten später glaubte sie sprechen zu können, ohne sich zu übergeben. Sie hob ihren Kopf.
    Dorian war fort.
    Sie stand auf und ging ziellos durch den Lagerbereich, in dem Dorian sie zurückgelassen hatte. Sie starrte eine entfernte Straßenlaterne an. Sie wusste nicht, warum er gegangen war, und noch weniger, was sie tun sollte. Die Dinge, die sie in der Gasse gesehen hatte, kamen in ihrer Erinnerung wieder hoch, lebendig und überwältigend: zerschlagene Gesichter, abgerissene Gliedmaßen, Blut, das wie Farbe auf den Boden und die Mauern gespritzt war. Sie konnte Dorians schreckliche Gefühle nicht aus ihrem Kopf verdrängen – seine Gnadenlosigkeit, seine gedankenlose Grausamkeit, Hass, der alles übertraf, was sie sich vorstellen konnte.
    Dorian hatte diese Männer nicht einfach umgebracht. Er hatte sie vernichtet. Vielleicht waren alle Vampire zu so einer Grausamkeit fähig. Sogar
sie
hatte Mitch angegriffen. Aber Dorian war so viel stärker und schneller gewesen als die
Strigoi
, gegen die er gekämpft hatte. Er war weiter gegangen, als die disziplinierte Effizienz eines ausgebildeten Killers es verlangte.
    Sie hatte von Anfang an Anzeichen der Dunkelheit in ihm erkannt. Walter hatte sich keine großen Sorgen deswegen gemacht, auch wenn er sagte, dass sie alle paar Wochen vorkamen, und er hatte mit Dorian auf engstem Raum gelebt.
    Ich bin zu solchen Zeiten nicht zurechnungsfähig.
Hatte Dorian ihr das nicht gesagt, nachdem sie ihn in Hell’s Kitchen vor dem Verhungern “gerettet” hatte? Er hatte gesagt, dass es für jemanden mit weniger als freundschaftlichen Absichten nicht sehr klug wäre, sich ihm während dieser “Launen” zu nähern.
    Und er hatte sie gewarnt, nicht nur einmal, sondern oft. Warnungen, die sie immer anderen Gründen zugerechnet hatte, wie seinem Willen, seine Vergangenheit als Vollstrecker oder seine nicht menschliche Natur vor ihr zu verbergen. Er hatte seine Sorge, er könne während seiner Phasen Unschuldige verletzen, offen mitgeteilt, aber sie hatte ihn nicht ernst genommen. Wie konnte sie, wenn er ihr nie nahe genug gekommen war, um ihr wehzutun, seit diesem einen kurzen Mal im Lagerhaus am Flussufer?
    Er hatte Walter nie angefasst. Er hatte Mitch bedroht und seine Drohung nie wahr gemacht. Aber
die
hatten versucht, ihn oder jemanden unter seinem Schutz umzubringen.
    Deshalb
hatte er versucht, sich umzubringen. Genau das hatte er versucht, ihr zu sagen. Nicht weil die Möglichkeit bestand, dass er irgendwo, eines Tages, eine weitere zerstörerische Tat begehen könnte. Nicht weil er sich selbst “verlor”, einmal im Monat für ein paar Stunden.
    Nein. Er verlor sich nicht einfach nur. Er wurde jemand anders,
etwas
anderes, unfähig zu Mitgefühl. Und dass er sich jedes Mal wieder erholte und dann wieder fähig war, ein einigermaßen normales Leben zu führen, musste eine unerträgliche Qual sein für einen Mann, der so sehr versucht hatte, sein altes

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