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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
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regte sie nur noch mehr auf. “Warum haben Sie es mir nicht gesagt? Haben Sie geglaubt, ich würde Sie im Stich lassen, den Mann, der mir das Leben gerettet hat?”
    “Ich hätte nichts anderes von Ihnen erwartet.”
    “Aber Sie – Sie haben mich glauben lassen –” Sie hielt inne. Ihr wurde von ihrer eigenen Unehrlichkeit schlecht.
Du wolltest nicht hören. Er hat versucht, es dir auf seine eigene Art zu sagen, aber du wolltest es nicht glauben.
    “Ich verstehe das nicht”, sagte sie, unfähig, ihre Gedanken zu sammeln. “Wie kann ein Mann wie Sie … Menschen für Geld wehtun?”
    “Es war nie für …” Er schloss die Augen. “Ich habe Ihnen nichts zu sagen, was mich entschuldigen kann, Gwen. Nichts.”
    Sie lehnte sich gegen die Wand. Nach dem Schock konnte sie ihrem Gleichgewicht nicht mehr trauen. Sie hatte immer gewusst, dass es in Dorians Vergangenheit etwas Schreckliches gab, das er mit niemandem teilen wollte. Sie hatte angenommen, dass es der Krieg gewesen war. Sie hatte sich furchtbar geirrt.
    “Es kann nicht lange gewesen sein”, sagte sie und versuchte damit auch, sich selbst zu überzeugen. “Wie lange haben Sie für Raoul gearbeitet? Fünf Jahre? Sechs?” Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihr Haar. “Wann hat es angefangen, Dorian? Was hat Sie zu einem von denen gemacht?”
    Dorian schien zu einer Antwort anzusetzen, aber dann überlegte er es sich anders. Kein Schimmer eines Gefühls zeigte sich auf seinem Gesicht.
    “Ich versuche nur, es zu verstehen”, sagte sie, “Sie haben der Frau gesagt, dass sie es satt haben, Meistern zu dienen, die Freude daran haben, zu töten, und die nur deswegen Morde begehen.”
    “Ja.”
    “Und sie hat Ihnen einen Job angeboten. Bei einem der Bosse, die jetzt um Raouls Territorium kämpfen. Aber Sie haben es abgelehnt.”
    “Ja.”
    “Ich weiß, wie Mafiavollstrecker sind. Mir ist klar, was sie tun. Menschen verändern sich nicht einfach über Nacht, ohne Grund. Was hat Sie verändert?”
    Er schüttelte nur den Kopf. Gwens Herz schlug gegen ihre Rippen. “Sie haben sich als Einsiedler ans Flussufer zurückgezogen. Ich habe immer gehört, dass die Schmuggler ihre ehemaligen Angestellten gut im Griff haben, wenn sie überhaupt jemanden gehen lassen. Aber diese Frau schien nicht zu wissen, wo Sie gewesen sind. Hatten Sie Angst, dass jemand Ihnen auf die Spur kommen könnte? Jemand, der nicht wollte, dass einer von Raouls Männern mitten in einem Bandenkrieg frei und ungesehen herumläuft?”
    “Ich habe von den Splittergruppen, die über Raouls Hinterlassenschaft streiten, nichts zu befürchten.”
    “Warum dann? Tut es Ihnen wirklich … Bereuen Sie es?”
    “Ich kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen.”
    “Aber die Frau hatte doch recht, oder? Sie haben sich selbst bestraft. Indem sie bei den Docks lebten, mit kaum genug, um Sie am Leben zu halten. Fast wären Sie gestorben …” Die Erinnerung daran, wie er in dem dreckigen Zimmer in Hell’s Kitchen lag, überwältigte sie. Sie konnte das Bild von Dorians geschundenem sterbendem Körper nicht vereinen mit dem Gedanken daran, dass er irgendeinen armen Kleinkriminellen erschossen hatte, der Raouls Mafiagang in die Quere gekommen war.
    “Sie haben mir das Leben gerettet”, sagte sie. “Ein Killer, ein Mann ohne Gewissen, hätte sich die Mühe nie gemacht.”
    Sie merkte gleich, dass sie nicht ihn um eine Erklärung bat, sondern sich selbst zu überzeugen suchte.
Ich kann nicht so falschgelegen haben. Nicht bei ihm.
    Oh, aber das konnte sie. Er hatte gesagt, dass er nichts von den Morden wusste, aber das tat er sehr wohl. Er hatte sogar erraten, wer sie verübt hatte.
    Sie richtete sich auf. Halb sehnte sie sich danach, zu ihm zu gehen, während der andere Teil in ihr vor ihm zurückschreckte. “Ich glaube, wir gehen lieber in die Redaktion.”
    Gwen ging an ihm vorbei, ohne ihn zu berühren, und wartete nicht ab, ob er ihr nachkam. Die Redaktion war dunkel. Sie griff sich den nächsten Schreibtischstuhl, knipste eine Lampe an und setzte sich. Dorian kam durch die Tür und zögerte auf der Schwelle, als warte er auf ihre Erlaubnis, einzutreten.
    “Ich habe keine Angst vor Ihnen”, sagte sie und wollte sich damit zuerst selbst überzeugen.
    “Ich würde Ihnen nie wehtun, Gwen.”
    Sie nahm einen Bleistift aus dem Becher auf dem Schreibtisch und rollte ihn zwischen ihren Fingern. “Nein. Sie haben alles Erdenkliche getan, um mich zu vertreiben. Sie wollten nicht, dass ich

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