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Die dunkle Prophezeiung des Pan

Die dunkle Prophezeiung des Pan

Titel: Die dunkle Prophezeiung des Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier
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Ich horchte angestrengt.
Nein. Es war ein Vogelzwitschern.
    »Felicity?«
    »Hm?«
    »Kannst
du mich hören?«
    »Klar«,
murmelte ich.
    »Gut.
Was hörst du noch?«
    »Vögel.«
    »Vögel?«
Seine Stimme klang nicht mehr samtig, sondern höher, unruhiger.
Meine Finger begannen nervös zu zucken.
    »Felicity,
öffne deine Augen einen Spalt.«
    Ich
gehorchte und sah direkt vor mir Ciarans Augen. Wie seltsam. Mir war
nie vorher aufgefallen, wie ähnlich sie Lees sahen. Ciaran hatte
das gleiche hellblau und den dunkelblauen Rand, der seine Iris wie
ein Rahmen einfasste. Ihm fehlten nur die leicht grünlichen
Pigmente, die Lees Augen noch heller, noch markanter scheinen ließen.
    Aber
dann sah ich in ihnen andere Augen. Auch blau, aber mehr grau. Und
noch heller. Ich sah durch diese Augen hindurch und sah jemanden in
dem Sessel sitzen.
    Mich!
    Ich
sah mich, durch Ciarans Augen hindurch!
    Das
Bild flackerte etwas und verschwand. Ich sah eine Wand. Fels. Es war
dunkel und nur ein kleiner Lichtschimmer machte es möglich,
überhaupt Schatten wahrzunehmen. In diesem Moment erschien ein
Feuerball und erhellte alles in einem gleißenden, rotgelben
Licht.
    Erschrocken
keuchte ich auf. Ciaran stand vor mir. Er war bleich. Seine Augen
waren geweitet und er sah mich mit offenem Mund an.
    »Was
war das?«, fragte ich heiser. »Was ist dort geschehen?
Und wo war das?«
    Ciaran
fasste sich augenblicklich und fuhr sich mit beiden Händen durch
die dichten, blonden Haare. Ich konnte seine spitzen Elfenohren
sehen.
    »Ich
weiß es nicht.«
    »Aber
du hast doch daran gedacht!«, warf ich ihm vor. »Es waren
deine Gedanken, die ich gesehen habe.«
    Er
schüttelte unwirsch den Kopf. »Nein, Felicity. Ich konnte deine Gedanken in deinen Augen sehen.«
    Ich
sprang ungehalten auf. »Wie sollen das meine Gedanken gewesen
sein? Ich lebe in London! Wann war ich zum letzten Mal in einem
Vulkan!«
    »Ein
Vulkan?« Er sah mich erstaunt an.
    »Eine
Höhle und Feuer, tief in der Erde. Was soll es denn sonst
gewesen sein?« Ich sah ihn an und in diesem Moment flackerte
das Bild einer geschuppten Riesenechse auf, der eine gespaltene Zunge
zwischen den scharfen Zähnen herausschnellte. Ich ließ
mich wieder auf den Sessel fallen. »Eine Drachenhöhle?«
Ich flüsterte nur. Meine Stimme hatte versagt.
    Ciaran
sah mich wieder verblüfft an.
    »Ich
habe etwas gesehen, oder?«
    Er
nickte.
    Dann
räusperte sich Ciaran und ein leichtes Lächeln zuckte um
seine Mundwinkel. »Und du konntest dich in meinen Augen sehen.
Ich würde also sagen, Miss Morgan, unsere Übung heute war
schon mal erfolgreich.«
    Wenigstens
einer von uns beiden fand das. Ich hätte lieber geschlafen.
    Am
nächsten Tag machten wir auf der Rasenfläche vom Dean’s
Yard in der Westminster Abbey weiter. Ciaran wollte Zeitsprünge
mit mir üben und nicht bis nächste Woche warten, wo doch
das Avalonwasser noch in meinem Körper sei und helfen könne.
Also standen wir in dem kleinen Klostergarten der Abtei, Ciaran legte
den Arm um mich und gab mir Tipps, wie ich meine Konzentration
sammeln und auf ein bestimmtes Datum richten sollte. Leider wurden
wir zweimal von neugierigen Touristen gestört, bis wir es
endlich schafften. Als ich die Augen aufschlug, standen wir am Fuße
einer Burg. Direkt vor uns war ein riesiger See. Die Burg war intakt
und bewohnt. Es roch nach Pferden, Kühen, Heu. Anscheinend war
Sommer, denn überall auf den Wiesen rundherum standen Garben.
Über den Zinnen wehte eine Fahne. Ehe ich Ciaran fragen konnte,
wo wir waren, ertönte hinter uns eine Stimme.
    »Hexen!
Zauberei! Ich habe es genau gesehen. Sie sind aus dem Nichts
aufgetaucht.«
    Die
Menschen um den Schreihals herum zückten die Heugabeln und
rannten auf uns zu.
    Ciaran
umfasste mich und Sekunden später standen wir wieder in der
Westminster Abbey.
    »Wann
und wo waren wir?«
    »Urquhardt
Castle. Elftes Jahrhundert, wenn ich die Kleidung richtig deuten
konnte.« Er kniff die Augen zusammen und sah mich an. »Ich
würde sagen, auch das Zeitreisen beherrschst du schon sehr gut.«
    Wieso
klang das in meinen Ohren nicht zufrieden, sondern eher lauernd?
    Das
Erlebnis ließ mich auch nicht los, als ich schon zu Hause war.
Auf dem kurzen Weg zu unserer Wohnung sah ich auf einer Mülltonne
zwei Raben sitzen. Schlagartig fiel mir Lees Warnung ein. Die Fibel
war mir vorhin wieder in den Sinn gekommen, direkt nachdem ich die
mittelalterlichen Menschen gesehen hatte. Ich würde den
Französischunterricht am Dienstagabend

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