Die dunkle Prophezeiung des Pan
verloren gewirkt. Du hattest diesen zotteligen
Kurzhaarschnitt, deine Uniform war zwei Nummern zu groß und
deine Schneidezähne standen so niedlich schief. Und du hast an
deinem ersten Schultag verhindert, dass ein älterer Schüler
eine Spinne in Rubys Tasche steckte. Du hast sie heimlich entfernt
und ihm in seine Brotdose gelegt. Und das, obwohl du Spinnen hasst.«
Jayden sah mich wieder an. »Ich habe das damals beobachtet und
mir vorgenommen, dich später zu heiraten.« Er lächelte,
als er meine großen Augen wahrnahm. »Gut, das waren die
Phantasien eines Elfjährigen. Aber Tatsache ist, meine
Schwärmerei hat nie aufgehört. Sie ist mit den Jahren immer
stärker geworden.«
»Aber
… du hast nie etwas gesagt. Oder dir anmerken lassen«,
stotterte ich verblüfft.
Jayden
seufzte. »Nein. Ich hatte ja Zeit. Dachte ich zumindest. Du
hast dich nie für Jungs interessiert. Und Jungs sich nicht für
dich. Das empfand ich immer als mein großes Glück. Bis Lee
kam.« Er machte eine kleine Pause und ich sah, wie er begann an
seinen Fingernägeln herumzuspielen. Dabei fiel mir auf, dass sie
länger und gepflegter waren. Anscheinend hatte er das Kauen
aufgegeben. In diesem Moment fehlte es ihm. Das war deutlich zu
sehen.
»Ich
hätte nie zugelassen, dass du im Pub deiner Mum endest, Feli.
Ich hätte dir so gern geholfen. Ich mag nicht Lees
Durchsetzungsvermögen haben oder sein Auftreten. Aber ich hätte
dafür gesorgt, dass du deinen Traum vom Studium wahrmachen
kannst. Lee ist mir zuvorgekommen.« Ich schluckte. Ich hatte
wirklich nichts geahnt. Jayden war von Anfang an nett zu mir gewesen.
Er war höflicher als Corey und der ehrgeizigste von uns allen.
Lee konnte ihm nicht beikommen. Zumindest nicht in dieser Hinsicht. Ein anderer allerdings schon.
Als
hätte Jayden meine Gedanken gelesen, sagte er: »Und was
ist mit Richard Cosgrove?«
Ich
zog scharf die Luft ein und fühlte, wie mir die Wärme in
die Wangen stieg. Verlegen sah ich zu Boden.
Jayden
nickte wieder. »Ich verstehe.«
»Aber
ich werde nicht mit ihm zum Ball gehen«, sagte ich schnell.
»Nein.
Das gäbe einen Massenauflauf. Obwohl ich gern Felicity Strattons
Gesicht sähe.«
Wir
grinsten beide und ich spürte, er begann mir zu verzeihen.
»Kannst
du mir dann noch sagen, was mit dem Geschichtslehrer läuft?«
Ich
schüttelte bedauernd den Kopf. »Nichts Romantisches. Das
versichere ich dir.«
Er
wackelte mit dem Kopf. »Was sich neckt … heißt es
doch so schön.«
»Bestimmt
nicht mit Ciaran.« Ich schüttelte mich. Immerhin war er
sogar in doppelter Hinsicht mein Lehrer. Und wesentlich älter,
als Jayden sich jemals vorstellen konnte.
Jayden
schien nicht überzeugt. »Er scheint das aber anders zu
sehen.«
Ich
winkte ab. »Nein, bestimmt nicht. Er ist Lees Cousin, wusstest
du das?« Ich war schon vor einiger Zeit zu dem Schluss
gekommen, dass diese Aussage harmlos war.
Jayden
hob die Augenbrauen. »Ach so. Nein, das wusste ich nicht.«
»Das
weiß kaum jemand. Nicole, Phyllis und Ruby noch, weil wir
Ciaran irgendwann mal in einem Klamottengeschäft getroffen
haben. Damals wusste ich das aber auch noch nicht. Ich habe ihn nach
Weihnachten besser kennengelernt.« Ich erzählte Jayden von
dem katastrophalen Weihnachtsfest bei Anna, und dass ich danach viel
Zeit bei Lee verbracht hatte. Unseren Zeitsprung ließ ich aus.
»Wieso
ist er dann hier, wenn Lee doch fort ist?«, überlegte
Jayden.
Das
war eine gute Frage. Eine, auf die ich bislang keine Antwort erhalten
hatte. »Bist du sauer, wenn ich Richards Einladung annähme?«,
fragte ich stattdessen. »Er hat schon vor einiger Zeit Karten
für ein Konzert besorgt.«
Jayden
machte große Augen. »Ach was, Feli. Das ist super.«
»Würdest
du trotzdem weiter mit mir joggen gehen?«
Er
sah mich einen Moment lang an, dann nickte er. »Klar. Montag,
gleiche Uhrzeit, gleiche Stelle?«
Ich
lächelte ihn aufrichtig an. »Sehr gern. Und wenn du mir
versprichst, nicht zu viel hineinzuinterpretieren, lade ich dich
anschließend zu einer Waffel ein.« Jayden würde für
Waffeln sterben.
Er
winkte ab. »Lass mal, Feli. Du brauchst dein Geld fürs
Studium. Aber wir können trotzdem eine Waffel essen gehen.«
Ich
war gerade aus dem Bus ausgestiegen und atmete noch einmal tief
durch. Das Gespräch mit Jayden hatte mich mehr aufgewühlt,
als ich gedacht hätte. Außerdem hatte es im Bus extrem
nach Schweiß und Knoblauch gerochen. Und jetzt kam eine weitere
Stunde Nachsitzen mit Mister Duncan.
Weitere Kostenlose Bücher