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Die dunkle Prophezeiung des Pan

Die dunkle Prophezeiung des Pan

Titel: Die dunkle Prophezeiung des Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier
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hellbraunem Haar
und blauen Augen.
    Er
musterte mich, hinter den Röcken der Dame in sicherer
Entfernung, und verkündete dann laut: »Die sieht dämlich
aus. Die soll gehen.«
    Nicht
nur aufgeweckt, sondern auch noch frech! Was hatte Grandpa immer
gesagt, wenn die anderen Kinder mich hänselten? Nicht
beachten, Feli, streck dich einfach. Du wirst immer größer
sein als sie. Hier war ich das allemal. Mehr als nur einen Kopf. Ich streckte mich.
    »Louis
Joseph, das schickt sich nicht«, wies die Dame ihn streng
zurecht. Aber ihre Augen waren weiterhin auf mich gerichtet. Ich
wusste genau, dass sie das Gleiche dachte wie ihr Schützling.
    Ich
stimmte dem ja auch zu. »Eigentlich hat er Recht. Wie wäre
es, wenn ich mir die Haare wasche und du frisierst sie, wie es dir
gefällt. Aber ohne Brennschere.«
    »Bin
ich ein Coiffeur?«, empörte sich der kleine Kerl.
    »Natürlich
nicht«, schalt seine Gouvernante. »Mademoiselle hat Euch
ein Angebot unterbreitet, damit Ihr Euch nicht an ihrem Aussehen
stoßt.«
    Der
kleine Louis wirkte nicht sonderlich überzeugt. Sein
Kindermädchen dagegen lächelte mich mit einem Mal
freundlich an. »Mit Sicherheit hat Madame de Polignac sich
einen Scherz erlaubt. Wenn Ihr möchtet, helfe ich Euch beim
Frisieren.«
    Ich
atmete erleichtert auf.
    Eine
halbe Stunde später sah der kleine Louis wohlwollend zu mir auf.
»So kann sie gehen.«
    »Vielen
Dank«, antwortete ich frostig. Ich sah nicht viel besser aus
als vorher. Statt der Locken trug ich jetzt eine dämliche Haube.
    Madame
de Tourzel betrachtete mich stirnrunzelnd. »Ich denke, wir
gehen in den Park. Da sind wir ungestört.«
    Dafür
war ich äußerst dankbar.

DER SPIEGEL

    Der
Park von Versailles übertraf alles, was ich je an Gartenbaukunst
gesehen hatte. Überall standen Gärtner, die Hecken
stutzten, Unkraut zupften oder die Becken vom herabfallenden Laub
säuberten. Hier war definitiv Herbst. Das verbliebene Laub an
Bäumen und Hecken leuchtete in intensivem Rot und Gelb. Die
Blumen blühten noch in voller Pracht. Ein Meer von Astern,
Sonnenblumen, Dahlien und Herbstzeitlosen. Alles war bunt und perfekt
arrangiert. Wie ein Gemälde. Diese Gärten waren vollkommen.
    Als
in der Nähe eine Raubkatze brüllte, umkrallte ich
erschrocken das Handgelenk von Madame de Tourzel.
    Sie
lachte amüsiert. »Keine Sorge. Das war der neue Löwe
in der Menagerie. Ein Geschenk des Königs von Marokko.«
    Erleichtert
atmete ich auf. »Ich dachte, es wäre ein Bär. Hier
gibt es doch noch wilde Bären, oder?«
    Madame
de Tourzel sah mich verwundert an. »Natürlich. Bären
und Wölfe. Aber nicht im Park von Versailles; und die Gitter der
Menagerie sind gut gesichert. Lasst uns die Kinder zum Spiegelbecken
bringen. Auf der Wiese können sie ungehindert spielen und wir
haben sie im Auge.«
    Hier
war es herrlich ruhig. Das Spiegelbecken hieß Spiegelbecken,
weil keine Fontaine seine Oberfläche trübte. Die ringsum
aufgestellten Skulpturen spiegelten sich glasklar im Wasser, das
glatt war wie eine Eisbahn. Sofern kein Wind wehte, konnte man
tatsächlich glauben, es handele sich um einen enormen Spiegel.
    Die
Kinder begannen sofort mit den mitgebrachten Seilen und Reifen zu
spielen. Nicht alle waren Prinzen und Prinzessinnen, wie mir Madame
de Rambaud mitteilte. Die Königin hatte auch ein Mädchen
adoptiert und ein paar weitere waren Spielgefährten, die Kinder
von Hofdamen und anderen Adligen.
    »Ist
Lee FitzMor schon lange weg?«, fragte ich sie und reichte ihr
einen Becher Milch. Das Baby lag auf der Decke zwischen uns und
begann zu quengeln.
    Sie
zwinkerte mir verständnisvoll zu. »Gehört Ihr auch zu
jenen?«
    Ich
sah sie irritiert an.
    »Jene,
die versuchen, seine Aufmerksamkeit und vor allem sein Herz zu
gewinnen«, klärte sie mich auf und ließ das Baby an
der Milch nippen.
    »Gibt
es dafür etwa eine Art Club?«, fragte ich vorsichtig.
    Madame
de Rambaud lachte. »Und ob. Die, die ihn länger als einen
Abend fesseln konnten, stehen ganz hoch im Kurs. Die anderen …
nun ja. Vor denen sollte man sich in Acht nehmen. Ihr seid noch neu
bei Hofe. Lasst die besser nicht wissen, dass Ihr an Monsieur Leander
interessiert seid.«
    »Aber
ich soll ihn suchen und ihm eine Nachricht überbringen«,
log ich schnell. Seine Verlobte hatte sich anscheinend nicht wirklich
rumgesprochen. Bei nächster Gelegenheit würde ich Lee nach
dieser Polignac ausquetschen.
    »Da
habt Ihr Pech, Mademoiselle. Monsieur Leander ist schon vor einiger
Zeit wieder

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