Die dunkle Prophezeiung des Pan
und gebügelt zu haben.
Ich hatte auch keine frischen, schwarzen Socken mehr.
Socken!
Mein
Herz setzte einen Augenblick lang aus. Zwischen meinen Socken war die
Fibel gewesen. Die Fibel von Karl dem Großen. Hastig
durchsuchte ich meinen ganzen Kleiderschrank. Nichts. Ich warf alle
Klamotten auf mein Bett. Und das wunderschöne Kleid von Jon
George ebenfalls fehlte ebenfalls. Auch in meiner kleinen Kommode, in
der ich die Unterwäsche aufbewahrte: nichts.
Mir
wurde schlecht. Jemand hatte die Fibel und das Kleid gestohlen.
Leider kam nur ein Verdächtiger in Frage. Mit einem klammen
Gefühl im Magen, machte ich mich fertig und ging zur Arbeit.
Ein
Unglück kommt selten allein. Die Rücklichter meines
Linienbusses bogen um die Ecke, als ich die Haltestelle erreichte.
Dadurch kam ich zehn Minuten zu spät. Dann wurde ich in den
Räumen für die Malerei aus dem sechzehnten und siebzehnten
Jahrhundert eingeteilt. In den unheimlichen Hallen, wie ich sie
nannte. Immerhin hing dort das Gemälde, auf dem die Ziegen in
meiner Gegenwart zu grasen begonnen hatten. Argwöhnisch
betrachtete ich das Bild.
Diesmal
erkannte ich die Landschaft sofort. Avalon.
Das
markante Gebäude mit dem Hügel im Hintergrund war
unverkennbar. Wie hatte ich es nur für eine italienische Villa
halten können?. Von wegen Enchanted Castle.
»Sie
sind zu spät.« Ich drehte mich um. Mein Chef Mr Biglow kam
auf mich zu. »Aber heute Abend ist es extrem ruhig. Die BAFTAs
finden morgen statt. Heute Abend hofft jeder auf ein Autogramm von
einem Filmstar am Covent Garden. Trotzdem, das nächste Mal bitte
pünktlich, Miss Morgan.«
Ich
nickte ergeben. »Ja, Mr Biglow.«
Er
kam noch einen Schritt näher und lächelte. »Geht es
Ihnen gut, Miss Morgan?«
Ich
zuckte die Schultern. »Alles bestens, Sir.«
»Miss
Hilliard hatte Sie letzte Woche entschuldigt.«
Das
war sehr nett von Simone. Ich musste mich bei ihr bedanken.
»Sie
sehen noch immer müde aus.« Mr Biglow hob seine Hand, als
wolle er mir eine Strähne aus dem Gesicht wischen.
Ich
erstarrte.
Sofort
zuckte er zurück und wandte sich um. »Sie sind nächste
Woche auch wieder eingeteilt, wenn es um die Eröffnung der
Wanderausstellung geht.« Damit verschwand er.
Ich
atmete tief ein. Was war bloß los? Er jetzt auch noch? Der Mann
war Anfang Fünfzig. Hoffentlich hatte er eine Tochter, an die
ich ihn erinnerte. Was anderes wagte ich mir gar nicht auszumalen.
Aber
Mr Biglow hatte Recht behalten. Es war wenig Betrieb. Ab halb neun
war ich allein in den Räumen. Ich ging zu dem Avalon-Gemälde.
Die Ziegen waren alle am Grasen, Wellen schlugen sanft gegen die
Felsen und der Wind wehte durch die Bäume. Ein Schatten huschte
von Stamm zu Stamm.
Moment
mal … den
Schatten kannte ich .
Er trug einen Umhang und eine Kopfbedeckung. Und jetzt kam er aus dem
Gemälde heraus. Damit hatte ich nicht gerechnet. Erschrocken
sprang ich zurück und tastete nach meinem Funkgerät. Ich
würde Hilfe holen, mich krank melden. Egal was, Hauptsache raus
hier.
Der
Schatten hob beide Hände und winkte ab. Dann deutete er mit
einer Hand auf sich und anschließend auf mich.
»Du
… du willst mit mir reden?«
Er
neigte den Kopf ein wenig ins Profil, damit ich erkennen konnte, dass
er nickte.
»Okay«,
sagte ich gedehnt. Meine Knie gaben etwas nach und ich setzte mich
auf einen Stuhl, weit weg von der Wand, an der er klebte. »Weiß
noch jemand, dass du existierst?«
Der
Schatten schüttelte den Kopf.
»Wow,
jetzt bin ich geehrt«, sagte ich sarkastisch. Er deutete eine
ebenso ironische Verbeugung an. Ein Schatten mit Humor. Klasse. »Was
willst du?«
Er
deutete wieder einmal auf mich und faltete die Hände in eine
betende oder bittende Pose.
»Ich
soll helfen?«
Ein
Nicken.
»Wobei?«
Er
hob vier Finger.
»Bei
vier Dingen?«
Er
nickte wieder.
Er
hob einen Finger und fasste sich an seinen Umhang. Er nahm den Umhang
ab und hielt ihn deutlich sichtbar hin.
»Deinen
Umhang? Was soll ich damit? Ich kann ihn nicht einmal anfassen. Er
ist für mich nur ein Schatten.«
Er
nickte, wedelte wieder mit dem Umhang.
Meine
Güte, wo waren wir denn? Bei Tabu oder einem anderen
Pantomime-Spiel? »Dein Umhang. Gut. Verstanden. Was ist damit?«
Er
knuddelte ihn zusammen und steckte ihn hinter seinen Rücken.
Dann hob er die Hände wie ein Zauberer, der ein Kaninchen hatte
verschwinden lassen.
»Dein
Umhang ist weg. Ich soll ihn finden, ja?«
Er
nickte.
»Dreh
dich um. Du hast ihn hinten im Gürtel
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