Die dunkle Prophezeiung des Pan
bist«, sagte Martin
und lehnte sich an den Türrahmen.
»Verschwinde,
Martin. Das ist meine Schwester«, sagte Philip hinter ihm. Ich
hob erstaunt die Augenbrauen. Es war das erste Mal, dass er mich
verteidigte. Zu früh gefreut, dachte ich eine Sekunde später.
»Du weißt schon, die langweilige, pummelige Stadt. Also
verpiss dich. Geh zu der kleinen … wie heißt du noch
mal?«
Das
Mädchen hinter ihm (inzwischen angezogen) antwortete: »Suzie.«
»Spiel
mit Suzie.« Philip öffnete den Kühlschrank, nahm die
Milchpackung und trank aus der Tüte.
»Na,
vielen Dank auch, Bruderherz «,
sagte ich sarkastisch. »Schön zu wissen, was du von mir
hältst.«
»Was
erwartest du?« Philip zuckte ungerührt die Schultern. »Du
hast mich ganz schön hängen lassen.«
» Ich habe dich hängen lassen? Du denkst allen Ernstes, dass ich deine
Glückspiele unterstützen würde? Mit meinem sauer
verdienten Geld?«
»Hey,
soweit ich gesehen habe, bist du mit Richard Cosgrove zusammen. Der
hat doch Geld wie Heu. Zweitausend Mücken sind da jawohl ein
Klacks. Von Zweihundert ganz zu schweigen.«
Ich
biss die Zähne zusammen. »Für Richard vielleicht. Für
mich nicht. Und dank Jeremy und Carl weiß ich nicht, ob wir
noch zusammen sind. Das haben die beiden im Pub fein hinbekommen.«
Philips
Bestürzung dauerte genau zwei Sekunden. Dann zuckte er die
Achseln. »Na und? Dann ist doch da noch der andere reiche Typ.
Der, von dem Mum erzählt hat. Dein Collegefreund.«
»Gut,
dass du ihn erwähnst«, sagte ich spitz. »Er hat mir
was zur Aufbewahrung gegeben. Eine Art Brosche. Ich muss sie
zurückhaben.«
»Geht
nicht. Hab sie verscherbelt.«
»An
wen?«
Philip
sah eine Spur interessierter aus. »Wieso? Kannst du es dir etwa
leisten sie zurückzukaufen?«
Ich
musste meine Hände zu Fäusten ballen, ansonsten hätte
ich ihm eine saftige Ohrfeige verabreicht. »An wen hast du sie
verkauft?«
»An
so ‘nen Typ mit ‘nem Laden auf der Portobello Road.«
Mist.
Mist. Mist. Neben den Läden waren da jeden Samstag zusätzlich
unzählige Stände und tausende von Menschen. Es war nicht
ausgeschlossen, dass die Brosche noch am selben Tag verkauft worden
war. »Okay, du schreibst mir jetzt genau auf, wo das Geschäft
ist, und ich will wissen, wie viel er dir gegeben hat.«
»Woah,
mach mal halblang. Bist du morgens immer so energisch?« Philip
lehnte sich an den überfüllten Küchentisch und griff
sich einen trockenen Toast.
»Vor
allem sauer, wenn man mich beklaut«, fauchte ich. War Philip
eigentlich schon immer so ein Idiot gewesen?
Er
seufzte ergeben. »Hast du was zum Schreiben?«
Ich
riss ein Blatt Küchenrolle ab und reichte ihm einen
Kugelschreiber aus meiner Tasche. Dann nahm ich den Zettel entgegen
und hätte ihn beinahe wieder fallen lassen. »Fünfhundert
Pfund?«, schrie ich entsetzt.
»Super,
was?« Philip verschränkte selbstzufrieden die Arme. »Ich
kann gut handeln.«
»Du Depp !«,
rief ich und stieß ihn dieses Mal mit der Faust vor die Brust.
»Du hast nur fünfhundert Pfund dafür bekommen? Mum
hat mich für läppische fünfhundert Pfund beklaut?«
»Ehrlich
gesagt hat Mum nur zweihundert bekommen. Den Rest hab ich behalten.
Damit habe ich den Kredithai erst mal beruhigen können. Aber
sag‘s ihr nicht. Mann, du hast einen ganz schön harten
Schlag.« Er rieb sich die Stelle, wo ich ihn hin geboxt hatte.
Ich
schloss für einen Moment die Augen. »Diese Brosche gehörte
Karl dem Großen«, sagte ich schließlich.
»Der,
der geköpft wurde?«, fragte Philip mit großen Augen.
»Nein,
du Idiot. Dem Frankenkönig aus dem neunten Jahrhundert. Die
Brosche ist über tausend Jahre alt. Und
du hast sie für fünfhundert Pfund verscherbelt! «
Den letzten Satz schrie ich.
Jetzt
sah Philip endlich richtig entsetzt aus und wich vor mir zurück.
Wir
starrten uns lange in die Augen.
»Aus
dem achten Jahrhundert?«, fragte er schließlich. Er
flüsterte.
Ich
nickte.
Ganz
unerwartet drehte er sich um und ließ mit seiner Faust den
Kühlschrank erzittern. »Jetzt wird mir klar, warum der Typ
so dämlich gegrinst hat und direkt mit dem Preis einverstanden
war.«
Martin
tauchte in der Tür auf. »Was ist passiert? Hat City dir
erklärt, dass sie keine Jungfrau mehr ist? Das musste irgendwann
kommen. Bei der Ausstrahlung …«
»Verschwinde,
Martin!«, riefen Philip und ich unisono.
Ich
musste hier raus und in Ruhe nachdenken. Ich musste mir was
überlegen. »Was tun wir jetzt?«
Überrascht
blickte ich auf.
Weitere Kostenlose Bücher