Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Schwester

Die dunkle Schwester

Titel: Die dunkle Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
Vom Netzwerk:
mich aus wie einen Kürbis.« Dann ging sie festen Schrittes über das Deck zu der Truhe, die mit Reiseproviant gefüllt war.
    Edric spähte angestrengt nach Norden. »Mir gefällt dieser Himmel nicht«, sagte er.
    Tania folgte seinem Blick. Dicke dunkelgraue Wolken türmten sich am Horizont auf und bildeten eine finstere Barriere über dem Meer. »Ist das ein Unwetter?«
    »Ja, und wie es aussieht, ein schlimmes.«
    Eine Weile beobachteten sie, wie sich die Gewitterwolken vor ihnen zusammenballten, während die zerklüftete Küste von Weir an ihnen vorbeiglitt. Am Nachmittag färbte sich der Himmel schiefergrau, und die Sonne verblasste zu einer wässrigen Scheibe, dann zu einem bloßen Dunstklecks, bis die Wolkengebirge sie schließlich ganz verschluckten. Ein kalter Wind fuhr in die Takelage und eisige Regentropfen klatschten auf ihre Haut.
    »An der Nordküste von Weir gibt es Ankerplätze«, sagte Edric. »Wenn wir der Küste nach Osten folgen, finden wir dort vielleicht Unterschlupf.«
    Cordelia nickte kurz und kletterte wieder auf den Hals der Galionsfigur, um den Walen neue Anweisungen zuzurufen.
    Eine Weile fuhren sie an der rauen Küstenlinie stetig nach Osten, doch das Unwetter folgte ihnen auf dem Fuß, und sie fanden keinen Ankerplatz an den scharfen schwarzen Klippen, die aus dem Meer ragten wie mörderische Fänge. Graue Schleier hingen über dem finsteren Meer, und der Regen fegte unablässig über das Schiff. Die See wurde unruhig, weiße Schaumkronen tanzten auf den Wellen. Das Schiff geriet ins Schlingern, die Taue strafften sich, um im nächsten Moment wieder lose herunterzuhängen, wenn die Wale gegen die Dünung ankämpften. Plötzlich schwappte ein riesiger Brecher über den Bug und krachte über Tania hinweg, die keine Zeit mehr hatte, sich in Sicherheit zu bringen.
    Tania wurde zu Boden geschleudert und schlitterte über die Schiffsplanken, ruderte verzweifelt mit Armen und Beinen, um irgendwo Halt zu finden. Schließlich krachte sie gegen etwas Hartes und konnte sich gerade noch festklammern, als das Wasser um sie herumwirbelte.
    »Tania!«, schrie Edric über das Tosen hinweg.
    »Hier!«, rief sie zurück und schüttelte ihren Kopf, um die nassen Haare aus den Augen zu bekommen. Sie war über das halbe Deck geschlittert und klammerte sich jetzt am Mast fest. Edric kämpfte sich zu ihr und Cordelia hielt krampfhaft die verknoteten Enden der Zugseile fest.
    »Bist du verletzt?«, rief Edric.
    »Nein!« Das Schiff schoss ins nächste tiefe Wellental, und das Deck tauchte ab, sodass Tania nur noch eine brodelnde Wasserwand sah, die bedrohlich über ihr aufragte.
    Das Schiff schoss schlingernd wieder hoch und das Wasser strömte über das Deck. Dann traf sie die volle Wucht des Sturms, der wie ein wütender Dämon über das Meer tobte. Wind und Regen peitschten über sie hinweg und schleuderten das Schiff herum wie eine Nussschale. Tania würgte einen Schwall Salzwasser hervor, und plötzlich sah sie Cordelia, die sich mit schreckensbleichem Gesicht an den Bug klammerte.
    »Nicht loslassen!«, rief Edric. »Ich komme!«
    Das Deck kippte wieder nach unten. Hinter Edric donnerte ein riesiger Brecher über den Bug, der Lärm war ohrenbetäubend. Als die Welle brach, sah Tania, dass Cordelia verschwunden war. Die Welle hatte einen Teil des Bugs einfach fortgerissen und die Elfenprinzessin mitgenommen.

XIV
    C ordelia!«, schrie Tania. In panischer Angst schlitterte sie über das überflutete Deck, kroch auf Händen und Füßen zu der Stelle, an der sie ihre Schwester zuletzt gesehen hatte.
    »Tania, nein!« Edrics Stimme drang durch das Heulen des Sturms zu ihr, aber sie achtete nicht darauf. Verzweifelt zerrte sie an einem abgebrochenen Holzstüc k – einem Überrest des Schandeckels, der den Bug umgeben hatte. Die ganze Galionsfigur war fort, weit unten am Bugspriet abgesplittert. Auch die Zugseile und der Bugspriet selbst waren weg.
    Tania starrte auf das tobende Meer. »Cordelia!« Ihr Schrei erstickte im Sturm, kaltes Wasser klatschte ihr ins Gesicht, und das Deck hob sich.
    Dann spürte sie Edrics Arme um ihre Taille. »Wir müsse n … for t … von hie r …«, stieß er hervor und hielt sie krampfhaft fest. »Z u … gefährlic h …«
    Tania starrte in sein weißes Gesicht. »Cordelia!«
    »Ich weiß. Wir könne n … nicht s … tu n …«
    Einen Arm um ihre Taille geschlungen, kämpfte er sich von dem zertrümmerten Bug fort. Das Schiff kippte und schlingerte wieder und plötzlich

Weitere Kostenlose Bücher