Die dunkle Schwester
heraus und sagte grinsend zu sich selbst: »Das Leben ist manchmal echt komisch!«
»Ihr werdet erwartet, Mylady«, verkündete eine Stimme, und Tania drehte sich um und ging aus dem Zimmer, überrascht, wie leicht und geschmeidig die Muschelschalenrüstung war. Rasch folgte sie der Dienerin die Treppe hinunter und auf den Hof hinaus, wo Tanz bereitstand. Sie saß auf und ritt zum Torhaus. Aus allen Fenstern jubelten ihr die Leute zu und ließen Rosenblätter auf sie herabregnen.
Als sie aus dem Torhaus kam, stockte ihr fast der Atem. Ungläubig hielt sie an und starrte auf das großartige Schauspiel, das sich ihr darbot.
Die Morgensonne blitzte auf den Helmen und Speerspitzen von Tausenden von Elfenrittern, die sich in lockerer Schlachtordnung über die weiße Straße ergossen, die zum Haupttor von Caer Ravensare hinunterführte. An der Spitze der Ritter von Ravensare hielt sich der Herzog mit seiner Gemahlin und seinen beiden Söhnen. Die Ritter von Talebolion und Mynwy Clun zur Linken wurden von Lord Brython, Hopie und Graf Valentyne angeführt, und die rechte Flanke besetzten Lord Gaidheal, Cordelia, Zara und viele andere Lords und Ladys aus Llyr, Dinsel und Udwold. In dem Heer, das sie anführten, waren Ritter aus vielen Teilen des Elfenreichs versammelt. Alle waren in voller Rüstung und sahen Tania erwartungsvoll an.
Die Mohnfelder hinter ihnen schimmerten in unzähligen Blau- und Gelbtönen, funkelnd vor Tautropfen, die sich wie ein Diamantnetz oder eine Sternendecke darüberbreiteten.
Nach ein paar Sekunden trieb Cordelia Zephyr an und trabte zu Tania herüber. »Ein schöner Morgen, Schwester! Wie gefällt dir deine Armee?«
Tania riss sich von dem prächtigen Anblick los und sah ihre Schwester an. »Und was jetzt?«
Cordelia lächelte. »Wir reiten nach Süden«, sagte sie. »Komm, deine Schwestern und deine Hauptleute erwarten dich. Reite mit mir.«
Tania trieb Tanz an und folgte Cordelia auf der weißen Straße zu dem wartenden Heer. »Lass mich nicht im Stich«, wisperte sie Cordelia zu, als sie schließlich Seite an Seite ritten. »Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll.«
Cordelia warf ihr einen Blick zu. »Das ist gut so, Tania. Mir wäre bang um unser aller Leben, wenn es anders wäre.«
Endlich hatten sie das Ende der Ritterparade erreicht, und ihre beiden Einhörner wateten knietief in die schillernde Mohnwiese hinein. Tania hörte ein Geräusch wie Donnergrollen in ihrem Rücken. Als sie sich umblickte, sah sie, dass die Ritter des Elfenreichs ihnen folgten. Wenig später, als die Sonne im Osten aufging, flammte der Mohn in einer Farbexplosion auf und jagte rote, gelbe und orangefarbene Schauer über die Ebene hin.
»Mit solcher Pracht zieht das Immerwährende Elfenreich in den Krieg«, murmelte Cordelia. »Mögen die Glücksgeister uns begleiten!«
Es dauerte fast einen ganzen Tag, bis sie die Wälder von Esgarth im Westen umrundet und die Armee zu ihrem Lagerplatz auf der Salisocheide geführt hatten. Von hier oben war bereits der Palast zu sehen, der ungefähr zehn Meilen weiter südlich an den Flusswindungen lag. Das Wasser der Tamesis war stumpfbraun, als sei der Fluss von derselben Krankheit befallen, die das ganze Land in ihrem Würgegriff hielt. Selbst so weit vom Palast entfernt war der Boden unter ihren Füßen wie tot, Gras und Heidekraut verdorrt, die Bäume am Waldrand mit dürrem braunem Laub behängt.
»Die Macht des Hexenkönigs breitet sich immer weiter aus«, stellte der Herzog fest, der an Tanias Seite stand und auf den Palast hinunterblickte. »Wir kommen keinen Augenblick zu früh.«
Bald ragten prächtige Zelte und Wagenburgen auf dem Hügel auf, und schnelle Botenvögel wurden auf Cordelias Geheiß in alle vier Himmelsrichtungen gesandt, um Nachrichten von dort ins Hauptquartier zu bringen.
Inzwischen war ihr Aufmarsch entdeckt, und überall sah man Graue Ritter in gestrecktem Galopp zum Elfenpalast reiten, um ihrem Meister Meldung zu machen.
Die besten Nachrichten trafen am späten Nachmittag ein, als die Schatten länger wurden und die Sonne als orangeroter Ball am brennenden Horizont unterging. Ein Wanderfalke, der von Nordosten kam, schoss wie ein Pfeil vom Himmel herab.
Die Grauen Ritter hätten sich aus dem Wald von Esgarth zurückgezogen, berichtete er Cordelia; Eden und Sancha und viele andere Flüchtlinge, die sich im Jagdschloss versteckt hatten, waren bereits zum Salisochügel unterwegs. Königin Titania war nicht bei ihnen; sie war mit Rafe
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