Die dunkle Seite der Dinge
Sie
mit, Chef, das müssen Sie selbst sehen.“
Ricarda nickte einem Mann zu und
gemeinsam traten sie an eine Vorrichtung heran, auf der mehrere
Monitore aufgebaut waren.
„ Hier!“, sagte
Ricarda und tippte auf einen der Bildschirme.
Zuerst sah man nichts weiter als
einen leeren Verkaufsgang, dann erschien plötzlich eine Gestalt.
Wellinger hätte Ricarda umarmen können. Sie hatte
tatsächlich die schöne Afrikanerin aufgespürt. Gebannt
beobachtete er, wie die Frau durch den Gang huschte. Jetzt blieb sie
stehen und schaute sich um. In diesem Moment gingen zwei weitere
Kunden an ihr vorbei, deshalb war die Bewegung kaum wahrnehmbar. Die
Hand der Afrikanerin schnellte nach vorne und gleich wieder zurück.
Wellinger fluchte
gotteslästerlich und unvermittelt erinnerte er sich an
Franziskas Worte. Sie
sieht wie eine mutige Kriegerin aus. So hatte sie die schöne Afrikanerin beschrieben. Und sie sollte
recht behalten. Die Kriegerin hatte sich bewaffnet und ein Messer an
sich genommen.
Die vage Hoffnung, die Wellinger
noch zuvor verspürt hatte, verwandelte sich in Resignation. Er
befand sich in einem ungleichen Wettkampf und er ahnte, dass er
diesen bereits verloren hatte.
„ Kriminalhauptkommissar
Wellinger?“
„ Was?“ Ein Stapel
Akten landete auf dem Boden. Wo war denn das verdammte Teil nur?
„ Carsten Wellinger?“
„ Was ist denn?“ Er
hob den Kopf.
„ Ich bin Ole Neuhaus.“
Der Mann, der am Türrahmen lehnte, musterte den Kommissar
neugierig.
„ Dafür kann ich
nichts!“, schnauzte Wellinger und machte sich erneut auf die
Suche nach seinem Handy. Wieso waren diese Dinger nur so klein?
Der Fremde betrat das Büro.
„Ich bin froh, dass Sie nichts dafür können. Dann
wären Sie vermutlich mein Vater und der ist, ohne Ihnen
nahetreten zu wollen, höflicher, als Sie es gerade sind.“
„ Was ist los?“ Zornig
glotzte Wellinger den Fremden an, doch bevor er ihn in den Boden
stampfen konnte, kam dieser ihm zuvor.
„ Wie schon gesagt, ich bin
Ole Neuhaus. Ich bin Fallanalytiker am Landeskriminalamt Düsseldorf
und wenn Sie Kriminalhauptkommissar Carsten Wellinger sind, dann
sollen wir beide Freunde werden.“
„ Ich habe Sie nicht
gerufen!“, fuhr Wellinger ihn grob an und steckte die Hände
in die Hosentasche. Da war ja das verdammte Handy.
„ Das bekomme ich öfters
zu hören“, gab Neuhaus gelassen zu.
„ Na sehen Sie? Dann machen
Sie, dass Sie zurück nach ihrem schönen Düsseldorf
kommen, oder gefällt Ihnen unsere Stadt besser?
„ Ich arbeite nur in
Düsseldorf. Tatsächlich wohne ich in Leverkusen.“
„ Ich weiß nicht, was
schlimmer ist.“
Aber auch diese Beleidigung
schien an Neuhaus abzuprallen. „Jetzt, wo ich schon einmal hier
bin, könnte ich mich doch nützlich machen. Was meinen Sie?“
„ Ich habe keine Zeit. Wir
stecken mitten in einer Fahndung.“
„ Ich bin nicht daran
interessiert, Ihrer Arbeit im Weg zu stehen. Ich bin hier, um Sie zu
unterstützen.“
„ Warum merke ich dann
nichts davon?“ Was bildete sich dieser LKA-Fritze eigentlich
ein? Dachte er wirklich, er könne nach einem gemütlichen
Kaffeekränzchen den Täter auf einem silbernen Tablett
servieren? Er musste diesen sogenannten Profiler schnell wieder los
werden, doch Neuhaus war hartnäckig.
„ Es würde für den
Anfang genügen, wenn ich Einsicht in die Akte bekäme. Wenn
Sie dann mehr Zeit haben, können wir uns unterhalten.“
„ Das ist genau das, wovon
ich nie genug habe! Zeit! So läuft das nämlich hier bei
uns.“
„ Die Akte, bitte!“
Neuhaus schaute ihm fest in die Augen.
Wellinger funkelte böse
zurück. Was hatte sich Roeder nur dabei gedacht? Schon allein
die Kleidung, die Neuhaus trug, entsprach eher der lächerlichen
Imitation eines amerikanischen Cops, als einem deutschen
Polizeibeamten. Das sollte ein professioneller Ermittler sein?
Danach sah er nun wirklich nicht aus. Aus der Tasche des karierten
Hemdes lugte eine Sonnenbrille hervor. Die Füße steckten
in ergodynamisch geformten Turnschuhen und unnötigerweise wurde
der Kopf von einer bunten Baseballkappe bedeckt.
„ Ricarda!“, brüllte
Wellinger.
Umgehend erschien ihr blasses
Gesicht im Türrahmen.
„ Geben Sie unserem Helden
hier die Akte der Soko Afrika und wenn er sonst noch etwas haben will, dann soll er sich gefälligst
an Roeder wenden.“ Wutschnaubend stürmte er aus dem Büro.
„ Er muss mich verwechselt
haben“, grinste Neuhaus zu Ricarda hinüber. „Ich bin
gar kein Held, ich bin
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