Die dunkle Seite der Dinge
Dunkelheit.
„ Hey! Wait!“ Jans
Stimme versagte. Ängstlich sah er sich um. Die Gasse war
menschenleer. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Die Geräusche
der Stadt drangen nur noch gedämpft zu ihm durch. Woher konnte
der Knabe wissen, dass er Arzt war? Die Frage stellte sich ihm viel
zu spät. Jan machte auf dem Absatz kehrt, doch sie waren bereits
da. Entsetzt starrte er auf die drei Männer, deren Gesichter mit
schmutzigen Tüchern vermummt waren. Mit ihren bulligen Körpern
blockierten sie das Ende der Gasse. In den Hände hielten sie
schwere Eisenstangen. Jan wirbelte herum und flüchtete in die
Dunkelheit hinein. Er war noch nicht ganz am anderen Ende der Gasse
angekommen, da waren sie bei ihm. Ein heftiger Schlag riss ihm die
Beine unter seinem Körper weg. Stöhnend ging er zu Boden.
Es folgte ein gezielter Tritt. Mit einem lauten Krachen brach sein
Nasenbein. Der zweite Tritt spaltete Jans Kiefer. Benommen kroch er
über den Boden. Dann setzten die Schläge ein. Unbarmherzig
prasselten die Eisenstangen auf den wehrlosen Körper nieder.
Seine Haut platzte an mehreren Stellen gleichzeitig, Leber und Nieren
rissen. Jan wurde vom Schmerz überrollt. Eine unsägliche
Qual, viel zu groß, um von einem einzelnen Menschen ertragen zu
werden, griff gierig nach ihm und hielt ihn in ihren brennenden
Klauen. Es gab kein Entrinnen. Wieder und wieder hieben sie mit den
Stangen auf ihn ein. Endlich erbarmte sich die Ohnmacht, die ihn mit
sich nahm und dem widerlichen Schmerz seine Macht entriss.
Jan spürte nicht mehr, wie
die Eisenstangen seinen Schädel zertrümmerten.
Kapitel 16
„ Carsten, ich bitte dich!
Dass du mir so etwas zutraust! Lennart ist ein hübscher Bengel,
aber er ist dein Sohn. Außerdem ist er nun doch ein bisschen zu
jung. Meinst du nicht auch?“ Franziska stemmte die Hände
in die Hüfte.
„ Entschuldige“,
stammelte Wellinger. Eine tiefe Röte überzog seine Wangen.
„Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Es ist nur, na ja, du
weißt schon, wegen Julian.“ Verlegen brach er ab. Sie
hatte ja recht. Er benahm sich einfach lächerlich.
„ Also wirklich! Jetzt hör
aber auf! Julian ist siebenundzwanzig Jahre alt. Das ist etwas
vollkommen anderes. Lennart ist doch erst fünfzehn oder nicht?“
„ Ist ja schon gut“,
murmelte er und rührte verlegen in seinem Kaffee.
„ Ich warte einfach noch
drei Jahre, dann schnappe ich ihn mir.“ Franziska grinste ihn
schelmisch an.
„ Aber ich habe euch
zusammen gesehen!“
„ Du liebe Güte, was
haben wir denn gemacht?“
„ Ihr habt zusammen Eis
gegessen!“
„ Ach was? Sag mal, merkst
du eigentlich selbst, wie bescheuert das ist, was du da von dir
gibst? Ich habe nicht gewusst, dass Eisessen eine sexuelle Handlung
ist, aber ich würde in Erwägung ziehen, es wesentlich
öfters zu praktizieren, wenn es sich nicht so ungünstig auf
die Hüften auswirken würde.“
„ Franziska! Bleib doch mal
ernst!“ Er sah sie zerknirscht an.
Sein Blick besänftigte sie.
„Es ist ganz anders, als du denkst. Vielleicht sprichst du mal
mit Lennart.“
„ Das habe ich doch schon
versucht! Aber er hat mich ja völlig ignoriert.“
Sie nickte besänftigend.
„Mach dir keine Sorgen, es ist alles in bester Ordnung.
Wirklich! Der Junge hat eine Idee, einen Traum und er sucht einen
Weg, sich diesen Traum zu erfüllen.“
„ Und warum erzählt er
mir nichts davon?“ Nun war Wellinger wirklich gekränkt.
„ Weil man gerade den
eigenen Eltern solche Dinge immer zuletzt erzählt. War das etwa
bei dir und deinem Vater anders? Lennart will ganz sicher sein. Gib
ihm Zeit. Es wird sich alles klären.“
„ Wenn du meinst“,
stimmte er kleinlaut zu.
„ Chef, Sie müssen
sofort kommen!“ Ricardas aufgeregte Stimme drang durch den
Telefonhörer.
„ Was ist los?“
„ Ich habe schon Verstärkung
angefordert. Vielleicht hätte ich das nicht eigenmächtig
tun dürfen, aber wir vergeuden besser keine Zeit. Wenn wir zu
lange warten, verlieren wir ihre Spur.“
„ Ricarda, verdammt nochmal!
Jetzt reißen Sie sich zusammen und erklären mir, was los
ist!“
„ Entschuldigung Chef. Hier
herrscht das totale Chaos. Ich habe die Frau! Nein, besser gesagt,
ich hatte sie, aber sie ist mir wieder entwischt. Ich wusste nicht,
dass ein Mensch so schnell rennen kann.“
„ Meinen Sie etwa die
Afrikanerin? Haben Sie die Afrikanerin gefunden?“
„ Ja, die von den Fotos. Sie
müssen sofort kommen.“
In Wellinger regte sich eine
zarte Hoffnung. Die
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